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Flüchtlinge leiden unter Kälte

Stephanie Höppner13. Dezember 2013

Schnee, Matsch, Wind: Für viele syrische Flüchtlinge ist der plötzliche und heftige Wintereinbruch im Nahen Osten eine Katastrophe. Die Kälte hat Folgen für die Gesundheit und die hygienischen Bedingungen vor Ort.

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Syrische Flüchtlinge im Libanon (Foto: reuters)
Bild: Reuters

Durch die Zeltwand bläst der Wind, die Wege sind verschneit oder verschlammt. Der Wintereinbruch im Nahen Osten trifft die tausenden syrischen Flüchtlinge am härtesten. Eine für Donnerstag geplante UN-Luftbrücke musste wegen heftiger Schneefälle verschoben werden. Die nördliche Grenzregion sollte mit Decken und Zelten versorgt werden. Auch in den umliegenden Ländern leiden die Bürgerkriegs-Flüchtlinge aus Syrien unter dem harschen Wetter.

Während den Menschen in den Bergen und Hochtälern des Libanons der Schnee zu schaffen macht, kämpfen die Flüchtlinge in Jordanien mit Schlamm, Kälte und Feuchtigkeit. "Das Wasser ist so hoch – Decken, Matratzen, alles nass", sagt eine Bewohnerin des jordanischen Flüchtlingslagers Zaatrie dem Deutschlandfunk. "Meine Kinder haben gezittert vor Kälte." Ein Mann ergänzt: "Wir haben Wasser im Zelt, das ist furchtbar."

Frauke Riller vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR schätzt, dass im Flüchtlingslager Zaatrie etwa 100 Menschen in neuen Zelten untergebracht werden mussten. Das Hilfswerk verteilt Thermodecken und Geldkarten, mit denen Heizöfen und Brennstoff gekauft werden kann. Mit Wasserpumpen versuchen sie, die Teiche abzuschöpfen. Um die schlammigen Wege wieder passierbar zu machen, werden sie mit Kies aufgeschüttet.

Syrische Flüchtlinge in Jordanien werden mit Decken versorgt (Foto: AP)
Thermodecken für frierende FlüchtlingeBild: picture alliance/AP Photo

Bronchitis und Magen-Darm-Infekte

Die vielen Kinder – rund die Hälfte der Flüchtlinge ist unter 18 Jahre alt – leiden nach Einschätzung von Experten am meisten unter den Minustemperaturen und dem nasskalten Wetter. "Erst gestern habe ich viele Kinder mit ganz kalten Händen und roten Wangen gesehen", sagt Frauke Riller im DW-Interview. Die Folgen: Atemwegserkrankungen wie Bronchitis nehmen zu. Doch nicht nur das nasskalte Wetter macht den Menschen zu schaffen. Auch die hygienischen Bedingungen verschlechtern sich. Die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" fürchtet deshalb, dass auch Magen-Darm-Infekte vermehrt auftreten könnten. Am meisten betroffen sind Kleinkinder, Schwangere und alte Menschen.

Auch die Gefahr von Unfällen steigt. "In unseren Kliniken in Syrien zeigen die Menschen oft Brandverletzungen", sagt der Vorsitzende von "Ärzte ohne Grenzen", Tankred Stöbe. Die Wunden entstehen vor allem durch primitive selbst gebaute Öfen, die etwas Wärme in die kalten Behausungen bringen sollen.

Tankred Stöbe, Vorsitzender von Ärzte ohne Grenzen (Foto:dpa)
"Gefahr von Atemwegserkrakungen": Tankred Stöbe von "Ärzte ohne Grenzen"Bild: picture-alliance/dpa

Doch nicht nur in den Lagern leiden die Menschen unter dem plötzlichen Wintereinbruch. Flüchtlingsexpertin Riller schätzt, dass in Jordanien drei Viertel der Flüchtlinge außerhalb der schnell errichteten Zeltstädte in einfachen Behausungen leben. Viele Jordanier haben aus Hilfsbereitschaft ihre Garagen oder Keller für Flüchtlinge zu Verfügung gestellt. Manche schlagen aus der Notlage aber auch Kapital und vermieten die zugigen Räume für viel Geld. Andere Flüchtlinge schlafen in alten Schulgebäuden. Rund 480.000 Menschen haben so Zuflucht genommen.

Teures Flüchtlingsleben

"Es ist sehr teuer, außerhalb des Camps zu leben", sagt Flüchtlingsexpertin Riller. Die Menschen müssten neben der Miete auch für Strom und Wasser aufkommen. "Die Hilfe, die UNHCR leistet, reicht natürlich nicht aus, um diese Rechnungen zu begleichen." Viele sind also schlichtweg zu arm, um sich beheizte Räume leisten zu können. So geht es auch der geflüchteten Familie von Ikhlas Halawani, die in einer ehemaligen Schule in Jordaniens Hauptstadt Amman Unterschlupf gefunden hat. Eine Heizung gibt es nicht. Die Fenster sind undicht, die Räume wurden nach heftigen Regenfällen vor einigen Tagen überflutet. "Unser Geld reicht nicht mal mehr für Gasflaschen", erklärt er DW-TV. "Deswegen haben wir die Lebensmittelmarken verkauft, die wir vom Flüchtlingswerk bekommen, damit wir uns wenigstens Gas zum Kochen kaufen können."