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Die slowakische Parlamentswahl wird spannend

12. Juni 2010

Die Slowaken könnten bei der Parlamentswahl am Samstag für einen Regierungswechsel sorgen. Nach Umfragen dürften die regierenden Sozialdemokraten stärkste Kraft bleiben, aber die Mehrheit verlieren.

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Ein Wahlkampfstand in der slowakischen Hauptstadt Bratislava (Foto: DW)
Ein Wahlkampfstand in der slowakischen Hauptstadt BratislavaBild: DW/Rob Cameron

Rund 4,2 Millionen Wahlberechtigte in der Slowakei sind an diesem Samstag (12.06.2010) aufgerufen, ein neues Parlament zu bestimmen. Sie können ihre Stimme zwischen 07.00 und 22.00 Uhr MESZ abgeben. Mit ersten Auszählungsergebnissen wird rund eine Stunde nach Schließung der Wahllokale gerechnet.

Fast während der gesamten vierjährigen Amtszeit haben der slowakische Regierungschef Robert Fico und seine Partei Smer alle Umfragen souverän angeführt. Doch im Wahlkampffinale hat ein lockeres Bündnis von fünf oppositionellen Mitte-Rechts-Parteien dramatisch aufgeholt. Einzelne Umfragen sehen die bürgerlichen Parteien gar schon knapp vorn. Das lockere Bündnis ist mit dem Versprechen angetreten, einen wirtschaftlichen Reformkurs einzuschlagen und den Haushalt zu sanieren.

Ärmstes Land der Eurozone

Die Slowakei ist das ärmste Land der Eurozone. Im vergangenen Jahr brach das Bruttoinlandsprodukt um 4,7 Prozent ein, die Arbeitslosenquote ist mit 12,5 Prozent so hoch wie seit fünf Jahren nicht mehr. Die Gesamtverschuldung ist mit 35,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zwar wesentlich geringer als bei anderen Mitgliedern der Eurozone, aber zuletzt rasant gestiegen.

Der slowakische Regierungschef Robert Fico (Foto: EU-Kommission)
Der slowakische Regierungschef Robert Fico (Foto: EU-Kommission)Bild: EU

Fico selbst liegt zwar mit Vertrauenswerten von mehr als 40 Prozent noch immer weit vor allen Konkurrenten, von denen niemand auch nur 20 Prozent erreicht. Aber seine Partei ist in den Umfragen bereits deutlich unter 40 Prozent gefallen. Schuld daran sind die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, aber auch Skandale bei der Vergabe von Staatsaufträgen an mutmaßlich befreundete Firmen.

Konkurrenten auch in der Opposition

Die Unsicherheitsfaktoren für die Opposition sind aber groß: Zu ihnen gehören gleich zwei miteinander konkurrierende Parteien der ungarischen Minderheit, die zehn Prozent der Bevölkerung ausmacht. Sie könnten sich gegenseitig so viele Stimmen wegnehmen, dass sie schlimmstenfalls beide unter die Fünf-Prozent-Hürde fallen.

Auch ist schwer berechenbar, ob die neu gegründete rechtsliberale Partei Freiheit und Solidarität SaS ihre Umfragewerte von mehr als zehn Prozent bei der Wahl tatsächlich erreicht. Haarscharf an der Fünf-Prozent-Hürde liegen auch die beiden rechtspopulistischen Kleinparteien SNS und HZDS, die bisher mit Ficos Sozialdemokraten eine Koalition bildeten. Ihnen wird Korruption vorgeworfen.

Ex-Ministerpräsident Dzurinda bei der Stimmabgabe vor vier Jahren (Foto: AP)
Ex-Ministerpräsident Dzurinda bei der Stimmabgabe vor vier JahrenBild: AP

Unter Druck geriet aber auch die bisher stärkste Oppositionspartei, die christlich liberale SDKU von Ex-Premier Mikulas Dzurinda (1998-2006). Wegen eines von Fico aufgedeckten Parteifinanzierungsskandals musste Dzurinda mitten im Wahlkampf seiner Stellvertreterin Iveta Radicova als neuer Spitzenkandidatin Platz machen und blieb nur mehr Parteichef. Die Ex-Sozialministerin Radicova gilt selbst aber als unbelastet. Sie könnte die erste Frau an der Spitze einer slowakischen Regierung werden.

Populismus im Wahlkampf

Radicova verzichtet auf dem Weg zur Macht nicht auf populistische Argumente: Mit den Worten "Warum sollen die armen Slowaken für die viel reicheren Griechen die Zeche zahlen?" zieht sie gegen die Beteiligung der Slowakei an der Hilfe für die Hellenen zu Felde. Die Slowakei hatte die europäische Gemeinschaftswährung erst 2009 eingeführt und steht jetzt als Euro-Land beim Rettungspaket mit in der Pflicht.

Autor: Reinhard Kleber (dpa, rtr)
Redaktion: Michael Wehling