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Siemens hat Probleme mit der Windkraft

4. August 2021

Eigentlich sollte die spanische Tochter Gamesa mit ihren Windkraftanlagen der deutschen Siemens Energy die Zukunft sichern. Nun ist sie das Problemkind des Konzerns. Dabei ist der Bedarf an erneuerbarer Energie gewaltig.

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Windturbine von Siemens Gamesa
Windturbine von Siemens GamesaBild: Reuters/V. West

In der aktuellen Bilanz des Energiespezialisten Siemens Energy liegen im Rennen zwischen Vergangenheit und Zukunft klar die Auslaufmodelle vorn; so jedenfalls sehen viele die Energieträger Kohle und Gas. Aber gerade mit diesem Geschäftsfeld rettete Siemens Energy noch knapp seine Bilanz: Im dritten Quartal erzielte der Konzern in der Sparte Siemens Gamesa Renevables einen Fehlbetrag von 154 Millionen Euro. Die klassische Sparte Gas and Power fuhr operativ einen Gewinn von 231 Millionen Euro ein nach einem Verlust vor Jahresfrist.

Inzwischen erwartet Siemens Energy auch im laufenden Gesamtjahr rote Zahlen. Dabei konnte das Unternehmen seinen Umsatz im abgelaufenen dritten Quartal um 8,8 Prozent auf 7,3 Milliarden Euro steigern.

"Probleme mit der operativen Effizienz"

Aber es nützt alles nicht: Siemens Gamesa Renevables entwickelt sich zum Bremsklotz für den Konzern, der erst vor einem Jahr vom Münchner Mutterhaus Siemens abgespalten wurde. Er ist seit März im Aktienindex DAX vertreten und hat weltweit immerhin rund 91.000 Menschen in Lohn und Brot. Die Finanzchefin von Siemens Energy, Maria Ferraro, sagte der DW zu den enttäuschenden Quartalsergebnissen, dass die Windturbinen-Tochter des deutschen Industriekonzerns "Probleme mit der operativen Effizienz" habe. "Für die Zukunft erwarten wir, dass Siemens Gamesa und das Managementteam diese Probleme schnell und unverzüglich angehen werden", sagte Ferraro.

Installation einer Windanlage von Siemens Gamesa
Managementprobleme - Installation einer Windkraft-Anlage von Siemens Gamesa (Archivbild) Bild: Siemens Gamesa

Siemens Gamesa ist immerhin Weltmarktführer beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen, also Windrädern auf hoher See. Aber die Spanier mit Sitz im Baskenland bauen auch Onshore-Anlagen, solche also an Land, und die bereiten Schwierigkeiten, zuerst in Norwegen und derzeit mit einem Riesenprojekt in Brasilien. Siemens Gamesa werden Managementfehler angekreidet, aber auch hohe Kosten für Rohstoffe wie Stahl oder Kupfer belasten das Geschäft.

Ein Zukunftsgeschäft

Dabei sind die erneuerbaren Energien ein echtes Zukunftsgeschäft. Die EU-Staaten wollen durch eine Vielzahl von Maßnahmen die Treibhausgase bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 drücken. Deutschland will bis 2038 auf Kohleverstromung verzichten und dann ganz auf Erneuerbare setzen: Bis 2045 will das Land seine Energiebilanz klimaneutral gestalten.

Wie groß diese Aufgabe ist - und wie groß das damit verbundene Geschäft sein wird - kann man schon heute bei der Deutschen Bahn beobachten. Die Bahn teilte am Mittwoch mit, sie werde ab 2023 Strom aus einem Wasserkraftwerk im Süden Norwegens beziehen. Der Strom fließt durch das im Mai eingeweihte Unterseekabel Nordlink. Das norwegische Energieunternehmen Statkraft liefert über zehn Jahre jährlich fast 190 Gigawattstunden Strom.

BdT | Deutschland | Photovoltaik-Park liefert Strom für die Deutsche Bahn
Photovoltaik-Park mit Strom für die Deutsche BahnBild: Jens Büttner/dpa/picture alliance

Das klingt viel. Allerdings kann die Deutsche Bahn damit den Energiebedarf ihrer täglich rund 40.000 Züge nur für etwa eine Woche im Jahr sichern. Sie braucht also jährlich insgesamt zehn Terawattstunden Strom - und bis 2038 will der Konzern den gesamten Bedarf mit erneuerbaren Energien decken. Dazu zählt Photovoltaik, dazu zählt Wasserkraft: Zehn Jahre lang wird die Bahn ab 2023 jährlich mehr als 90 Gigawattstunden Wasserkraft aus dem Schwarzwald beziehen. Dazu zählt auch Windkraft: Ab 2022 bezieht die Bahn auch jährlich 40 Gigawattstunden Windstrom aus Mecklenburg-Vorpommern. Aber all das wird nicht reichen.

Forderungen der Energieriesen

So bringen sich denn auch die deutschen Stromversorger in Stellung und fordern schon einmal von einer erst im September zu wählenden neuen Regierung beherztes Handeln. "Damit die ambitionierten Klimaziele erreicht werden können, braucht es vor allem Tempo", betont Markus Krebber, der Chef des größten deutschen Stromerzeugers RWE, der sich langsam von Kohle und Gas verabschiedet. Eine neue Bundesregierung müsse den Ausbau der Erneuerbaren Energien beschleunigen und dabei auch die Genehmigungsverfahren von Windkraft- und Solaranlagen.

"Wir müssen die Modernisierung der Energieinfrastruktur radikal entfesseln und beschleunigen", meint Leonhard Birnbaum, sein Kollege von E.ON, das sich mittlerweile vor allem auf die Stromnetze konzentriert. "Wir brauchen mehr Investitionen in die Stromnetze."

Tatsächlich ließe sich der gesamte deutsche Energiebedarf innerhalb der nächsten zehn bis 15 Jahre ausschließlich mit erneuerbaren Energien decken, prognostiziert das DIW Berlin, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Es hat für eine aktuelle Studie Szenarien zur Vollversorgung durch Photovoltaik, Windkraft und andere Erneuerbare berechnet.

"100 Prozent erneuerbare Energien sind technisch möglich und ökonomisch effizient - und vor allem dringend nötig, um die europäischen Klimaschutzziele erreichen zu können", so die Bilanz der DIW-Forscherin Claudia Kemfert. Allerdings müssten, so das DIW, die Erneuerbaren schon jetzt vermehrt in die Planung des gesamten Energiesystems einbezogen werden, vor allem in die Netzplanung - sowohl für Deutschland als auch für Europa.

ar (rtr, dpa - DIW)