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Politik

Die vergessenen Krisen in Afrika

10. Juni 2020

Menschenrechtsorganisationen warnen vor einer Zuspitzung der humanitären Krise in Afrika. Vor allem in der Sahelzone werden immer mehr bewaffnete Konflikte und Menschenrechtsverletzungen verzeichnet.

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Dürre in Niger
Konflikte und Terror sind nicht die einzigen Gefahren: Dürre in Niger (Archiv)Bild: Getty Images/AFP/I. Sanogo

Der Norwegische Flüchtlingsrat (NRC) hat der internationalen Gemeinschaft vorgeworfen, die Flüchtlingskrisen in Afrika zu übersehen. Afrika stehe bei den weltweit "am meisten vernachlässigten Krisen" erneut im Fokus. Im jährlichen Ranking der vergessenen Krisen des NRC liegen neun der zehn aufgeführten Länder in Afrika, mit einer deutlichen Fokussierung auf dem Sahel. Mit Burkina Faso und dem Niger seien zwei Länder der Region erstmals in der Rangliste.

Dass die Sahelzone derart stark vertreten ist, liege vor allem an politischem und diplomatischem Unvermögen, schwachen Hilfsprojekten und geringer medialer Aufmerksamkeit. Die Notrufe aus den afrikanischen Staaten fielen oft "auf taube Ohren", beklagte NRC-Generalsekretär Jan Egeland. Die Lage in den afrikanischen Ländern werde sich durch die Corona-Pandemie weiter verschärfen. Mehr denn je seien die von Konflikten erschütterten Menschen in den Krisenregionen auf internationale Solidarität angewiesen, damit ihnen durch Ausbreitung des Coronavirus "nicht noch mehr unerträgliches Unglück" aufgebürdet werde, betonte der Norwegische Flüchtlingsrat.

Verbrechen durch Soldaten im Sahel

Fast zeitgleich hat Amnesty International eindringlich auf Menschenrechtsverletzungen durch Soldaten in der afrikanischen Sahelzonehingewiesen. Randalierende Soldaten in Mali, Niger und Burkina Faso seien für den Tod sowie das Verschwinden von mindestens 199 Menschen zwischen Februar und April verantwortlich.

Französischer Soldat in Burkina Faso
Trotz europäischer Hilfe: Keine Sicherheit in Burkina FasoBild: picture-alliance/dpa/Maxppp/P. de Poulpiquet

In Mali, wo die Bundeswehr im Rahmen der europäischen Traningsmission EUTM an der Ausbildung von Soldaten beteiligt ist, berichteten Augenzeugen von regelrechten Überfällen der Armee auf zwei Dörfer. Dabei seien 23 Bewohner ohne Prozess getötet und weitere 27 festgenommen und verschleppt worden. Während die Bevölkerung geflohen sei, hätten Soldaten den Markt geplündert. In Burkina Faso hätten Anti-Terroreinheiten in einem einzigen Fall 31 Menschen verhaftet und erschossen. In Niger verschleppten Soldaten dem Bericht zufolge mehr als 100 Besucher eines Marktes an einen unbekannten Ort.

Keine Entspannung in Sicht

Amnesty fordert die Regierungen der drei Länder auf, bei Militäroperationen das Völkerrecht einzuhalten, außergerichtliche Hinrichtungen sowie willkürliche Verhaftungen zu beenden und mutmaßliche Täter aus den Reihen der Sicherheitskräfte zu bestrafen. "In der Sahelzone ist die Bevölkerung zwischen Angriffen bewaffneter Gruppen und laufenden Militäreinsätzen gefangen", erklärte die Amnesty-Direktorin für West- und Zentralafrika, Samira Daoud. Das wahre Ausmaß der Verstöße durch die Armeen sei unbekannt.

Wrack eines Selbstmordattentats im nigerianischen Agadez
Wrack eines Selbstmordattentats im nigerianischen Agadez (Archiv)Bild: AFP/B. Hama

Die Sicherheitslage im Sahel spitzt sich seit Jahren zu. In Mali, Niger und Burkina Faso verüben islamistische Gruppen inzwischen mehrfach wöchentlich Anschläge. Verschärft wird die Lage dadurch, dass die zu Al-Kaida und dem "Islamischen Staat" gehörenden Extremisten gegeneinander kämpfen. Beide sind zudem in kriminelle Geschäfte wie den Schmuggel mit Waffen und Drogen verwickelt.

rb/cw (afp, dpa, epd, kna)