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Woody Allens neuester Streich: Magic in the Moonlight

Jochen Kürten3. Dezember 2014

Der Filmregisseur und Schauspieler verewigte schon seine Heimatstadt New York in der Kinogeschichte. Aber seit Jahren dreht er viel in Europa. In seinem neusten Film frönt er wieder seiner Leidenschaft für "Old Europe".

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Szene aus neuem Woody Allen-Film Magic in the Moonlight (Foto: Jack English / Gravier, dpa)
Bild: picture-alliance/Jack English/Gravier Productions

Nun also die Côte d'Azur. In Woody Allens jüngstem Streich "Magic in the Moonlight" hat der Filmemacher dem französischen Küstenabschnitt am Mittelmeer ein filmisches Denkmal gesetzt. Der Zuschauer sieht die Akteure durch sonnendurchflutete Gärten spazieren, Pinien und Akazien säumen die Landschaft, das Blau des Meeres und das des Himmels konkurrieren um den strahlendsten Ton. Und schweigen die Schauspieler auf der Leinwand für einen kurzen Moment, ersetzen Grillen und Zikaden den Filmsound. Die sommerliche Hitze wird geradezu hör- und spürbar in Allens neuem Film.

Neustart im Rentenalter

Einmal mehr hat sich Regisseur Woody Allen einem berühmten Schauplatz auf dem alten Kontinent Europa zugewandt. 2005 feierte er nach einigen weniger erfolgreichen Filmen in den USA ein künstlerisches Comeback - ausgerechnet mit einem Werk, das fernab seiner Herzensstadt New York gedreht wurde: der elegante Kriminalfilm "Match Point" entstand damals ausschließlich in London.

Midnight in Paris Filmszene (Foto: Cannes 2011)
Für Woody Allen spielen sogar Präsidenten-Gattinen: Carla Bruni und Owen Wilson in "Midnight in Paris" ( 2011)Bild: Cannes Filmfestival 2011

In den folgenden Jahren drehte Allen auch in Barcelona und Paris, in Rom und weitere Male in der britischen Hauptstadt, zwischendurch immer wieder in den USA. Doch der Ur-New Yorker fand in Europa eine neue filmische Heimat, inszenierte dort seine besten Werke und feierte mit "Midnight in Paris" 2011 seinen größten kommerziellen Erfolg. In einem Alter, in dem sich andere Regisseure längst auf das Altenteil zurückgezogen haben, startete Woody Allen noch einmal durch.

Große Komikertradition

Vor zehn Jahren eine große Überraschung. Schließlich war Woody Allen schon damals eine Legende. Er galt als einer der größten Filmemacher der Vereinigten Staaten, als begnadeter Komiker, als hochintellektueller Unterhalter von hohen Graden. Woody Allen durfte man schon vor zehn Jahren in die große Tradition der US-amerikanischen Filmkomiker einreihen, die einst mit der Geburt der siebten Kunst von Charlie Chaplin und Buster Keaton zwei Genies auf dem Regiestuhl hervorgebracht hatte.

Woody Allen (Foto: ap)
Schauspieler Woody Allen in jungen JahrenBild: AP

Ganz so sensationell wie das Alters-Comeback für viele erschien, war der Sprung Woody Allens an die Schauplätze alteuropäischer Kultur stätten nicht. Wer das Werk des Regisseurs von seinen Anfängen an beobachtet hat, dem fiel das starke Interesse Allens an europäischer Kultur und Geschichte schon in seinen frühen Jahren auf. Die Anarcho-Komödie "Die letzte Nacht des Boris Gruschenko", entstand Mitte der 1970er Jahre in Budapest und Paris und erzählt die Geschichte eines Unglücksraben, der in die Wirren der Napoléonischen Kriege hineingezogen wird.

Verbeugung vor Ingmar Bergman

Danach drehte der Regisseur dreißig Jahre fast nur noch in New York. Doch dem von ihm bewunderten schwedische Regisseur Ingmar Bergman setzte er in gleich zwei Werken ein filmisches Denkmal. Die Kino-Dramen "September" und "Eine andere Frau" sorgten 1987/88 für große Überraschung in der Fachwelt. Woody Allen hatte in diesen Filmen vollkommen auf Witz und Humor verzichtete und dem verblüfften Zuschauer ernste Seelen-Dramen à la Ingmar Bergman vorgesetzt. Ein weiterer Beleg für die intensive Beschäftigung Woody Allens mit der europäischen Kultur spiegelte die Tatsache wider, dass er in den folgenden Jahren mehrmals mit Bergmans Kameramann Sven Nykvist zusammenarbeitete.

Cannes Filmfestival mit W. Allen und Co (Foto: AP Photo/Francois Mori)
Regisseur Woody Allen bei den Filmfestspielen in Cannes auf dem ungeliebten Roten TeppichBild: AP

Kein Fan des Roten Teppichs

Der 1935 im New Yorker Stadtteil Brooklyn geborene Filmemacher und Sohn jüdischer Eltern ist bis heute einer der fleißigsten Regisseure. Jahr für Jahr legt einen neuen Film vor. Doch einen größeren Gegensatz zwischen dem tiefgründigen Allen und der oberflächlichen Glanz & Glamourwelt Hollywoods lässt sich kaum denken. Sichtbar wird diese Distanz nicht zuletzt daran, dass er den Roten Teppich der Oscar-Show in Los Angeles wie die Pest meidet - obwohl seine Arbeiten nicht weniger als 24 mal für einen Oscar nominiert wurden. Eher lässt er sich bei den traditionsreichen europäischen Festivals in Cannes und Venedig blicken.

Doch auch dort ist Allen kein Freund des Roten Teppichs. Für ihn sei der hektische Festivalbetrieb der allergrößte psychische Alptraum, bekannte er vor zwei Jahren, als er "To Rom with Love" an der Croisette präsentierte. Er komme nur zum Festival nach Cannes, weil seine Frau und seine Kinder das so liebten. Allen dist der Festivalbetrieb zwar verhasst, doch die südfranzösische Landschaft hat es ihm wohl angetan. Sein neuer Film entstand in unmittelbarerer Nachbarschaft von Cannes, an Schauplätzen in Antibes und Nizza, in Le Muy und Juan-les-Pines, allesamt legendäre Orte an der Côte d'Azur.

Szene aus neuem Woody Allen-Film Magic in the Moonlight EINSCHRÄNKUNG
Zwei Zauberer in "Magic in the Moonlight"Bild: picture-alliance/Jack English/Gravier Productions

Screwball-Comedy und Magie

In "Magic in the Moonlight" erzählt Woody Allen die Geschichte eines Hochstapler-Pärchens, dass hin- und hergerissen ist zwischen emotionaler Zuneigung und Konkurrenzdenken. Eine Art Screwball-Comedy, in der ein Steckenpferd des Regisseurs zum Vorschein kommt und das wiederum viel mit europäischer Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts zu tun hat: Im Europa der 1920er Jahre waren spirituelle Medien, Zauberei und Varietekünstler der letzte Schrei.

Allen hat das Thema Zauberei schon mehrfach in seinen Filmen, in "Scoop" oder "Im Banne des Jade Scorpions" aufgegriffen. "Damals war das eine große Sache", erinnert sich Allen, "sehr berühmte Leute wie Arthur Conan Doyle nahmen das sehr ernst. Es gab alle möglichen Ereignisse wie Fotografien und Geister, die die Leute zum Staunen brachten. Seáncen waren durchaus üblich." Natürlich präsentiert Regisseur Allen das Thema mit einem für ihn typischen Augenzwinkern.

Selbst spielt er diesmal nicht mit. Doch die Fans des New Yorkers müssen auf den Darsteller Woody Allen derzeit nicht verzichten. Im Kinofilm "Plötzlich Gigolo" seines Regie-Kollegen John Turturro ist er derzeit als Darsteller auf der Kinoleinwand zu sehen.

Szene aus Woody Allen-Film Plötzlich Gigolo (Foto: Concorde Verleih)
Woody Allen und Partner John Turturro in "Plötzlich Gigolo"Bild: picture-alliance/Concorde Filmverleih GmbH