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Nachdenken über den Grexit

Barbara Wesel 17. Februar 2015

In der Sache gibt es im Schuldenstreit zwischen Griechenland und der Eurogruppe keine Annäherung. Der Ball liegt im Feld der Griechen, sagen die Finanzminister. Aus Brüssel berichtet Barbara Wesel.

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Schuldengespräche mit Griechenland gescheitert - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am 16.02.2015 in Brüssel (Foto: picture alliance/ZUMA press)
Bild: picture alliance/ZUMA Press/Dabkowski

Nach der gescheiterten Sitzung der Eurogruppe ist die Stunde der Analysten gekommen: Finanzmarktbeobachter registrieren am Morgen Verluste von vier Prozent an der griechischen Börse. Wirtschaftsjournalisten entwickeln das Szenario, dass es zum "Grexit by accident" kommen könnte - das heißt, Griechenland könnte sich politisch so in die Ecke manövriert haben, dass es ohne direkte Absicht in den Euroausstieg schlittert. Wenn das geschieht, dürfte die Regierung Tsipras darüber stürzen, vermuten die Beobachter.

Es werden auch bereits Rechnungen aufgemacht, was dieser Fall der Fälle kosten könnte. Das Risiko für Deutschland wird dabei mit bis zu 80 Milliarden Euro beziffert, falls Athen sich entschlösse, seine Zahlungen einzustellen - oder falls es zahlungsunfähig würde, weil die Europäische Zentralbank (EZB) den Geldhahn zugedreht, und die neue Regierung die Brücken zu den internationalen Geldgebern verbrannt hätte. Bis Ende März werden allein vier Milliarden Euro an Rückzahlungen und Umschuldungen fällig - der Tag X mit dem drohenden Bankrott ist also nicht mehr weit. Auch andere EU-Staaten, etwa Frankreich, Italien und die Niederlande, würden im Falle einer Griechenlandpleite für große zweistellige Milliardenbeträge haften, je nach ihrer Wirtschaftskraft. Gerade für Paris und Rom wäre das ein schwerer Schlag.

Die Eurogruppe steht geschlossen

Dennoch wehrt die Eurogruppe nach wie vor geschlossen die griechische Forderung ab, den Athener Haushalt ohne Spar- und Reformauflagen neu zu finanzieren. Davon geht jedenfalls Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble aus, der den Trubel in Brüssel mit der Gelassenheit beobachtet, die dem dienstältesten Mitglied der Gruppe zusteht. Er weigert sich allerdings, "Was wäre wenn"-Fragen etwa nach dem Grexit zu beantworten: "Keiner hat verstanden, was die Griechen wirklich wollen, vielleicht wissen sie es selber nicht."

Und dann hagelt es spöttische Seitenhiebe gegen den Kollegen Yanis Varoufakis: Es sei nicht deutlich, "ob er überhaupt ein Mandat habe zu verhandeln oder ob die Treffen nur erweiterte Telefonkonferenzen" seien. Damit bezieht sich Schäuble auf die am vergangenen Mittwoch in letzter Minute zurückgezogene Vereinbarung. Und zu den Grundsatzvorträgen über europäische Wirtschaft, die Varoufakis seinen erfahrenen Kollegen wiederholt gehalten haben soll, merkt der Deutsche an: "Bisher ist er nicht sehr wirkungsvoll dabei, andere zu überzeugen. Aber warum soll er nicht der Meinung sein, dass es bessere Wege gibt, wenn er ein so bedeutender Ökonom ist." Der Grieche hat durch seine Belehrungen erkennbar die Spottlust der Kollegen herausgefordert.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis in Berlin am 05.02.2015 (Foto: Reuters)
Spöttische Vorhaltungen: Schäuble und VaroufakisBild: Reuters/F. Bensch

Die Positionen sind unverändert

Und in der Sache bleibt der Bundesfinanzminister hart: Das laufende Hilfsprogramm, aus dem noch knapp sieben Milliarden Euro zu zahlen wären, muss vor seinem Ablauf verlängert werden. Schon bisher habe Griechenland die mit den Finanzhilfen verbundenen Auflagen nie hundertprozentig erfüllt. Und die Eurogruppe habe dennoch immer wieder Entgegenkommen gezeigt. Es gebe jetzt keinen anderen Weg, als das Programm zu verlängern, mit gewissen Kompromissen bei der Umsetzung, so Wolfgang Schäuble. Die Solidarität in Europa beruhe auf freiwilligen Vereinbarungen der Mitgliedsländer. Und da müssten Regierungen eine Mehrheit davon überzeugen, dass es eine gute Idee sei, Griechenland noch mehr Geld zu geben. Demokratie gebe es schließlich nicht nur in Athen. Das alles führe dazu, dass die Lage für Griechenland und für Europa sehr schwierig sei.

Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem hatte den kommenden Freitag als Frist genannt, bis zu der die Regierung in Athen einen Verlängerungsantrag stellen müsse. Bis Mittwochabend müsste dieser Wunsch aus Athen schriftlich in Brüssel eingegangen sein, damit die Minister eine Sondersitzung am 20. Februar einberufen können. Der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling hält ein Treffen notfalls auch noch Anfang nächster Woche für möglich. Und Wolfgang Schäuble fügte hinzu, der 27. Februar sei das letzte Datum, an dem der Deutsche Bundestag einer Verlängerung der Griechenlandhilfen zustimmen könne.

Symbolbild: Griechenland nach der Wahl (Foto: picture alliance/dpa)
Bleibt Griechenland im Euro?Bild: picture-alliance/dpa/U. Deck

Aus Athen kam dann am Abend die Meldung, die Regierung wolle die Eurogruppe am Mittwoch um eine Verlängerung nur des Kreditabkommens um sechs Monate bitten - nicht also des gesamten Hilfspogramms mit seinen Reformauflagen.

Ebenfalls am Mittwoch spricht EZB-Chef Mario Draghi und mit Vertretern der Athener Regierung über die weitere Finanzierung der griechischen Banken mit Nothilfekrediten. Er hat das ultimative Mittel der Erpressung in der Hand: Dreht Draghi den Hahn zu, ist es eine Frage weniger Wochen, bis griechische Banken ohne Geld dastehen. Insgesamt entsteht der Eindruck, dass die Euroländer nicht mehr bereit sind, jeden Preis zu zahlen, um Griechenland in der Gemeinschaftswährung zu halten.