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Die Mercedes-Saison

Calle Kops23. November 2014

Der WM-Zweikampf zwischen den Mercedes-Piloten Hamilton und Rosberg bestimmt diese Fomel-1-Saison von Beginn an. Titelverteidiger Vettel kann nur zuschauen. Hinter den glitzernden Kulissen rumort es heftig.

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Lewis Hamilton steht mit der englischen Fahne auf seinem Mercedes-Formel-1-Boldiden (Foto: Clive Rose/Getty Images)
Bild: Getty Images/C. Rose

Den Titel dieser vom Mercedes-Rennstall geprägten Formel-1-Saison hat sich Lewis Hamilton gesichert. Der 29-jährige Engländer gewann das letzte Rennen, den Großen Preis von Abu Dhabi, und durfte sich nach 2008 mal wieder über den Weltmeistertitel freuen. Titelrivale Nico Rosberg konnte den Sieg des Teamkollegen aufgrund von gravierenden Motorenproblemen nicht gefährden und wurde beim Showdown nur 14. - ein bitterer Nachgeschmack für das Team. Eine WM-Entscheidung durch einen Technik-Defekt "wäre ein Alptraum", hatte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff vor dem Rennen betont. Der Alptraum wurde wahr. Nach nicht einmal der Hälfte der Renndistanz fehlten Rosberg die 150 Zusatz-PS durch das Hybridsystem ERS.

Dennoch schrieb Mercedes 2014 ein neues Kapitel in seiner Motorsport-Geschichte. Der deutsche Autobauer holte fünf Jahre nach seinem Comeback als Werksteam zum ersten Mal den Konstrukteurstitel in der Formel 1. Im ersten Jahr der neuen Antriebszeitrechnung in der Königsklasse des Motorsports mit Turbomotoren und zusätzlicher Hybrid-Power löste der deutsche Autobauer Seriensieger Red Bull endgültig ab. "Es ist befriedigend zu sehen, dass wir an die Erfolge der 50er Jahre anknüpfen können", sagte Wolff nach dem Rennen in Sotschi, wo Mercedes die Titel-Premiere perfekt machen konnte.

Vettel auf Schumis Spuren

Sebastian Vettel (l.) und Fernando Alonso (r.) lächeln bei einer Pressekonferenz in die Kameras (Foto: Mark Thompson/Getty Images)
Cockpitwechsel: Vettel (l.) folgt Alonso bei FerrariBild: Thompson/Getty Images

Unterdessen gehen Sebastian Vettel und Red Bull ab sofort getrennte Wege. Nach vier gemeinsamen WM-Titeln hatte die Beziehung schon früh in der Saison nie gekannte Risse gezeigt, die letztlich nicht mehr zu kitten waren. Seit Oktober steht Vettels Abgang fest, beim Finale in Abu Dhabi stieg er zum letzten Mal in seine "zickige Suzie", wie Vettels Bolide vor der Saison getauft worden war. Nach einem Jahr voller Pleiten, Pech und Pannen, in dem der entthronte Weltmeister sogar über einen Rücktritt nachdachte, landete er mit Platz fünf nicht nur weit hinter den Silberpfeilen, sondern auch deutlich hinter seinem australischen Teamkollegen Daniel Ricciardo, der mit seinen drei Saisonsiegen als einziger die Mercedes-Phalanx durchbrechen und die Red-Bull-Fahne hoch halten konnte.

Nun beginnt für Vettel das Kapitel Ferrari. "Für mich geht damit ein langer Kindheitstraum in Erfüllung", sagte der Heppenheimer, für den bei der Scuderia, wie damals für Michael Schumacher, eine neue Ära beginnen soll. Zwar weiß auch er, dass vor allem im ersten Jahr angesichts des Rückstands der Italiener kaum Hoffnung auf große Erfolge besteht, doch viele Tränen wird er Red Bull wohl nicht nachweinen. "Ich werde mein Team vermissen, bin aber zuversichtlich, dass ich in der Zukunft wieder bessere Jahre habe", sagte Vettel.

Kleine Teams in der Finanzkrise

Ein Marussia-Bolide (l.) und ein Formel-1-Wagen von Caterham berühren sich während eines Rennens (Foto: EPA/DIEGO AZUBEL)
Existenzkampf: Marussia (l.) und Caterham (r.)Bild: picture-alliance/dpa/Azubel

Wie das Verhältnis zwischen Vettel und Red Bull hat auch die stets glitzernde Formel-1-Welt in der abgelaufenen Saison Risse bekommen. Die Rennserie scheint so gar am Scheideweg zu stehen. Der bittere Streit um die Verteilung der Einnahmen und die wachsende Not der kleineren Teams hat die Königsklasse des Motorsports in die schwerste Krise seit Jahren geführt. Wenn Geschäftsführer Bernie Ecclestone nicht doch noch eine Wende in letzter Minute vollzieht und ein Hilfspaket für die vom Aus bedrohten Rennställe durchsetzt, könnte der Grand Prix auf dem Yas Marina Circuit von Abu Dhabi das Ende einer Ära markiert haben.

In einem Brandbrief an Ecclestone machten Force India, Sauber und Lotus die verfahrene Situation im PS-Spektakel klar. Die Privatteams fühlen sich von den finanziellen Schwergewichten wie Red Bull, Mercedes und Ferrari aus dem Geschäft gedrängt. Wie real die Gefahr eines Massen-Exodus von Teams ist, haben die vergangenen Wochen gezeigt. Marussia ging drei Rennen vor Schluss das Geld aus, das Team verschwand bereits beim Großen Preis der USA aus dem Starterfeld. Bei Caterham entließ der Insolvenzverwalter fast die gesamte Belegschaft und konnte den letzten Start in Abu Dhabi nur mit einer Spendensammlung sichern.

Ecclestone "meistert" Bestechungsprozess

Bernie Ecclestone bei einem seiner Gerichtstermine in München (Foto: REUTERS/Joerg Koch)
Gerichtstermin: Bernie Ecclestone gilt nach seinem Verhandlungsmarathon von München als unschuldigBild: Reuters

Apropos Ecclestone: Anfang August konnte der Formel-1-Chef für die Rekordsumme von 100 Millionen Dollar die Einstellung seines Schmiergeldprozesses erwirkten und so ein freier Mann bleiben. Seit Ende April musste er sich wegen Bestechung eines Amtsträgers und Anstiftung zur Untreue in einem besonders schweren Fall vor Gericht verantworten. Die Anklage hatte ihm vorgeworfen, dem ehemaligen Vorstand der Bayerischen Landesbank, Gerhard Gribkowsky, 44 Millionen Dollar Bestechungsgeld beim Besitzerwechsel der Rennserie gezahlt zu haben. Im Gegenzug kassierte er von der Bank eine Beraterprovision von 41 Millionen Dollar.

Nach der Vernehmung zahlreicher Zeugen kamen die Richter in München aber zu dem Schluss, dass Ecclestone keine schwere Schuld trägt. "Der zur Last liegende Vorwurf wurde in wesentlichen Teilen nicht erhärtet", sagte der Vorsitzende Richter. Ecclestone meinte deshalb süffisant: "Ich war ein bisschen auch ein Idiot, diese Einigung einzugehen." Eigentlich habe ihn der Richter ja praktisch freigesprochen. Jedenfalls gilt der Brite nach den gut drei Monaten Verhandlungsdauer als unschuldig und durfte damit weiter an der Spitze der Formel 1 bleiben.

Horrorunfall in Japan

Streckenposten und Ärzte kümmern sich um den verunglückten Jules Bianchi (Foto: HIROSHI YAMAMURA dpa - Bildfunk)
Unfallstelle: Ärzte kümmern sich um BianchiBild: picture-alliance/dpa/H. Yamamura

Für Entsetzen hat in dieser Saison der schwere Unfall des Marussia- Piloten Jules Bianchi beim Großen Preis von Japan gesorgt. Der junge Franzose war Anfang Oktober in Suzuka von der regennassen Strecke abgekommen und unter einen Bergungskran gerast. Bei dem Aufprall zog er sich schwere Kopf- und Hirnverletzungen zu. Sieben Wochen lang lag Bianchi im künstlichen Koma, sein Gesundheitszustand gilt aber immer noch als kritisch. Der Ferrari-Zögling hatte beim Klassiker in Monte Carlo als Neunter überraschend die ersten und nun wohl einzigen WM-Punkte für sein in die Pleite geschlittertes Marussia-Team geholt.

Schon eine Woche nach dem Rennen in Japan machte der Formel-1-Zirkus in Sotschi Station. Unmittelbar vor dem Großen Preis von Russland sendete das gesamte Fahrerfeld eine Grußbotschaft an Bianchi. Gut zehn Minuten vor dem Start des Rennens stellten sich die Piloten aller Teams in einem Kreis auf der Strecke auf und zeigten, dass sie gemeinsam hinter dem Franzosen stehen und dem 25-Jährigen gute Genesung wünschen.

Putin nutzt die Fomel-1-Bühne

Der russische Präsident Wladimir Putin (2.v.l.) überreicht Lewis Hamilton (r.) den Siegerpokal (Foto: REUTERS/Maxim Shemetov)
Siegerehrung: Putin überreicht Hamilton den PokalBild: REUTERS/M. Shemetov

Im Olympiaort hatte in den Tagen vor dem Rennen im Fahrerlager eine bedrückende Stimmung geherrscht, da Bianchis Horror-Crash niemanden im Umfeld der Königsklasse kalt ließ. Dennoch nutzte Staatspräsident Wladimir Putin die Formel-1-Premiere in Sotschi als seine persönliche Bühne. Der Auftritt von Weltmeister Sebastian Vettel und Co. wurde zumindest am Ende zur erwarteten Putin-Show: Sieger Lewis Hamilton erhielt die Siegertrophäe aus Putins Händen.

Nach den Olympischen Winterspielen war der erste Formel-1-Grand-Prix auf russischem Boden das größte sportliche Prestigeprojekt für den Politiker. Persönlich hatte der 62-Jährige mit Promoter Bernie Ecclestone den Vertrag ausgehandelt und sich dafür eingesetzt, dass erstmals an der Schwarzmeerküste gefahren wurde.