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Politik

Die unscheinbaren muslimischen Helfer im Syrienkrieg

24. April 2018

Syrien, Jemen, Irak: Angesichts der Konflikte in der arabischen Welt wächst die Bedeutung islamischer Hilfsorganisationen. Bei der UN-Geberkonferenz für Syrien gehören sie zu gefragten Kooperationspartnern.

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Syrien Aga Khan Development Network
Bild: AKDN/Ali Shaheen

Sie stehen im Schatten der großen Geber. Ihre Namen und Kampagnen sind nicht bekannt. Und doch wächst ihre Bedeutung. Islamische Hilfsorganisationen wie Islamic Relief Worldwide, die Aga Khan Stiftung oder Zakat Foundation gehören zu den mehr als 200 Nichtregierungsorganisationen, die bei der UN-Geberkonferenz für Syrien am 24. und 25. April in Brüssel vertreten sind.

Nicht nur in den USA und Großbritannien, auch in Deutschland sammelt die muslimische Community Spendengelder für Kriegsopfer in Syrien, im Jemen und im Irak. "Die deutsche Regierung ist sicherlich froh, dass es uns gibt", glaubt Nuri Köseli, Sprecher von Islamic Relief Deutschland in Köln. "Wir haben in Syrien viel aufgebaut."

Jordanien syrische Flüchtlinge in Zaatari
Auf Jobsuche: Zwei Syrerinnen auf dem Weg zur Registrierung im jordanischen Flüchtlingslager Zaatari Bild: AFP/Getty Images

Muslimische Nächstenliebe

Prothesen für Schwerverletzte und Kriegsopfer, medizinische Versorgung in syrischen Krankenhäusern und Hilfe für Binnenflüchtlinge im Norden Iraks - die Arbeit von Islamic Relief Deutschland hat sich seit der Gründung 1996 professionalisiert und wird ebenfalls mit Zuschüssen der Bundesregierung finanziert.

Zwischen 2013 und 2017 stellte das Auswärtige Amt nach eigenen Angaben rund 8,45 Millionen Euro für vier humanitäre Projekte von Islamic Relief Deutschland zur Verfügung. Schwerpunkt war die medizinische Grundversorgung in Syrien sowie die Unterstützung von Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen.

Das Entwicklungsministerium unterstützte zwischen 2013 und 2016 ein Projekt zur Rehabilitation und Prothesenversorgung von Schwerverletzten in Jordanien, darunter auch viele syrische Flüchtlinge, mit rund 1,4 Millionen Euro. Seit 2012 ist Islamic Relief zudem Mitglied von"Aktion Deutschland hilft", einem Bündnis von 14 deutschen Hilfsorganisationen.

Islamic Relief Deutschland in der Syrienhilfe
Das Auswärtige Amt und Islamic Relief finanzieren die medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung in SyrienBild: Islamic Relief Deutschland e.V.

Großer Nachholbedarf

Im Vergleich zu den Mitteln, die auf der UN-Konferenz für Syrien eingeworben werden sollen, scheinen die Projektmittel von Islamic Relief Deutschland auf den ersten Blick eher gering. UN-Flüchtlingskommissar Filippo Grande veranschlagte im Vorfeld des Gipfels die nötige Hilfe für Syrien und die Nachbarländer allein für 2018 auf mehr als vier Milliarden Euro.

Deutschland leistet dazu seit Jahren einen beachtlichen Anteil. Nach Angaben des Auswärtigen Amtes beträgt die gesamte humanitäre Hilfe der Bundesregierung im Kontext der Syrien-Krise seit 2012 insgesamt 2,165 Milliarden Euro. Die meisten Gelder werden über die Vereinten Nationen und ihre Unterorganisationen wie das Welternährungsprogram (WFP) und das Flüchtlingskommissariat UNHCR verteilt.

Doch auf internationaler Ebene holt die islamische Community auf. So hat die Aga Khan Stiftung, einer der größeren Player für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit, kürzlich angekündigt, ihre Hilfe für Syrien bis 2020 von 50 Millionen auf 200 Millionen Dollar aufzustocken.

Islamic Relief Wordwide unterstützt die Opfer des Syrienkrieges seit 2011 mit rund 273 Millionen Euro. Zu den Kooperationspartnern des Dachverbandes gehören das britische und schwedische Entwicklungsministerium, die EU und UN-Organisationen, aber auch die wegen ihrer religiösen und politischen Ausichtung umstrittenen Organisationen "King Salman Humanitarian Aid and Relief Centre" und "Organisation of Islamic Cooperation".

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Zwei Religionen, ein Ziel

Seit 2014 kooperiert Islamic Relief Worldwide mit dem Lutherischen Weltbund, der weltweiten Gemeinschaft lutherischer Kirchen bei der Betreuung von syrischen Flüchtlingen in Jordanien und bei der Nothilfe nach Naturkatastrophen wie dem Erdbeben 2015 in Nepal. Die christlich-muslimische Kooperation soll weiter ausgebaut werden.

"Unsere Projekte zeigen, dass Christen und Muslime erfolgreich zusammen arbeiten können", erklärt Maria Immonen, Direktorin der Projektabteilung beim Lutherischen Weltbund. Künftig sollten in Notsituationen auch Glaubensfragen mit berücksichtigt werden. Es werde oft übersehen, wie wichtig diese seien.

Auch die Bundesregierung setzt auf diesen Trend. "Wir wollen Religion als Werteressource einbeziehen, und das nicht nur mit christlichen Akteuren machen, sondern auch mit muslimischen wie Islamic Relief", erklärt Ulrich Nitschke, der beim BMZ die Initiative  Werte, Religion und Entwicklung koordiniert. Die 2016 von Entwicklungsminister Gerd Müller gestartete Initiative soll weiter ausgebaut werden.

Die Religionsgemeinschaften hätten gegenüber staatlichen Akteuren einen großen Vorteil, sagt Experte Nitschke: "Sie sind vorher da, sie sind während der Krise da und nachher, wenn wir schon lange wieder weg sind. Wir gehen da mit der Nothilfe rein, dann sind wir wieder draußen. Die bleiben da. Der Imam kann nicht weglaufen."