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Die deutschen Gastarbeiter

Dennis Stute9. Juni 2005

Immer mehr Deutsche suchen sich im Ausland einen Job - wenn es sein muss, auch zu ortsüblichen Löhnen in Indien oder China.

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Deutsche Studenten beim Metro-Bau in Neu DelhiBild: dpa

"Haben Sie Interesse an einer nicht alltäglichen Aufgabe?", lockt das Angebot in "Markt und Chance", dem Stellenanzeigen-Blatt der Arbeitsagentur: "Unterrichten Sie als Englischlehrer/in im Reich der Mitte." Inklusive Unterkunft liege die Vergütung bei 220 bis 600 Euro im Monat, heißt es weiter, aber: "Aufgrund der niedrigeren Lebenshaltungskosten können Sie damit Ihre Ausgaben für den täglichen Lebensbedarf decken." Rund zwanzig Bewerber hätten bislang auf die Anzeige geantwortet, sagt Sabine Seidler, Sprecherin der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung der Bundesagentur.

Ausländer statt arbeitslos

Die Vermittlungen ins Ausland nähmen zu, erklärt Seidler: 2003 verließen 6500 Jobsucher mit Hilfe der Arbeitsagentur Deutschland, im vergangenen Jahr stieg ihre Zahl auf 9100. Rund zwei Drittel der Leute seien arbeitslos gewesen, bevor sie im Ausland Arbeit - etwa in Metallbetrieben, auf dem Bau, in Krankenhäusern oder der Hotellerie - annahmen. Die meisten bleiben in Europa: Österreich, die Schweiz, die Niederlande und Großbritannien führen die Liste der Einwanderungsländer an.

"Hunnen, Krauts, Barbaren"

In der Schweiz sind die Wirtschaftsflüchtlinge inzwischen so zahlreich, dass in der "Weltwoche" unlängst ein Artikel über die Integrationsprobleme deutscher Gastarbeiter erschien. Ganze Branchen seien bereits "germanisiert". "Auf dem Bau sind die Ostdeutschen die neuen Jugoslawen, in den Hotels im Engadin und Wallis servieren ostdeutsche Serviertöchter, was zuvor ostdeutsche Köche zubereitet haben", schreiben die Autoren. Im Internet-Diskussionsforum zu dem Artikel benutzen Leser Begriffe wie Hunnen, Krauts oder Barbaren.

Wartezimmer beim Arbeitsamt
Auf dem Arbeitsamt sind Geduld und Nerven gefragt.Bild: AP

Integrationsprobleme hätten seine deutschen Call-Center-Mitarbeiter nicht, sagt Anshumali Saxena von der indischen Firma Tecnovate Solutions: "Indien ist in allen kulturellen Aspekten so völlig anders als Deutschland, dass nur Leute kommen, die bereit sind, sich anzupassen", sagt Saxena. Rund 100 der 1000 Mitarbeiter kämen aus Europa, darunter sechs Deutsche. Die Rekrutierung in Deutschland übernahm ebookers, ein Online-Reisebüro, für das die indische Firma die Call-Center-Dienste bereitstellt. Wer die Service-Nummer von ebookers wählt, merkt gar nicht, dass sein Gesprächspartner in Neu Delhi sitzt. "Wenn die Mitarbeiter hierher kommen und für einen indischen Lohn arbeiten, dann spart das unseren Kunden eine Menge Geld", sagt Saxena. "Und für die Mitarbeiter ist es großartig, Auslandserfahrung sammeln zu können."

560 Euro im Monat

Das sieht auch Kristina Hermanns so. Seit Dezember arbeitet sie bei Tecnovate und verdient 30.000 Rupien (knapp 560 Euro im Monat). "Für Unterkunft, Essen und den Transport zum Büro müssen wir nichts bezahlen", sagt die 27-Jährige. Anders als ihre deutschen Kollegen hatte sie einen festen Arbeitsplatz, als sie den Schritt ins Ausland plante; die anderen seien bei der Jobsuche auf das Angebot gestoßen.

Insgesamt stieg die Zahl der deutschen Auswanderer von 2001 bis 2003 von 109.500 auf 127.000, weiß Uwe Lohe vom Statistischen Bundesamt. "Weshalb die Fortzüge zunehmen, können wir allerdings nicht sagen, dazu fehlen uns entsprechende Daten", sagt Lohe. Dass mehr Leute einen Job im Ausland suchen, liege unter anderem an der besseren Vermittlung und der verschärften Jobkonkurrenz, die Auslandserfahrung wichtiger mache, glaubt Sabine Seidler von der von der Bundesagentur für Arbeit: "Der dritte Grund liegt auf der Hand: Wir haben aus anderen Ländern teilweise Angebote für Fachkräfte, die hier einfach keine Arbeit finden."