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Die Konjunktursonne scheint nicht ewig

25. September 2017

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im September eingetrübt. Dabei ist das Ergebnis der Bundestagswahl noch gar nicht eingeflossen. Gejammert wird aber auf hohem Niveau.

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Deutschland Hafenkräne in Hamburg
Bild: picture-alliance/dpa/A. Heimken

Das Ergebnis der Bundestagswahl ist noch nicht eingegangen in den Ifo-Index, der heute publiziert wurde. Unsicherheit und Sorge prägen die Kommentare, die aus der Wirtschaft zum Thema Wahlausgang zu hören sind. Der Geschäftsklimaindex zeigt nun: Bereits vor der Wahl hat sich die Stimmung unter den Führungskräften deutscher Firmen überraschend eingetrübt.

Der Geschäftsklima-Index fiel im September auf 115,2 von 115,9 Punkten im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. 

"Die neue Legislaturperiode startet trotzdem mit dem Rückenwind einer starken Konjunktur", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest mit Blick auf die künftige Bundesregierung. Die Manager beurteilten sowohl ihre Geschäftslage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate schlechter als zuletzt.

Wahlausgang wird Stimmung weiter drücken

Der Ausgang der Bundestagswahl kann nach Einschätzung des Ifo-Instituts in den nächsten Wochen weiter auf die Stimmung der deutschen Wirtschaft drücken. "Das Bundestags-Wahlergebnis wird manchen überrascht haben", sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. "Jamaika" - ein Bündnis aus Union, FDP und Grünen - werde schwer zu realisieren sein. "Auch Neuwahlen sind nicht auszuschließen. Da kann sich schon Verunsicherung breit machen." So werde sich das Wahlergebnis im nächsten Geschäftsklima-Index für Oktober niederschlagen. Wie lange die Unsicherheit in den Chefetagen anhalte, hänge von der Dauer der Koalitionsverhandlungen ab.

Zuletzt habe die deutsche Wirtschaft aber allen politischen Krisen getrotzt, ergänzte Wohlrabe. "Wir sind auf einem so hohen Niveau, dass es nicht überraschend ist, dass die Wirtschaft eine kleine Verschnaufpause einlegt. Aber ich sehe nicht, dass man sich Sorgen machen müsste." Der langjährige Durchschnitt liege bei 102,1 Punkten.

Im dritten Quartal werde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland etwas schwächer ausfallen als in den ersten beiden Quartalen des Jahres, so Wohlrabe. "Trotz dieses Rückgangs sind die Wachstumsraten für das BIP weiterhin sehr gut. Wir werden ein sehr gutes Jahr haben." Die Unternehmen ließen sich auch vom starken Euro nicht beirren. So seien die Exporterwartungen in der Umfrage des Forschungsinstituts weiter gestiegen. Vor allem Exporte innerhalb der Euro-Zone dürften anziehen. "Die gute Euro-Konjunktur springt gewissermaßen in die Bresche."

Rauf und runter in verschiedenen Branchen

Ifo-Chef Clemens Fuest zum Ergebnis der Bundestagswahl

Im verarbeitenden Gewerbe gab der Index "merklich" nach, weil die Industriefirmen weniger zufrieden mit ihrer aktuellen Lage sind. Auch ihre Erwartungen an die nächsten sechs Monate seien "etwas zurückgenommen". Dennoch planen sie ihre Produktion weiter auszuweiten. Die Stimmung im Großhandel erlitt laut Ifo ebenfalls einen "merklichen Dämpfer". Die Großhändler hätten ihre optimistischen Erwartungen nach unten korrigiert, und auch ihre aktuelle Lage schätzen sie merklich weniger gut ein.

Im Einzelhandel dagegen stieg der Geschäftsklimaindex: Die Einzelhändler wollen vermehrt die Preise erhöhen, wie das Ifo mitteilte. Im Bauhauptgewerbe stieg das Klima sogar auf einen neuen Rekordwert. Die Bauunternehmer zeigten sich zufriedener mit der aktuellen Lage und optimistischer für die nächsten Monate.

Keine Trendwende

Eine Trendwende signalisiere der erneute Rückgang des Ifo-Index nicht, so ifo-Experte Wohlrabe. Analysten sehen das ähnlich. "Die Stimmung ist trotz der jüngsten Eintrübung weiterhin außergewöhnlich gut, die Wirtschaft läuft", sagte der Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe, Jörg Zeuner. "Dennoch wartet einiges an Arbeit auf die kommende Regierung, damit das auch in Zukunft so bleibt und niemand abgehängt wird." Deutschland brauche nicht nur mehr Investitionen unter anderem in die Infrastruktur und bezahlbaren Wohnraum, sondern auch ein Bildungssystem, das keine Talente zurücklasse.

Auch eine Gründungs-, Innovations- und Digitalisierungsoffensive sei vonnöten. "Das Fenster zur Stärkung der Europäischen Union gemeinsam mit Frankreich und den anderen Partnerländern steht zurzeit weit offen. Diese Chance gilt es beherzt zu ergreifen", sagt Zeuner, denn Europa schaffe die günstigen Rahmenbedingungen, unter denen Deutschland seine wirtschaftlichen Stärken ausspielen könne.

Wahlausgang wird wenig Einfluss auf Stimmung der Chefs haben

"Irgendwann musste der Höhenflug des Geschäftsklimas enden", meint Uwe Burkert, Chefökonom bei der LBBW. Der Rückgang im September sei ein erstes Zeichen dafür, dass die Konjunktursonne nicht ewig scheinen werde. Allerdings sollte man den Rückgang auch nicht überschätzen.

Die Dynamik bleibe einstweilen auf hohem Niveau. "Einen Einfluss der Bundestagswahl auf die Konjunktur sehen wir wohl so schnell nicht", glaubt Burkert. Aus Unternehmenssicht dominierten andere Themen. "Da sieht es mit dem niedrigen Zinsniveau und den Zeichen der Belebung in den übrigen Staaten der Euro-Zone weiterhin gut aus. Dafür dürften die Exportchancen durch den stärkeren Euro etwas gesunken sein", so Burkert. Aber noch dürfte die Industrie damit gut zurechtkommen.

Auch Thomas Gitzel von der VP Bank bleibt gelassen. Der Rückgang signalisiere zwar, dass der kräftigste BIP-Zuwachs wohl hinter uns liegt, das Wachstum falle dabei aber nicht schwach aus. Möglicherweise würden die Zuwachsraten beim privaten Konsum etwas kleiner, mutmaßt er. "Der Aufschwung wird aber wohl dennoch an Breite gewinnen. Der anziehende Welthandel färbt positiv auf die deutsche Exportwirtschaft ab. Die gut laufende Konjunktur und die niedrigen Zinsen machen den Unternehmen nun auch Investitionen schmackhaft," glaubt Gitzel.

Außerdem glaubt er, dass der überraschende Ausgang der Bundestagswahl ebenfalls an den Unternehmen abprallen werde, genauso wie sich der Ifo-Index zuletzt selbst gegenüber dem Dieselskandal weitgehend unbeeindruckt zeigte. "Dass in Anbetracht der schwierigen Regierungsbildung und der unklaren politischen Agenda das Konjunkturbarometer im kommenden Monat mit deutlichen Abschlägen reagiert, ist nicht zu erwarten", meint Gitzel.

iw/hb (rtr, afp, dpa)