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Die Nachfahren der Gründer

Wolf von Dewitz (dpa)
3. April 2017

Ob Werner Siemens, Robert Bosch oder Ferdinand Porsche - Firmengründer hinterließen ihren Nachkommen nicht nur große Vermögen, sondern auch große Verantwortung. Wie sieht das heute aus?

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Siemens Arbeiter im Charlottenburger Werk
Bild: Siemens AG

Es ist eine Nachricht mit Sprengkraft: Der frühere VW-Konzernlenker Ferdinand Piëch gibt seinen verbliebenen Einfluss auf den Autobauer Volkswagen auf. Als Mitglied des Porsche/Piëch-Clans war er mit etwa 15 Prozent an der VW-Dachgesellschaft Porsche SE beteiligt - andere Familienmitglieder übernehmen seine Anteile. Wie steht es um den Familieneinfluss bei deutschen Industrieunternehmen? Ein paar Beispiele in alphabetischer Reihenfolge. 

BMW: Bei dem Autobauer geht praktisch nichts ohne die Zustimmung der Geschwister Stefan Quandt und Susanne Klatten, die noch 46,7 Prozent der BMW-Stammaktien halten. Beide sitzen seit 20 Jahren im BMW-Aufsichtsrat. Dieses Jahr dürfen die beiden mit einer Dividende von rund einer Milliarde Euro rechnen. 

Streng genommen sind die Eigner bei BMW keine Gründer-Nachfahren, denn die Verbindung zum Autobauer stammt aus den 1950er Jahren. Damals sprang ihr Vater, der Batteriefabrikant Herbert Quandt, der angeschlagenen Firma bei und stieg als Miteigentümer ein. Seine Kinder sind heute als stabile Ankeraktionäre bei BMW auch auf der Arbeitnehmerseite hoch im Kurs.

Stiftungen hoch im Kurs

BOSCH: Die Nachfahren des Gründers sind noch zu sieben Prozent an dem Technologiekonzern Robert Bosch GmbH beteiligt - ihr Einfluss hält sich also in Grenzen, zumal die Firma nicht börsennotiert ist und daher keine harten Transparenzregeln befolgen muss. Als Kontrollinstanz das Sagen hat bei dem Konzern mit seinen fast 400 000 Mitarbeitern die "Robert Bosch Industrietreuhand KG", die aus früheren Bosch-Managern, externen Fachleuten und Familienangehörigen besteht. Der Anteil der KG am Stammkapital ist zwar nahe null, sie hat aber 93 Prozent der Stimmrechte. Von den Gewinnen (2015: 3,5 Milliarden Euro) profitiert besonders die Bosch-Stiftung, die zu 92 Prozent am Kapital der GmbH beteiligt ist.

Ähnliche Stiftungsmodelle gibt es auch bei anderen Firmen. "Damit soll das Erbe des Gründers für die Zukunft gesichert werden", erläutert Peter Englisch vom Beratungsunternehmen Ernst & Young (EY). Heutzutage sind auch steuerliche Überlegungen relevant - überträgt ein Familieneigner seine Anteile in eine Stiftung, werden keine Steuern gezahlt. "Solche Stiftungsmodelle machen zwar häufig Sinn, weil die Erben ihre Anteile dann nicht einfach verkaufen können", sagt er. "Aber das ist ein Weg ohne Umkehr - für die Nachfahren ist das eine faktische Enterbung." Zudem sei es unklar, was die Treuhänder in den nächsten Jahrzehnten mit dem Erbe machten.

Kaum noch operative Funktionen

DÜRR: Die Familie Dürr hält noch knapp 29 Prozent der Aktien an dem Hersteller von kompletten Fahrzeug-Lackierwerken, damit ist sie größter Aktionär an der börsennotierten Firma. Im Management ist kein Vertreter der Dürr-Familie mehr zu finden. Der frühere Firmenchef Heinz Dürr war einst Bahn-Chef, in einer Nebenfunktion saß er jahrzehntelang an der Spitze des Dürr-Aufsichtsrats - erst vor vier Jahren legte der heute 83-Jährige dieses Amt nieder, seither fungiert er nur noch als Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrats. Seine Tochter Alexandra Dürr vertritt die Familie inzwischen in dem Kontrollgremium - im eigentlichen Berufsleben ist sie als Ärztin in Paris tätig.

PORSCHE: Bei der Finanzholding Porsche SE (PSE) ist der Familienclan Porsche/Piëch am Ruder - alle Stimmrechte gehören den Nachfahren von Ferdinand Porsche. Externes Kapital haben sie sich über Vorzugsaktien geholt, also stimmrechtslose Firmenanteile. Die Finanzholding mit nur 30 Mitarbeitern hält rund 52 Prozent der Stimmrechte an Volkswagen, Europas größter Autobauer hat mehr als 600 000 Beschäftigte. Ohne die Zustimmung der Familien geht also wenig in Wolfsburg. In dem Autokonzern an führender Position tätig ist kein Familienmitglied - letzter Vorstandschef aus Reihen des Clans war bis 2002 Ferdinand Piëch, danach war er bis 2015 Aufsichtsratschef. Piëch erwägt nun nach internen Querelen den Verkauf seines milliardenschweren PSE-Aktienpakets an Verwandte.

Einfluss nimmt ab

SCHAEFFLER: Beim fränkischen Autozulieferer-Konzern Schaeffler haben Mutter und Sohn das Sagen: Maria-Elisabeth Schaeffler-Thurmann (75) und ihr Sohn Georg Friedrich Wilhelm Schaeffler (52) gehört eine Holding, die zu 75,1 Prozent an der Schaeffler AG und zu 46 Prozent an Continental beteiligt ist.

SIEMENS: Der Münchner Technologiekonzern ist ein Beispiel, wie Familieneinfluss abnimmt und dennoch präsent bleibt. Die etwa 350 Mitglieder der Siemens-Familie sowie verschiedene Siemens-Stiftungen sind noch mit etwa sechs Prozent an dem Technologiekonzern beteiligt.  Mit der promovierten Philosophin Nathalie von Siemens ist ein Nachkomme von Firmengründer Werner Siemens im Aufsichtsrat vertreten, ein Familienmitglied auf einem wichtigen Chefsessel mit operativer Verantwortung findet sich nicht im Konzern. Die Familie stimmt stets geschlossen ab und ist damit eine Stütze für die Chefetage des Münchner Technologiekonzerns.

STIHL: Der Hersteller von Motorsägen mit etwa 14 000 Mitarbeitern ist noch komplett in Familienhand, vier verschiedene Familienstämme halten je ein Viertel an der Stihl-Holding. Seit 2002 führen externe Manager die Vorstandsgeschicke, mit dem Maschinenbauer Nikolas Stihl sitzt ein Enkel des Firmengründers an der Spitze des Aufsichtsrats.

VOITH: Der schwäbische Technikkonzern mit 20 000 Mitarbeitern ist noch komplett in Familienbesitz. Mehrere Familienmitglieder sitzen im Aufsichtsrat, in operativer Verantwortung sind sie nicht.