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Die Charme-Offensive des Mark Zuckerberg

26. Februar 2016

Es ist eine gigantische PR-Show des Facebook-Gründers in Deutschland. Der sichert in Sachen Hetzkampagnen mehr Einsatz zu. 200 Mitarbeiter hätten in Berlin ein Auge auf das Problem. Kritische Fragen? Verboten.

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Mark Zuckerberg mit Springer-Chef Mathias Döpfner (Foto: Reuters)
Mediengiganten: Mark Zuckerberg (links) mit Springer-Chef Mathias DöpfnerBild: Reuters/K. Nietfeld

Journalisten sind Statisten - so könnte man die Sprache der Bilder zusammenfassen, die den Chef des größten sozialen Netzwerks der Welt, Mark Zuckerberg, in diesen Tagen in Berlin zeigen, stets umgeben von abschirmenden Helfern. Reporter mit Mikrofon dürfen dem Mann nicht zu nahe kommen. Denn der will schließlich das engmaschige Programm im Rahmen seiner Charme-Offensive auf deutschem Boden abarbeiten, anstatt auf spontane, womöglich unangenehme Fragen zu antworten.

Der Facebook-Gründer weiß, was von ihm erwartet wird mit Blick auf die sensiblen Themen Datenschutz und Hetzkampagnen. Und er weiß, dass es hierbei nicht nur um das Wahre, Schöne, Gute geht, sondern vor allem um viel Bares: Kippt die politische Stimmung, könnte das seinem Geschäftsmodell durchaus gefährlich werden. So gab sich Zuckerberg selbstkritisch: "Ich denke nicht, dass wir einen ausreichend guten Job gemacht haben", sagte er bei einem Auftritt in der deutschen Hauptstadt. "Für Hassreden gibt es keinen Platz bei Facebook und in unserer Community."

Wunder Punkt: Hasskommentare

Nach heftiger Kritik hatte Facebook in den vergangenen Monaten die Maßnahmen gegen hetzerische Einträge und Kommentare verschärft. Zur Prüfung der Inhalte werden auch zusätzliche Mitarbeiter in Deutschland eingesetzt. In Berlin kümmere sich ein Team von 200 Leuten um das Problem der Hetz-Postings, sagte Zuckerberg auf einem sogenannten Townhall-Meeting, bei dem nur wenige, vorher sorgsam ausgesuchte Fragen gestellt werden konnten.

Das soziale Netzwerk habe Flüchtlinge inzwischen zu den Gruppen von Menschen hinzugefügt, für die besonderer Schutz auf der Plattform gelte - zunächst nur in der Bundesrepublik. Doch demnächst, so Zuckerberg, werde dies auf den Rest der Welt ausgeweitet.

Zuckerberg (Mitte) und Mathias Döpfner (rechts) präsentieren Innovationen (Foto: Frank Zauritz - Pool /Getty Images)
Blick in die Zukunft: Zuckerberg (Mitte) und Mathias Döpfner (rechts) präsentieren InnovationenBild: Getty Images/F. Zauritz/Pool

Im Rahmen seines zweitägigen Besuchs spielt der Selfmade-Milliardär souverän auf der Klaviatur der PR: Ähnlich wie Facebook sei auch Berlin "nur zu einem Prozent fertig". Das sei "sehr inspirierend" für ihn. Und aufgrund ihrer Geschichte stehe die Stadt für die Mission seines Unternehmens, Menschen miteinander zu verbinden - wie keine andere symbolisiere sie das Einreißen von Mauern.

Siebenstelliger Gewinn

Locker unterwegs: Facebook-Gründer Zuckerberg liebt den Berliner Schnee (Foto: dpa)
Locker unterwegs: Facebook-Gründer Zuckerberg liebt den Berliner SchneeBild: picture-alliance/dpa/P. Zinken

Deutsche Spitzenpolitiker versuchen tapfer, nicht als willige Helfer in Sachen Öffentlichkeitsarbeit dazustehen. Bundesjustizminister Heiko Maas - selbst im Augenblick eher mit bunten Themen in der Presse - sagte den "Ruhr-Nachrichten", er werde genau im Blick behalten, ob Facebook seine Zusagen einhalte, verstärkt gegen Hasskommentare vorzugehen. "Wir werden beobachten, wie erfolgreich diese Initiativen in der Praxis sind", so der SPD-Politiker.

Sein Parteikollege, der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz, hatte am Donnerstag bei der Verleihung des neu geschaffenen Innovationspreises des Axel-Springer-Verlages an Zuckerberg gemahnt: "Wir in Europa messen dem Datenschutz große Bedeutung bei."

Windelwechsel in 20 Sekunden

Doch Zuckerberg sagte zum Thema Datenschutz auf der Preisverleihung - nichts. Lieber plauderte der 31-Jährige am Folgetag vor Studenten über Vaterfreuden und Höchstleistungen am Wickeltisch: Er könne in 20 Sekunden eine Windel wechseln, so der Facebook-Chef. Und er messe die Zeit, um immer besser zu werden. Immerhin konnte er sich er sich im Townhall-Meeting zu der Feststellung durchringen, er sehe den Punkt, dass Deutschland wegen seiner Geschichte eine besondere Haltung zum Datenschutz habe.

Auf den Plätzen für die Zuschauer hatte Facebook kleine dreidimensionale Holz-Puzzles hinterlegt - vielleicht für den Fall, dass die sich ob der vorgefilterten, stets weichgespülten Fragen langweilen sollten. Setzt man die Puzzle-Teile des Zuckerberg-Besuchs in Berlin zusammen, so sieht man viele Hochglanz-Bilder, dahinter nüchterne Zahlen - derzeit nutzen rund 28 Millionen Deutsche das soziale Netzwerk -, vor allem aber das stete Bemühen, mit großer PR-Maschinerie das knallharte Geschäft hinter dem lockeren Geplauder vergessen zu machen, ebenso wie kritische Kommentare, die schlicht an die Einhaltung juristischer Regeln erinnern.

So sagte der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: "Facebook sammelt zu viele Daten, verfolgt seine Nutzer und besteht auf deren Klarnamen, auch wenn es gegen das Gesetz ist." Caspars Arbeit ist im Gegensatz zu derjenigen von Mark Zuckerberg wegen Unterfinanzierung nach eigener Aussage übrigens akut gefährdet.

jj/ml (dpa, afp)