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Rosa Luxemburg

Tillmann Bendikowski25. April 2014

Zwischen Kriegsbegeisterung und Skepsis: Wie haben die Deutschen den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren erlebt? Wir zeigen deutsche Schicksale 1914. Diese Woche: Rosa Luxemburg

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Rosa Luxemburg
Bild: picture-alliance / akg-images

Der Weltkrieg ist erst ein paar Wochen alt, da schreibt Rosa Luxemburg einem belgischen Freund von ihrem Entsetzen, dass die europäische Arbeiterbewegung die Katastrophe nicht verhindert hat: "Der Bankrott der Internationale ist ebenso vollständig wie er entsetzlich ist!" Viele Sozialisten haben sich jetzt an die Seite der eigenen Nation gestellt – und führen gegeneinander Krieg. Nach dessen Ende werde man mit diesen "Verrätereien" abrechnen, erwartet Luxemburg. Mehr könne sie aber nicht schreiben, "denn das Gefängnis kann mich jeden Augenblick verschlingen". Tatsächlich wartete das offizielle Kaiserreich geradezu darauf, die erklärte Pazifistin, prominente Journalistin und rhetorisch so brillante Sozialistin möglichst mundtot zu machen.

Schon seit Jahren hat Rosa Luxemburg öffentlich vor einen Krieg gewarnt, vor allem auf den Internationalen Sozialistenkongressen. Zugleich prangert sie immer wieder den Militarismus im eigenen Lande an, erst im Frühjahr 1914 steht sie spektakulär im Zentrum eines Verleumdungsprozesses, weil sie mit drastischen Worten die Misshandlung von Soldaten in der deutschen Armee angeprangert hat. Sie schafft Öffentlichkeit – und bald werden tausende solcher Übergriffe gemeldet. Für die Militärführung ist das höchst unangenehm, und konservative Kreise sprechen von einem "Sturmlauf der Sozialdemokratie gegen unser Heer".

Rosa Luxemburg undatiert
Bild: picture-alliance / maxppp

Doch Luxemburgs Arbeit bleibt erfolglos. Es kommt zum Krieg, und ihre SPD macht mit: Als die Partei im August 1914 den Kriegskrediten zustimmt und damit dem sogenannten "Burgfrieden" zustimmt, ist sie entsetzt. Dann aber setzt sie alles daran, die Entscheidung zu kritisieren und einen sozialistischen Widerstand gegen diesen Kriegskurs zu initiieren. Im März 1915 wird sie als Kriegsgegnerin wegen angeblichen Landesverrats inhaftiert, nur 1916 genießt sie fünf Monate in Freiheit, ehe sie wieder eingesperrt wird.

Erst das Kriegsende bringt ihr am 8. November 1918 die Freiheit. Jetzt ist für sie tatsächlich der Moment gekommen, mit den "Verrätern" von 1914 abzurechnen. Sie kämpft gegen die alte SPD für eine Räterepublik, und wird mit Karl Liebknecht Vorsitzende der neu gegründeten KPD. Im Januar 1919, erst gut zwei Monate in Freiheit, wird sie im Alter von 48 Jahren von rechtsradikalen Freikorpsoffizieren ermordet. Die populäre Stimme für ein sozialistisches Deutschland ist verstummt.