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Die größte Enttäuschung der deutschen Politik

1. März 2011

Guttenberg zog die Konsequenzen aus der Plagiatsaffäre. Nach einer immer heftiger werdenden Debatte um seinen Charakter, seine Glaubwürdigkeit und seine Eignung hat er dem unwürdigen Spiel endlich ein Ende gesetzt.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)
Bild: DW

Es war das mediale Trommelfeuer der letzten Tage, das Karl-Theodor zu Guttenberg zu Fall brachte. Es waren die Proteste der Wissenschaftler, die ihn als Betrüger bezeichneten. Und es war letztendlich die immer deutlicher werdende Kritik in den eigenen Reihen, die ihm keinen anderen Ausweg mehr ließ.

Ein Verteidigungsminister, der öffentlich als Lügner und Hochstapler beschimpft wird, ist für die Bundesrepublik Deutschland nicht tragbar. Ein führender Politiker, der die gesamte wissenschaftliche Elite des Landes gegen sich aufbringt, ist nicht akzeptabel für ein Land, das von seinem höchsten Repräsentanten gern "Bildungsrepublik" genannt wird.

Doch der Rücktritt kam zu spät.

Zu Guttenberg hätte schon vor zwei Wochen zurücktreten müssen, als klar wurde, dass er seine Doktorarbeit abgeschrieben und sich seinen akademischen Titel erschlichen hat. Hätte er sich schnell zu diesem Schritt entschlossen, wie es viele von ihm verlangt haben, dann hätte er Schaden von der politischen Kultur Deutschlands und damit Schaden vom Land abgewendet, wie er es in seinem Amtseid versprochen hat. Hätte er echte Reue und Scham gezeigt, wäre für ihn der Weg zurück an die Macht sicher nicht versperrt gewesen. Nun aber gibt es für ihn kein mögliches Comeback.

Der Superstar der deutschen Politik, dem es gelungen war, die Menschen zu faszinieren und auch junge Leute wieder für Politik zu begeistern, hat sich selbst ins Aus katapultiert. Mit beispielloser Arroganz und Selbstüberschätzung hat er seinen eigenen Sturz vorbereitet. Er hat es zugelassen, dass jeden Tag neue Enthüllungen seine Person und sein Amt beschädigen und dass öffentlich über seinen Geisteszustand spekuliert wurde. Er musste mit ansehen, wie sein geschönter Lebenslauf auseinandergenommen wurde, wie viele Stationen seiner beruflichen Laufbahn sich als falsch erwiesen, bis am Ende von dem talentierten jungen Politiker, dem Hoffnungsträger seiner Partei, nur noch eine leere Hülle übrig blieb.

Doch nicht nur zu Guttenberg selbst wurde in dieser Affäre schwer beschädigt. Auch die Bundeskanzlerin, die ihn wider besseres Wissen im Amt halten wollte, ist nun angeschlagen. Mit ihrem unglücklichen Taktieren hat sie Werte wie Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit mit Füßen getreten. Sie hat die Maxime ihrer Regierung, dass sich Leistung lohnen muss, durch ihr Handeln Lügen gestraft. Damit hat sie all jene vor den Kopf gestoßen, die hart und ehrlich arbeiten, sei es in der Wissenschaft oder in anderen Berufen.

Und auch die Fraktionen, die die Regierung tragen und den Minister mit fast peinlicher Ergebenheit stützten, als sein Sturz schon unvermeidlich war, haben sich zum Gespött gemacht.

Es waren zwei quälende und beschämende Wochen für das politische Deutschland. Leider fand Karl-Theodor zu Guttenberg auch bei seinem Rücktritt keine Worte der Selbstkritik und des Bedauerns. Darum kann man ihm auch für diesen Schritt keinen Respekt zollen. Er ist leider die größte Enttäuschung der deutschen Politik in den letzten Jahrzehnten.

Autorin: Bettina Marx
Redaktion: Kay-Alexander Scholz