Die Queen erobert Berlin
24. Juni 2015Der erste Tag des Staatsbesuchs der Queen war voll gepackt mit Terminen – und endete mit einem Staatsbankett im Schloss Bellevue (Artikelbild). Für die 89-jährige Monarchin muss es ein anstrengender Tag gewesen sein. Doch sie absolvierte alle Programmpunkte mit einem heiteren Lächeln.
Am Morgen war sie von Bundespräsident Joachim Gauck und seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt mit militärischen Ehren im Schloss Bellevue begrüßt worden. Die Königin präsentierte sich im eleganten weißen Mantel mit passendem weißem Hut. Die deutsche First Lady trug einen roten Mantel und ebenfalls einen hellen Hut. Als Geschenk überreichte Gauck seinem königlichen Gast ein Gemälde der Hamburger Künstlerin Nicole Leidenfrost. Es zeigt Elizabeth auf einem blauen Pony neben ihrem Vater King George. "Das ist eine lustige Farbe für ein Pferd", sagte die Königin.
Vom Schloss Bellevue aus fuhren Elizabeth und ihr Mann, Prinz Philip, in Begleitung des Bundespräsidenten und seiner Partnerin dann in einem offenen Holzboot zum Bundestag. Der 15 Meter lange Kahn mit Namen "Ajax" wurde im Geburtsjahr der Königin, 1926, als Behördenboot gebaut. Das Wetter war unfreundlich und grau, doch das hinderte hunderte Schaulustige nicht, der Queen und dem Bundespräsidenten vom Ufer der Spree und von den Brücken aus zuzuwinken.
Besuch im Kanzleramt
Im Anschluss an die Bootsfahrt wurde die Queen von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Kanzleramt empfangen. Über das halbstündige Gespräch der beiden Frauen wurde nichts bekannt. Dafür veröffentlichte Regierungssprecher Steffen Seibert ein selbst gedrehtes Video, das zeigt, wie Merkel die Königin im Kanzleramt herumführt und ihr den Blick von der Terrasse auf den gegenüber liegenden Reichstag und die Abgeordnetenbüros zeigt.
Zusammen mit Merkel fuhr die Queen anschließend zur Neuen Wache und legte dort, am Denkmal für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, einen Kranz nieder.
Merkel musste danach zurück in das Kanzleramt, denn sie war dort mit dem britischen Premierminister David Cameron zum Gespräch verabredet. Bei seinem Berlin-Besuch vor einem Monat hatte Cameron angekündigt, dass er die Monarchin bei ihrem Staatsbesuch begleiten werde. Über den Inhalt des Gesprächs zwischen den beiden Regierungschefs wurde nichts bekannt.
Eine Rede für die Queen
Am frühen Nachmittag ging es vom Hotel Adlon im roten Bentley mit den extra großen Fenstern zur Technischen Universität. Dort findet jedes Jahr um diese Zeit die sogenannte "Queen´s Lecture" statt, ein Fachvortrag eines bedeutenden britischen Wissenschaftlers. Die Rede wurde den Berlinern von der Königin bei ihrem ersten Staatsbesuch in der damals noch geteilten Stadt gestiftet. Für das Jubiläumsjahr in Anwesenheit der Königin war Neil MacGregor auserkoren worden, der Chef des britischen Museums in London und designierter Intendant des Berliner Humboldtforums im derzeit bald wieder aufgebauten Berliner Stadtschloss. Er hielt vor den 1200 Gästen, zu denen überraschend auch die Kanzlerin gestoßen war, eine launige Rede über britische Eigenheiten.
Dabei sprach er über die Liebe der Engländer zu Tieren, über englische Gärten und Autos und über den Filmhelden James Bond, den berühmten Geheimdienstagenten 007, der mit Wunderwaffen und Charme fremde Spione zur Strecke bringt. "Das zentrale und dauerhafte Element ist die Queen. Während James Bonds Dienste im Geheimen stattfinden, sind die Ihrer Majestät öffentlich", sagte MacGregor.
Staatsbankett auf Schloss Bellevue
Am Abend hatte Bundespräsident Gauck zum Staatsbankett ins Schloss Bellevue geladen. In seiner Tischrede würdigte er die engen deutsch-britischen Beziehungen, zu der die Königin selbst maßgeblich beigetragen habe. Bei ihrem ersten Besuch in Berlin vor 50 Jahren habe sie im Englischen Garten hinter dem Schloss Bellevue eine junge Eiche gepflanzt, "welch ein schönes Sinnbild für die gewachsene und tief wurzelnde Freundschaft zwischen unseren Ländern", so Gauck. Die Königin habe auch die fortschreitende europäische Integration bezeugt. Ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Teilung des Kontinents stehe die EU vor großen Herausforderungen, die nach einer handlungsfähigen Union verlangten. Deshalb sei ein konstruktiver Dialog über die von Großbritannien angestrebten Reformen unerlässlich. "Deutschland wird diesen Dialog als guter Partner unterstützen", versprach Gauck und fügte hinzu: "Denn Großbritannien ist Teil Europas. Und die Europäische Union braucht Großbritannien."
Die Queen bedankte sich bei Bundespräsident Gauck und den Deutschen für den herzlichen Empfang. "Ich würdige die Leistung der deutschen Staatsmänner, die Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg neu erfunden und Europa mit wiederaufgebaut haben", sagte sie. Großbritannien zähle sich seit 1945 zu den engsten Freunden Deutschlands in Europa. Seit der Wiedervereinigung habe es für beide Länder viel zu feiern gegeben. Man habe erlebt, wie schnell sich die Dinge zum Guten wenden könnten, so die Königin, die mahnend hinzufügte: "Wir wissen aber auch, dass wir uns ernsthaft anstrengen müssen, die positiven Veränderungen in der Welt seit dem Krieg zu erhalten. Wir wissen, dass Spaltung in Europa gefährlich ist und dass wir uns davor in Acht nehmen müssen, im Westen wie auch im Osten unseres Kontinents."
Am Donnerstag, dem zweiten Tag ihres Deutschlandbesuchs werden die Queen und Prinz Philip im Beisein von Bundespräsident Gauck und seiner Partnerin einen Abstecher nach Frankfurt am Main machen. In der Paulskirche werden sie sich über die Anfänge der parlamentarischen Demokratie in Deutschland informieren und anschließend im Rathaus Römer gemeinsam mit Spitzenvertretern aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft Mittag essen.
Nach rund vier Stunden fliegt die Queen wieder zurück nach Berlin, wo sie am Abend
Ehrengast bei einer Gartenparty des britischen Botschafters sein wird.