DR Kongo: Wer ist der Wahlsieger?
10. Januar 2019Sichtlich erschöpft aber glücklich tritt Félix Tshisekedi am Mittwochmorgen vor die Presse: "Niemand hätte sich ein solches Drehbuch vorstellen können, das den Sieg eines Oppositionskandidaten besiegeln würde", sagt er. Er wolle die Gelegenheit ergreifen, die Wahlkommission zu würdigen, die trotz aller Drohungen ihre Arbeit mit Anstand erledigt habe. Die Wahrheit habe aus den Wahlurnen gesprochen. Er - Félix-Antoine Tshisekedi - wolle der "Präsident aller Kongolesen" sein. Doch wer ist der Mann, der das zentralafrikanische Land künftig führen soll - und dessen Wahl nicht unumstritten ist?
Félix Tshisekedi: Träger eines berühmten Nachnamens
Der 55-jährige Félix-Antoine Tshisekedi ist das dritte von fünf Kindern des charismatischen Oppositionsführers Étienne Tshisekedi,der am 1. Februar 2017 in Brüssel starb. Vater Étienne hatte bereits 2011 versucht, den bis heute amtierenden Präsidenten Joseph Kabila in einem Land herauszufordern, das noch nie zuvor einen friedlichen Machtwechsel erlebt hatte. Er scheiterte jedoch - angeblich aufgrund von Wahlmanipulationen.
Begonnen hat der Kampf der Tshisekedis gegen die Diktatur aber bereits 1982. Damals gründet Étienne Tshisekedi in Kinshasa seine "Union für Demokratie und sozialen Fortschritt" (UDPS). Hauptziel der Partei: der Kampf gegen die Diktatur von Mobutu Sese Seko.
Die Tshisekedis zahlen einen hohen Preis für ihre Überzeugungen: Wegen seiner politischen Aktivitäten wird Étienne Tshisekedi immer wieder verhaftet. Bereits kurz nach der Gründung der UDPS muss der junge Félix seine Ausbildung in Kinshasa abbrechen und seinem Vater in ein abgelegenes Dorf in der Provinz Kasai folgen, wohin ihn Mobutu verbannt hatte.
Exil in Belgien
Im Alter von 22 Jahren flieht Félix Tshisekedi schließlich mit seiner Mutter und seinen Brüdern ins belgische Exil. In Brüssel erhält er den Spitznamen "Fatshi", schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch und studiert Marketing und Kommunikation. Einen Abschluss des Studiums kann Félix allerdings nie wirklich nachweisen. Auch als politischer Aktivist macht er in Brüssel von sich reden: Mehrmals gerät er mit kongolesischen Regimeanhängern aneinander.
Félix Tshisekedis Beliebtheit hält sich - auch innerhalb der UDPS - lange in Grenzen. Kritisiert wird er vor allem dafür, dass er sichlange Zeit weigert, eine verantwortungsvolle Position innerhalb der Partei zu übernehmen. Doch im Schatten der Vaterfigur steigt Félix in den vergangenen Jahren schließlich alle Stufen innerhalb der UDPS hinauf. Im April 2018 wird Félix Tshisekedi auf einem Kongress im historischen Hauptquartier der Partei in Limete, eine der 26 Gemeinden von Kinshasa, zum Chef und Präsidentschaftskandidat der UDPS ernannt.
Tshisekedis Bündnispolitik
"Étienne war stur und stolz, Felix ist diplomatischer, versöhnlicher und aufmerksamer auf andere", sagt ein Kenner der kongolesischen Opposition, als Felix Tshisekedi seine Kandidatur ankündigt. Tatsächlich zeigt er sich kompromissbereit und schließt politische Bündnisse. Im Gegensatz zu seinem Vater verbündet er sich mit Vital Kamerhe, dem ehemaligen Präsidenten des Oppositionsbündnisses "Le Rassemblement", der 2011 noch selbst kandidiert hatte.
Zunächst tritt Tshisekedi auch einem Bündnis mit fünf anderen Oppositionspolitikern bei, die bei den Wahlen alle die Kandidatur von nur einem von ihnen - Martin Fayulu - unterstützen wollen. Doch gemeinsam mit Vital Kamerhe bricht der machtbewusste Tshisekedi die Vereinbarung im November wieder. Seine Anhänger sagen, er habe damit der "Basis" der UDPS nachgegeben, bei der das Bündnis-nicht gut angekommen war.
Wahlsieg mit Fragezeichen
Tshisekedi und Kamerhe beschließen, dass Tshisekedi kandidieren und Kamerhe seinen Wahlkampf leiten solle, um dann nach einem Wahlsieg Premierminister zu werden. Im Gegenzug soll 2023 Tshisekedi den Kandidaten von Kamerhes Partei als Präsidentschaftskandidaten unterstützen. Den Wählern versprechen sie, Korruption und Armut zu bekämpfen und das instabile Land zu befrieden, das immer noch von zahlreichen bewaffneten Konflikten erschüttert wird.
Nun, so scheint es, ist die Strategie aufgegangen. Laut Angaben der kongolesischen Wahlkommission CENI hat Tshisekedi die Wahl mit über sieben der gut 18 Millionen abgegebenen Stimmen (38,6 Prozent) gewonnen. Auf dem zweiten Platz landet laut offiziellen Angaben mit über sechs Millionen Stimmen der zweite Kandidat der Opposition, Martin Fayulu. Der Bewerber der Regierungspartei, der frühere Innenminister Emmanuel Ramazani Shadary, kommt demnach nur auf gut vier Millionen Stimmen. Doch es gibt Zweifel an der Echtheit der Resultate, unter anderem vonseiten der katholischen Kirche im Kongo.
Trotzdem soll Félix Tshisekedi bereits am 18. Januar offiziell als Präsident vereidigt werden - und würde damit erreichen, was seinem Vater nie gelang. Dessen sterbliche Überreste liegen nach wie vor in einer Leichenkammer in Brüssel. Für den Fall, dass Félix Tshisekedi tatsächlich das Präsidentenamt antreten wird, erwarten Beobachter ein baldiges Staatsbegräbnis für Vater Ètienne.
Mitarbeit: Saleh Mwanamilongo