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Beulenpest bei Dreijährigem in China

Gudrun Heise
30. September 2020

Ausgerottet ist die gefährliche Beulenpest nicht. Immer wieder stecken sich Menschen mit dem gefährlichen Bakterium an, so wie jetzt ein Dreijähriger in China. Nagetiere gelten als Überträger der Beulenpest.

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Bildergalerie "Rattenplage in Südgeorgien"
Bild: SGHT

Wie sich der Junge mit der Beulenpest angesteckt, ist unklar. Im Heimatdorf des Jungen, in Menghai in der südlichen Yunnan-Provinz, wurden offenbar tote Ratten gefunden, bei denen die Pest nachgewiesen werden konnte. Vor allem Nagetiere wie Ratten gelten als Überträger der Beulenpest, die auch unter der Bezeichnung "Schwarzer Tod" bekannt ist. Laut WHO kann man sich nicht nur bei Tieren infizieren. Demnach ist die Beulenpest auch von Mensch zu Mensch übertragbar.

Der Junge aus Menghai zeigt nur leichte Symptome. Die Behörden haben eine Quarantäne über das Gebiet nahe der Grenze zu Myanmar verhängt, um eine Ausbreitung der Seuche zu verhindern. Medizinisches Personal führt jetzt Kontrollen durch. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Menschen mit Fieber gelegt. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen und Erbrechen, aber auch Schüttelfrost und Fieber. Bei einigen Patienten kommt es auch zu Bewusstseinsstörungen. Ein weiteres sicheres Zeichen sind Schwellungen, die mit Eiter gefüllt sind.

Bildergalerie "Rattenplage in Südgeorgien"
Bild: SGHT

Noch nicht ausgerottet

In den letzten Jahren gab es aus verschiedenen Ländern wieder Nachrichten über Menschen, die sich mit dem "Schwarzen Tod" angesteckt hatten. Im Spätmittelalter wurde die gefährliche Bakterienerkrankung zum Inbegriff tödlicher Epidemien. Erst mit der Entdeckung der Antibiotika verlor sie ihren Schrecken. Aber es kommt dennoch immer wieder zu vereinzelten Fälle.  

Symbolbild Murmeltier
In der Mongolei gilt das Fleisch von Murmeltieren als DelikatesseBild: picture alliance/Arco Images/Sunbird Images

Anfang Juli 2020 sind drei Fälle von Beulenpest in der Mongolei aufgetreten und einer in der Inneren Mongolei (China). Am ersten Wochenende im Juli erkrankte in der nordchinesischen Provinz ein Hirte. Am Montag darauf in der Mongolei ein 15-jähriger Junge, der Murmeltier-Fleisch gegessen hatte, und bereits in der Woche zuvor waren zwei Menschen in der mongolischen Provinz Khovd erkrankt. 2019 war ein Ehepaar in der Mongolei nach dem Verzehr eines Murmeltieres sogar gestorben. 

Infizierte Tiere auf fast allen Kontinenten - aber nur wenige infizierte Menschen

Obwohl die Pest heutzutage gut medikamentös kontrollierbar ist, kommt es in bestimmten Weltregionen immer wieder zu Infektionen. Das liegt daran, dass der Erreger ein natürliches Reservoir in bestimmten Tieren hat. In Asien sind das etwa Murmeltiere, in den USA Präriehunde bzw. Erdhörnchen. Auch Katzen können sich als Zwischenwirt anstecken.

Weitere Endemiegebiete sind die Demokratische Republik Kongo und insbesondere Madagaskar. Auch in Peru, Bolivien und den USA ist es immer wieder zu Infektionen gekommen.

Infografik Beulenpest

Der Pesterreger kommt heute noch in Wildtierpopulationen im südlichen Afrika vor, in Nord- und Südamerika und in Russland und Asien. Meist sind Ausbrüche in diesen Weltregionen jedoch schnell eingegrenzt. Selten erreichen sie überhaupt niedrige zweistellige Infektionszahlen.

Sonderfall Madagaskar

Die ostafrikanische Insel Madagaskar ist einer der letzten Orte der Welt, in denen es immer wieder zu folgenschweren Pest-Ausbrüchen kommt. Die letzte schwere Epidemie hatte dort im August 2017 begonnen. Die Gesundheitsbehörden erklärten sie Ende November desselben Jahres für überstanden, gingen aber weiterhin vom Auftreten vereinzelter Fälle aus. Die Pest tritt dort üblicherweise saisonal zwischen September und April auf.

Iles eparses | Straßenszene in Madagaskar
Schlechte hygienische Bedingungen sind ein Grund für den Ausbruch der PestBild: picture-alliance/robertharding/C. Morucchio

Lungenpest-Ansteckung durch die Luft

Die Pest kann in verschiedenen Formen auftreten. Sie haben allerdings alle den selben Erreger: Das Bakterium Yersinia pestis.

Tritt die Erkrankung als Lungenpest auf, wie es in Madagaskar der Fall war, können sich die Menschen leicht untereinander anstecken. Aber die Lungenpest ist nicht so hochinfektiös wie etwa eine Grippe. Die Erreger sterben an der Luft relativ schnell ab.

Damit sich eine Lungenpest ausbreiten kann, müssen sich Menschen auf jeden Fall sehr nahe kommen, etwa in stark bevölkerten Großstädten. Lungenpest-Ausbrüche beim Menschen beginnen oft, wenn Erstinfizierte engen Kontakt zu Tieren haben, die bereits an Lungenpest erkrankt sind.

Beulenpest-Ansteckung durch Flöhe

Lungenpest tritt in Nagetier-Populationen fast immer in Verbindung mit einer vorangegangenen Beulenpest-Epidemie auf. An der Beulenpest erkrankte Menschen sind vorher meist von einem Rattenfloh gebissen worden. Der hat dann den Erreger vom Nagetier auf den Menschen übertragen.

Floh
Auch Flöhe können die Pest übertragenBild: picture-alliance/Okapia//S. Schellhorn

Die große europäische Pestepidemie zwischen 1346 und 1353, die jeden dritten Menschen das Leben kostete und damit etwa 25 Millionen Todesopfer forderte, war vermutlich vor allem eine Beulenpest-Epidemie.

Wahrscheinlich reisten die infizierten Nagetiere und ihre Flöhe an Bord von Handelsschiffen. So brachten sie das Bakterium aus Asien zunächst ins sizilianische Messina. Von dort aus griff die Pest rasend schnell um sich. Unhygienische Lebensverhältnisse begünstigten die Verbreitung. Die damals unwissenden und abergläubischen Menschen konnten dem Erreger praktisch nichts entgegensetzen.

Kurze Inkubationszeit - schneller Tod

Zwar können Ärzte die Pest heutzutage gut mit Antibiotika behandeln, allerdings sinken die Heilungschancen rapide, wenn zu viel Zeit verstreicht.

Besonders bei einer Lungenpest-Infektion müssen die Patienten sofort zum Arzt. Die Inkubationszeit beträgt zwischen einem und drei Tagen. Wird die Erkrankung nicht sofort behandelt, verläuft sie fast immer tödlich. Im letzten Stadium der Erkrankung tritt blutiger Husten auf. Dann besteht auch für andere Menschen Ansteckungsgefahr.

In der Geschichte gibt es nur wenige Beispiele, in denen sich eine reine Lungenpest-Epidemie überregional ausgebreitet hat. In der Regel brach die Krankheit so schnell aus, dass Patienten keine weiten Strecken mehr reisen und Menschen in anderen Städten infizieren konnten.

Madagaskar Ausbruch derr Pest
2017 brach auf Madagaskar die Pest ausBild: picture-alliance/AA/H. Rafalia

Und in fast allen bekannten Fällen, wo durch Lungenpest-Epidemien viele Opfer zu beklagen waren, betraf es Menschen, die in extrem engen, überfüllten und unhygienischen Behausungen lebten.

Anders ist es bei der Beulenpest: Infizierte Nagetiere tragen den Erreger lange Zeit in sich und Flöhe können immer wieder Menschen infizieren. Da Nagetiere den Erreger fast einen Monat in sich tragen können, bis sie sterben, kann eine Epidemie leicht von einer Rattenpopulation auf die nächste überspringen. So konnte sich der "Schwarze Tod" im Spätmittelalter in Europa ausbreiten.

Die Inkubationszeit nach einem Flohstich kann beim Menschen stark variieren. Manchmal dauert es nur wenige Stunden, bis ein Patient Symptome zeigt. Es kann aber auch eine Woche dauern.

Beulenpest
Alle Pestarten haben den selben Erreger: Das Bakterium Yersinia pestis.Bild: Gemeinfrei

Gibt es Impfungen gegen die Pest?

Seit der Entwicklung des Antibiotikums Streptomycin 1943 haben Ärzte ein wirksames Mittel gegen den Pesterreger in der Hand. Aber auch zuvor gab es immer wieder lange Perioden, in denen nach einer Epidemie kaum oder keine Pestfälle mehr auftraten. Diese Perioden konnten auch Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte andauern.

Möglicherweise liegt das unter anderem daran, dass Menschen nach einer relativ mild verlaufenden Anfangsinfektion eine Immunität entwickeln können.

Darauf basieren auch verschiedene Impfungen gegen die Pest. Es gibt sie bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert. Allerdings werden diese in der Praxis kaum genutzt, weil sie nur wenige Monate wirksam sind. Zudem wirken sie ausschließlich gegen die Beulenpest, nicht gegen die Lungenpest. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt eine Impfung nur für Risikogruppen wie Jäger oder Landwirte in Gebieten, in denen infizierte Nagetiere leben.