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Die Strippenzieher der iranischen Wirtschaft

Thomas Kohlmann18. Februar 2016

Sie tragen Namen wie "das Siegel des Propheten", doch sie sind nichts anderes als gigantische Profit-Center im Wirtschaftssystem des Gottesstaates. Mit religiösen Stiftungen kontrollieren Irans Eliten die Wirtschaft.

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Revolutionsgarden (Foto: FARS)
Bild: FARS

Jeder Reisende, der auf dem internationalen Flughafen von Teheran landet, wird zum Kunden der Iranischen Revolutionsgarden - ob er das will oder nicht. Denn die Elitetruppe der Islamischen Republik betreibt den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügt damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und See-Häfen im Land kontrollieren die Truppen der 'Sepah Pasdaran' Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern und sind niemandem Rechenschaft darüber schuldig, wie viele Güter in welchem Wert auf dem Schwarzmarkt landen und was sie einbringen.

Die "Armee der Wächter der Islamischen Revolution", ...

... so der offizielle Name, verfügt über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrolliert Irans strategisches Waffenarsenal und wird auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv.

Ihre Aktivitäten sind schwer zu fassen, nur selten berichten westliche Medien, wie etwa 2009 die BBC. Damals ging es um einen Acht-Milliarden-Dollar-Deal der Revolutionsgarden, um den südöstlichen Hafen Tschahbahar an das iranische Eisenbahnnetz anzubinden. Von dem Tiefseehafen am Golf von Oman bis zur Grenze nach Pakistan sind es weniger als 100 Kilometer, das rohstoffreiche Afghanistan liegt nur eine Tagesreise entfernt.

Federführend bei diesem strategischen Infrastrukturprojekt, wie bei vielen anderen milliardenschweren Investitionen auch, war Khatam-al-Anbia (zu deutsch: das Siegel des Propheten). Hinter dem frommen Namen verbirgt sich allerdings kein gemeinnütziger Zweck, sondern die Technologie-Holding der Revolutionsgarden. Ursprünglich Ende der 1980er Jahre zum Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg gegen den Irak ins Leben gerufen, konnten die Pasdaran unter einem aus ihren eigenen Reihen, unter Präsident Mahmud Ahmadinedschad, ihren wirtschaftlichen Einfluss massiv ausbauen.

Kommandeur-Tagung der Revolutionsgarden in Teheran (Foto: FARS)
Kommandeur-Tagung der Revolutionsgarden in TeheranBild: Fars

Mittlerweile sollen die Unternehmer in Uniform rund ein Drittel der Volkswirtschaft kontrollieren und das sei eine realistische Schätzung, sagt Iran-Experte Bahman Nirumand im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Es gibt natürlich keine genauen Statistiken und Daten darüber, aber das ist die vorherrschende Einschätzung, dass ein Drittel - vielleicht sogar mehr - der iranischen Wirtschaft in der Hand der Revolutionsgarden ist." Nach Schätzungen der Weltbank betrug die Wirtschaftsleistung des Landes 2014 mehr als 425 Milliarden US-Dollar - damit hätten die Geschäfte der Pasdaran ein Volumen von rund 140 Milliarden Dollar.

Unternehmer im Klerikergewand

Die iranische Wirtschaft wird aber nicht nur von den uniformierten Strippenziehern der Revolutionsgarden kontrolliert - es gibt auch religiöse Stiftungen, die von den schiitischen Top-Klerikern des Landes direkt gelenkt werden. Das Auswärtige Amt in Berlin schätzt, dass von den Eliten des Gottesstaates kontrollierte Gesellschaften insgesamt bis zu 80 Prozent der iranischen Wirtschaft beherrschen.

Niemand kennt den gesamten Umfang ihrer Geschäfte. Sie müssen ihre Bücher nicht offenlegen und keiner öffentlichen Instanz Rechenschaft ablegen. Als während der Präsidentschaft von Ahmadinedschad Milliarden verschwanden, hätten sich zwar viele Iraner gefragt, wo das viele Geld geblieben sei. Antworten hätten sie allerdings nicht bekommen, erinnert sich Bahman Nirumand. Korruption habe es auch unter dem Schah gegeben, so der in Berlin lebende Germanist und Publizist, "aber das waren kleine Taschendiebe im Vergleich zu denen, die heute Macht ausüben".

khatam.com Screenshot
Von der Raffinerie bis zum Staudamm: Im Internet präsentiert sich Khatam-al-Anbia als modernes UnternehmenBild: khatam.com

Eine große religiöse Stiftung ist als 'Setad' bekannt. Die laut Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters mehr als 90 Milliarden schwere "Hauptzentrale zur Durchsetzung der Befehle des Imans" wurde vom Gründer der Islamischen Republik Ayatollah Ruhollah Khomeini kurz vor seinem Tod 1989 ins Leben gerufen. Ursprünglich war sie vom Revolutionsführer als eine Art Clearingstelle für den Immobilienbesitz von emigrierten oder enteigneten Schah-Anhängern zur Unterstützung von Armen und Bedürftigen angelegt. Seitdem wurde die Setad zu einem der einflussreichsten Unternehmen des Landes umgebaut, das dem 'Obersten Führer' des Iran direkt unterstellt ist.

Wer profitiert vom Ende der Sanktionen?

Ayatollah Ali Chamenei kontrolliert seit 1989 das Setad-Imperium, das laut Reuters im Finanzbereich, in der Öl- und Telekomindustrie genauso mitmischt, wie auf dem Markt für Anti-Baby-Pillen oder in der Straußenzucht. Auf der jüngsten Sanktionsliste der USA war das Setad-Konglomerat mit zahlreichen Unternehmensteilen vertreten. Damit wollte die US-Regierung unmittelbar die wirtschaftlichen Interessen der iranischen Führung treffen. Denn nach den Worten des US-Finanzministeriums ist Setad keine harmlose Stiftung, sondern ein "gigantisches Netzwerk von Tarnfirmen, die im Auftrag der iranischen Führung Vermögenswerte beiseiteschaffen."

Logo der Holding Khatam-al-Anbia
Logo der Holding Khatam-al-Anbia

Und so werden von der Aufhebung der westlichen Sanktionen wohl am meisten die milliardenschweren Unternehmen profitieren, die von den Eliten des Gottesstaates gelenkt werden. Bahman Nirumand hat zumindest die Hoffnung, dass die Bevölkerung nicht ganz leer ausgeht: "Auch das normale Volk wird etwas davon haben, weil wahrscheinlich der Handel mehr in Schwung kommen wird. Und dadurch werden die Händler und die Bazaaris im Iran und alle, die Dienstleistungen anbieten, vom Ende der Sanktionen profitieren."