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Politik

Die SPD auf dem Weg zur nächsten Groko?

24. November 2017

Nach nächtlichen Beratungen der Parteispitze scheint die Bereitschaft der Sozialdemokraten deutlich gewachsen zu sein, es noch einmal mit CDU und CSU zu versuchen. Aber es gibt auch weiter Kritiker einer solchen Lösung.

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Bundesaußenmminister Sigmar Gabriel und Justizminister Heiko Maas (Foto: picture-alliance/dpa/O. Dietze)
Würden sich einer weiteren Groko nicht verschließen: Außenminister Gabriel (r.) und Justizminister Maas (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/O. Dietze

In der SPD mehren sich die Stimmen, notfalls zum dritten Mal seit 2005 - und damit zum vierten Mal seit Bestehen der Bundesrepublik - ein Bündnis mit CDU und CSU einzugehen. "Die SPD kann sich auch nicht wie ein trotziges Kind verhalten", sagte Justizminister Heiko Maas. Auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil sagte in der Nacht nach achtstündigen Beratungen der SPD-Führung, gemeinsam habe man Hinweise von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgewertet: "Die SPD wird sich Gesprächen nicht verschließen." Heil erklärte, man warte nun die Beratungen von Steinmeier mit den Fraktionsvorsitzenden der Parteien in der kommenden Woche sowie das weitere Verfahren ab, das der Bundespräsident vorschlagen werde.

"Es hat niemand Schulz den Rücktritt nahegelegt"

Nach Heils Darstellung lief die mehrstündige Spitzenrunde im Willy-Brandt-Haus, an der auch Ex-Parteichef, Bundesaußenminister und Groko-Befürworter Sigmar Gabriel und mehrere Ministerpräsidenten teilnahmen, sehr sachlich und konstruktiv ab. "Die SPD-Führung ist da eng beieinander." Zuvor hatten Heil und Maas Rücktritts-Spekulationen um den Parteivorsitzenden Schulz zurückgewiesen. Der gescheiterte Kanzlerkandidat, der nach dem Absturz bei der Wahl auf historisch schlechte 20,5 Prozent mehrfach eine große Koalition ausgeschlossen hatte, steht parteiintern stark unter Druck. "Es hat in dieser Runde niemand Martin Schulz den Rücktritt nahegelegt, es hat niemand sich selbst vorgeschlagen als Gegenkandidat für den Parteitag, und Martin Schulz hat seinen Rücktritt auch nicht angeboten", sagte Maas im ZDF. Man könne den Sozialdemokraten nicht parteitaktische Motive vorhalten. Union und SPD hätten bei der Wahl zusammen rund 14 Prozentpunkte weniger erhalten. Man könne nicht ständig in einer solchen Konstellation regieren, dadurch würden die politischen Ränder wachsen, wie man am Erfolg der AfD sehe.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und SPD-Chef Martin Schulz (Foto: picture-alliance/dpa/Bundesregierung/J. Denzel)
Alte Genossen im Klärungsprozess: Bundespräsident Steinmeier (l.) und SPD-Chef Schulz Bild: picture-alliance/dpa/Bundesregierung/J. Denzel

Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil nahm Schulz in Schutz. Dieser genieße "unverändert einen sehr hohen Zuspruch in der SPD-Mitgliedschaft", sagte Weil den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Das wird in der Berliner Blase aus Politikern und Journalisten oft übersehen."

SPD-Parteitag in zwei Wochen soll entscheiden

Noch am Montag, wenige Stunden nach dem Abbruch der Jamaika-Verhandlungen von CDU, CSU, FDP und Grünen, hatte die SPD-Führung einstimmig ihr am Wahlabend verkündetes Nein zu einer Groko bekräftigt und in Richtung Neuwahlen tendiert. Daraufhin waren viele Bundestagsabgeordnete auf die Barrikaden gegangen, die keine Neuwahl wollen, bei der sie ihren gerade erst errungenen Platz im Parlament wieder verlieren könnten. Nun liege es vor allem an Schulz, die Partei auf einen möglichen Kursschwenk vorzubereiten und dies der Basis zu vermitteln, hieß es.

In zwei Wochen findet in Berlin ein dreitägiger SPD-Bundesparteitag statt. Spätestens dann soll der Partei eine Art Roadmap vorgelegt werden, wie "ergebnisoffen" Gespräche über eine Regierungsbildung zum Wohle des Landes geführt werden könnten. Eine enge Einbeziehung der Mitglieder sei dabei zwingend erforderlich. Maas betonte, es liege nun an den Gremien der SPD, ob die Partei die bisherige Haltung "korrigieren will, ob sie Gespräche führen will".

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner (Foto: picture-alliance/dpa/M. Scholz)
Er bleibt ein Gegner einer weiteren Koalition mit CDU und CSU: Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Stegner Bild: picture-alliance/dpa/M. Scholz

In der SPD wird neben einer erneuten große Koalition auch die Möglichkeit diskutiert, eine ausschließlich mit Unions-Ministern besetzte und von Kanzlerin Angela Merkel angeführte Minderheitsregierung zu tolerieren. Zuletzt äußerte sich in dieser Richtung der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner, der zum linken Parteiflügel gerechnet wird. Er warnte die SPD davor, von der Absage an eine große Koalition abzurücken. Eine Änderung der Parteibeschlüsse in dieser Frage sei ohne eine Beteiligung der Parteimitglieder nicht möglich, sagte Stegner der "Passauer Neuen Presse". Er sehe in der SPD keineswegs eine Stimmung für eine Groko. Die Entscheidung, die Oppositionsrolle zu wählen, sei richtig gewesen und in der Partei auf "außerordentlich große Zustimmung gestoßen". Seine Partei wünsche sich weder Neuwahlen noch eine große Koalition.

Juso-Kongress in Saarbrücken: "Hört die Signale!"

Mitten in der Diskussion um die Regierungsbildung kommt an diesem Freitag der SPD-Nachwuchs zu einem Bundeskongress in Saarbrücken zusammen. Zum Auftakt des dreitägigen Treffens der Jusos wird am Abend auch SPD-Chef Schulz erwartet. Nach dem Rückzug der bisherigen Vorsitzenden Johanna Uekermann wollen die Jusos außerdem die Nachfolge klären. Zur Wahl stellt sich der bisherige Vize Kevin Kühnert (28). Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl fordern die Jusos eine Erneuerung der SPD. Der Partei mangele es "erkennbar an Profil", sie befinde sich angesichts Wähler- und Mitgliederschwunds «in besorgniserregender Verfassung", heißt es in einem Grundsatzantrag des Vorstands. Der Antrag trägt den Titel "Hört die Signale!" Die Zeit sei "reif, einen neuen Gesellschaftsentwurf zu präsentieren".

sti/jj (dpa, afp)