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Die Geheimnisse des Cerrado

Nádia Pontes
10. Januar 2017

Abholzung, Ausdehnung der Landwirtschaft und Feuer haben fast 60 Prozent der artenreichsten Savanne der Welt, des Cerrados, zerstört. Global Ideas wirft einen Blick auf die Region.

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Grüne Landschaft in Brasilien
Bild: DW/N.Pontes

Lange bevor Menschen den zentralen Teil Südamerikas erreichten, spielte der Cerrado eine entscheidende Rolle für das Überleben vieler Tier- und Pflanzenarten. Die Region ist auch bekannt als die brasilianische Savanne. Reuber Randao, Forscher an der Universität Brasilia sagt, der Cerrado war über die Geschichte des Planeten hinweg ein entscheidender Zufluchtsort für seltene, endemische Arten, insbesondere in Perioden klimatischer Schwankungen.

In der zentralen Hochebene des Landes gelegen, bedeckt der Cerrado etwa 25 Prozent der Fläche Brasiliens. Er grenzt im Norden an den Amazonasregenwald, die Mata Atlantica im Süden und Südosten und die Caatinga, ein halbtrockene Gebiete im Nordosten. Charakteristisch für den Cerrado ist seine ebenmäßige Ausdehnung, unterbrochen von "chapadas", ausgedehnten kilometerlangen Plateaus.
 

Mit mehr als 10.000 Pflanzenarten, von denen es 45 Prozent nur hier gibt, ist der Cerrado die biologisch vielfältigste Savanne der Welt. Er ist sehr abwechslungsreich und bietet dichtes Grasland mit nur vereinzelten Büschen und kleinen Bäumen, aber auch fast geschlossene Waldgebiete. Der größte Wald hier ist aber unterirdisch: ein riesiges System von Ästen und Wurzeln, tief genug unter der Erde, um Feuer zu überstehen und während langer Trockenzeiten Wasser zu finden. Knapp 70 Prozent der Pflanzen liegen unter der Erde. Deshalb wird der Cerrado manchmal auch der "auf dem Kopf stehende Wald" genannt.
 

Landschaft in Brasilien
Bild: DW/N.Pontes

Das brasilianische Ökosystem versorgt auch drei der größten Wasserquellen Südamerikas: die Flüsse Amazonas, Paraguay und São Francisco. Der nationalen Wasserbehörde (ANA) zufolge gibt es mehr als 10.000 Flussquellen im Cerrado, die Wasser für 11 brasilianische Bundesstaaten liefern. Das Gebiet verfügt ebenfalls über riesige, unterirdische Wasserreservoirs. Aus diesem Grundwasser bekommen Pflanzen auch während der Trockenperioden Flüssigkeit.

Nicht einmal zwei Prozent der Fläche des Cerrado sind Nationalparks oder Schutzgebiete. Damit ist er eine der am wenigsten geschützten Savannen der Welt. An seinem höchsten Punkt liegt der Chapada dos Veadeiros Nationalpark, der 1961 im Bundesstaat Goias mit einer Fläche von 625.000 Hektar angelegt wurde. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden die Grenzen des Parks immer wieder verschoben. Dadurch schrumpfte er auf eine Größe von heute nur noch 65.000 Hektar.
 

Landschaft in Brasilien mit Wasserfall
Bild: DW/N.Pontes
Felder in Brasilien
Bild: DW/N.Pontes

Außerhalb des Parks wird der Cerrado doppelt so schnell zerstört, wie der Amazonasregenwald. Fernando Tatagiba, Direktor des Chadapa dos Veadeiros Nationalparks zufolge, sind bereits fast 60 Prozent des Ökosystems zerstört. Die kleinen Bäume und großen Graslandgebiete lassen sich leicht roden. Auch der Umzug der Hauptstadt des Landes nach Brasilia, mitten in den Cerrado im Jahr 1960 trägt eine Mitschuld an der Entwicklung. Die Wildnis wurde der Infrastruktur geopfert, und die Geschichte der Region dramatisch verändert.
 

Anbauflächen in Brasilien
Bild: DW/N.Pontes

In den frühen Tagen der Landerschließung galt der Boden in diesem Teil Brasiliens als zu sauer für den Anbau von Nutzpflanzen. Aber mit Unterstützung der damaligen nationalen Regierung halfen Agrarwissenschaftler des Forschungsinstituts Empresa Brasileira de Pesquisa Agropecuária (Embrapa) bei der Entwicklung von landwirtschaftlichen Möglichkeiten in der Region. Dem Boden wurden Unmengen Kalk und Dünger zugesetzt. Seit zwei Jahrzehnten wachsen im Cerrado Nutzpflanzen wie Zuckerrohr, Baumwolle, Mais und Soja. Der Brasilianischen Regierung zufolge wird in der Region heute fast 70 Prozent des Sojas des Landes produziert.
 

Anbauflächen mit großen Vögeln
Bild: DW/N.Pontes

Aber der Cerrado ist auch die Heimat von bedrohten Tierarten wie Kugelgürteltieren, Tapiren, Jaguaren und Mähnenwölfen. Südamerikas größter Vogel, der Rhea, lebt ebenfalls hier. Im niedrigen Bewuchs von Plantagen, die nicht sein natürlicher Lebensraum sind, ist er kaum zu übersehen. Das Brasilianischen Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen (Ibama) gibt an, dass der Cerrado Heimat von 67 Säugetier-, 837 Vogel- und 120 Reptilienarten und weiteren 150 Arten von Amphibien ist.
 

Wiese
Bild: DW/N.Pontes

Der Chapada dos Veadeiros Nationalpark ist eines der wenigen verbleibenden Gebiete des Cerrados, wo der Naturschutz sichtbar wird. Laut UNESCO macht seine zentrale Lage ihn entscheidend für den Erhalt der Artenvielfalt des Ökosystems. Darüber hinaus zieht er auch viele nationale und internationale Forscher an. In den vergangenen Jahrzehnten wurden hier neue Tier- und Pflanzenarten entdeckt und Reuber Brandao ist überzeugt, dass noch viele weitere darauf warten, entdeckt zu werden.