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Die düsteren Einsichten der "Polarstern"

15. Juni 2021

So spektakulär die einjährige Expedition des deutschen Forschungsschiffes war, so bedrückend sind deren Erkenntnisse: Das Eis der Arktis liegt im Todeskampf.

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Mitarbeiter der "Mosaic"-Expedition packen Forschungstechnik nach Abschluss der Untersuchungen  zusammen
Mitarbeiter der "Mosaic"-Expedition packen Forschungstechnik nach Abschluss der Untersuchungen zusammen Bild: Lianna Nixon/Alfred-Wegener-Institut/dpa/picture alliance

Während der einjährigen "Mosaic"-Expedition des Forschungsschiffes "Polarstern" in der zentralen Arktis hat sich das Eis schneller zurückgezogen als je zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Ausdehnung des Eises sei im Sommer 2020 nur noch halb so groß wie vor Jahrzehnten gewesen, sagte der damalige Expeditionsleiter Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) bei der Vorstellung einer ersten Forschungsbilanz in Berlin. Zugleich sei das Eis nur noch halb so dick wie vor fast 130 Jahren gewesen.

Der Atmosphärenphysiker Markus Rex leitete die "Mosaic"-Expedition mit der "Polarstern"
Der Atmosphärenphysiker Markus Rex leitete die "Mosaic"-Expedition mit der "Polarstern"Bild: Felix Schröder/dpa/picture alliance

Im Herbst 2020 habe sich das Eis wiederum viel später geschlossen als je zuvor. "Durch die lange eisfreie Zeit im Sommer konnte der Ozean große Mengen an Wärme aufnehmen und speichern", so Rex weiter. Während des Winters habe es "fast durchgehend um zehn Grad Celsius höhere Temperaturen" gegeben als zu Zeiten früherer Expeditionen. Das Auslösen des Kipppunkts, der irreparabel zum Verschwinden des sommerlichen Meereises in der Arktis führt, stehe unmittelbar bevor, warnte der Polarforscher. Dies könne eine ganze Kaskade auslösen, in deren Verlauf weitere Kipppunkte ausgelöst würden, "die die Erderwärmung immer weiter antreiben können".

Ungewöhnliche Zweisamkeit: Die "Polarstern" liegt eingefroren im Eis der Zentralarktis
Die "Polarstern" lässt sich - angedockt an eine Eisscholle - in der Zentralarktis treibenBild: picture-alliance/dpa/Alfred-Wegener-Institut/M. Ernst

Die "Polarstern" war im Herbst 2019 von Bremerhaven aus Richtung Arktis gestartet, im Oktober 2020 kehrte sie zurück. Fast zehn Monate lang driftete das Schiff angedockt an eine riesige Eisscholle durch das Nordpolarmeer. Wissenschaftler konnten so den gesamten Eiszyklus vom Gefrieren bis zur Schmelze messen und dokumentieren. Laut Rex wurden mehr als 150 Terabyte Daten und mehrere 10.000 Proben mit nach Hause gebracht.

"CO2 massiv aus der Atmosphäre holen"

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hob bei der Veranstaltung mit Rex hervor, dass die Klimaziele der Regierung verschärft wurden und Deutschland nun bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden soll. Es sei allerdings auch wichtig, künftig "massiv CO2 wieder aus der Atmosphäre" zu holen. Deshalb müsse die Forschung dazu unterstützt und ausgebaut werden.

Die Rückkehr des deutschen Forschungsschiffes am 12. Oktober 2020 nach Bremerhaven
Die Rückkehr des deutschen Forschungsschiffes nach Bremerhaven im Oktober 2020Bild: Patrik Stollarz/AFP

Die Expedition der "Polarstern" zeigt laut Karliczek die "geschichtliche Bedeutung dieser einmaligen Expedition". Nie zuvor seien so viele Daten über die klimatische Lage in der Arktis gesammelt worden. Die ersten vom Alfred-Wegener-Institut präsentierten Erkenntnisse machten deutlich, "wie ernst die Lage und wie groß der Handlungsbedarf ist".

sti/jj (afp, dpa)