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Alles dreht sich um die Türkei

17. März 2016

Kann die Türkei die Flüchtlingskrise lösen? Darf sie im Gegenzug der EU ein Stück näher treten? Der Gipfel in Brüssel sucht Antworten auf diese Fragen. Die Opposition in Berlin befürchtet einen "schmutzigen Deal".

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Symbolbild EU Türkei Beitritt
Bild: picture-alliance/dpa/C. Petit Tesson

Die Europäische Union bereitet sich einem aktualisierten Vertragsentwurf zufolge darauf vor, zusammen mit der Türkei so bald wie möglich eine Entscheidung über die Eröffnung neuer Kapitel bei den Beitrittsverhandlungen zu treffen. Dies geht aus einem am späten Mittwochabend veröffentlichten Entwurf hervor. Wie in Brüssel weiter zu hören war, werden die 28 EU-Staats- und Regierungschefs jenen Entwurf zu Beginn ihres zweitägigen Gipfels besprechen, bevor dann am Freitag der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu dazukommt.

Zypern will nicht

Aber es gibt EU-interne Hindernisse: Bisher stemmt sich Zypern gegen Beitrittsgespräche zwischen der Türkei und der EU. Ankara erkennt Zypern völkerrechtlich nicht an und hat seit 1974 den nördlichen Teil der Insel besetzt. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, die Spannungen zwischen Zypern und der Türkei müssten beseitigt werden, um eben auch ein Flüchtlingsabkommen schließen zu können.

Die Türkei hat angeboten, alle in Griechenland ankommenden Migranten zurückzunehmen, will im Gegenzug aber unter anderem deutlich schnellere Beitrittsverhandlungen zur EU. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich diesbezüglich skeptisch: "Momentan ist die Türkei nicht beitrittsreif. Und ich glaube, das wird sie auch in zehn Jahren nicht sein."

Das Thema beherrschte auch die Regierungserklärung, die Bundeskanzlerin Angela Merkel am Vortag des Gipfels in Berlin abgab. Das Treffen in Brüssel könne eine "entscheidende Wegmarke" werden, so Merkel. Die Bedenken der vielen Kritiker eines Abkommens mit der Türkei wies die Regierungschefin zurück. Es gehe um einen Ausgleich der Interessen, der "unseren Werten entspricht", sagte Merkel.

Europaparlament Jean-Claude Juncker
Skeptisch: Jean-Claude Juncker, EU-KommissionspräsidentBild: picture-alliance/epa/P. Seeger

Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte der EU beim Gipfel Anfang März vorgeschlagen, den Flüchtlingsstrom nach Griechenland zu stoppen und Migranten zurückzunehmen. Im Gegenzug will die Regierung in Ankara eine schnellere Visa-Liberalisierung, die Eröffnung neuer Beitrittskapitel und mehr finanzielle Hilfe zur Versorgung von Flüchtlingen. Vorgesehen ist, dass für jeden illegal in die EU eingereisten Syrer, der von der Türkei zurückgenommen wird, ein Syrer aus einem der türkischen Flüchtlingslager aufgenommen wird.

Regierungserklärung Angela Merkel
Vor dem Gipfel: Angela Merkel, BundeskanzlerinBild: Reuters/H. Hanschke

Die Kanzlerin versuchte im Bundestag, auch auf andere Art den Kritikern des Türkei-Deals den Wind aus den Segeln zu nehmen. Die Eröffnung neuer Kapitel ändere nichts daran, dass die Beitrittsverhandlungen ergebnisoffen geführt würden, sagte Merkel. "Schon daraus folgt, dass der Beitritt der Türkei zur EU jetzt wirklich nicht auf der Tagesordnung steht." Merkel widersprach auch Befürchtungen etwa der CSU vor negativen Folgen einer Visafreiheit und erinnerte daran, dass diese bereits im November 2015 von allen EU-Staaten beschlossen wurden. Die Türkei müsse alle von der EU gesetzten Bedingungen vollständig erfüllen, wenn sie eine Visafreiheit schon im Juni wolle.

Türkei warnt vor einem Scheitern

Die Türkei warnte die EU davor, dass Zypern das geplante Flüchtlingsabkommen infrage stellen könnte. "Wenn man einen Schritt zu einer Lösung gemacht hat, wenn ein Abkommen über ein ganzes Paket erreicht wurde, sollte man nicht zulassen, dass dies durch die Laune eines EU-Mitglieds ruiniert wird", sagte der Minister für EU-Angelegenheiten, Volkan Bozkir, in einem TV-Interview.

Die Opposition in Berlin sprach unterdessen von "Schulterschluss mit einem Despoten" im Hinblick auf die Rolle des türkischen Präsidenten Recip Tayep Erdogan. "Menschenrechte dürfen nirgends und niemals auf dem Verhandlungstisch liegen", sagte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch. Und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter betonte: "Unser Ziel muss eine europäische Lösung bleiben, die das individuelle Recht auf Asyl bewahrt." Hofreiter warnte: "Es droht uns ein schmutziger Deal."

ml/fab (dpa, rtr, AFP)