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Dritte Corona-Welle - nächster Aktiencrash?

Brigitte Scholtes Frankfurt am Main
26. Februar 2021

Ein Jahr ist es her, da brachte Corona auch die Aktienkurse ins Rutschen. Der Crash war heftig. Seither geht es wieder steil nach oben. Jetzt nimmt die Nervosität an den Märkten wieder zu. Warum?

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USA Börse in New York
Bild: Getty Images/S. Platt

An den Kapitalmärkten sind die Renditen der Anleihen in den letzten Wochen deutlich gestiegen. So war die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe am Donnerstag zum ersten Mal seit einem Jahr über die Marke von 1,50 Prozent gesprungen. Ein Grund: die Konjunkturaussichten hellen sich auf wegen steigender Hoffnungen auf eine Besserung der Corona-Pandemie.

Springt die Wirtschaft an, ist aber auch mit einer höheren Inflationsrate zu rechnen. Die ist im Januar tatsächlich deutlich nach oben geschnellt, wenn auch zum Teil wegen Sonderfaktoren. Doch die Anleger fragen sich, ob die sehr niedrigen Zinsen der vergangenen Jahre dann noch angemessen sind. Dieses Tempo des Renditeanstiegs befremdet auch Arthur Brunner von der ICF Bank. Die Investoren sorgten sich wegen einer Zinserhöhung durch die Notenbanken, sagte er im Deutschlandfunk. Zwar hatte zwar sowohl Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, als auch die EZB deutlich gemacht, dass sie weiterhin an der lockeren Geldpolitik festhalten wollen. "Das aber haben die Märkte nicht ganz akzeptiert", sagt Brunner. So verkaufen sie verstärkt Aktien. Die Überlegung dahinter: Steigende Renditen machen Anleihen wieder attraktiver, Anleger könnten ihre Gelder umschichten. Deshalb haben die Aktienkurse weltweit in den vergangenen Tagen nachgegeben.

EZB-Direktorin sieht weiter lockere Geldpolitik

Der Anstieg der nominalen Renditen, der einen Anstieg der Inflation widerspiegele, sei grundsätzlich willkommen, sagte EZB-Direktorin Isabel Schnabel in einer Rede beim Europäischen Fiskalausschuss, einem unabhängigen Beraterausschuss der EU-Kommission. Selbst ein gradueller Anstieg der realen Renditen sei nicht unbedingt besorgniserregend, wenn er auf verbesserte Wachstumsaussichten zurückzuführen sei. Das könnte die Anleger weiter beunruhigen, doch schränkte Schnabel ein, steigende langfristige Realzinsen könnten die geldpolitische Unterstützung zu früh und zu abrupt vermindern. Soll also heißen: Die Notenbanken werden weiter an ihrer Versorgung der Märkte mit Liquidität festhalten und damit den Staaten und Unternehmen eine günstige Finanzierung ermöglichen.

Deutschland EZB-Direktorin Isabel Schnabel
Isabel Schnabel, Mitglied im Direktorium der EZBBild: Daniel Roland/AFP/Getty Images

"Die Notenbanken kommen aus der Schuldennummer nicht mehr heraus", vermutet auch Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank. Denn weil die Zentralbanken durch ihre lockere Geldpolitik die Zinsen niedrig halten, haben sie den Staaten eine günstige Verschuldung ermöglicht. Das war wichtig in der Finanzkrise, das bleibt wichtig in der Coronakrise. Zudem haben sowohl die Fed als auch die EZB angekündigt, dass sie das Inflationsziel nicht zu eng auslegen. Sie tolerieren es also, wenn die Inflationsrate eine Zeit lang auch über das Ziel von zwei Prozent steigen sollte. Zinserhöhungen passten da nicht, meint Halver.

Weitere Umschichtungen im Aktienmarkt

"Zum Problem für Aktien würde die Inflation dann, wenn dies die Notenbanken zu einer Abkehr von ihrer ultralockeren Geldpolitik bewegen würde. Dafür gibt es derzeit jedoch keine Signale", sagt auch Markus Reinwand von der Helaba. Außerdem hätten sich die Inflationserwartungen zuletzt wieder etwas zurückgebildet. Damit rechnet auch Ulrich Kater von der Dekabank - schon in der kommenden Woche nämlich werden die Inflationszahlen für Europa gemeldet. Das werde für Beruhigung sorgen, glaubt Kater: "Ein Großteil des Januar-Anstiegs war auf Einmalfaktoren zurückzuführen."

So wirkte sich etwa in Deutschland das Auslaufen der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung sowie anziehende Energiepreise durch die CO2-Besteuerung aus. Im Februar gibt es diese Sonderfaktoren nicht mehr. Chris-Oliver Schickentanz, Chef-Anlagestratege der Commerzbank, verweist zudem auf die anstehende Sitzung der Opec in den nächsten Tagen. Die werde wahrscheinlich ihre Produktion wieder etwas erhöhen, sodass die Ölpreise etwas nachgeben dürften. Er rechnet jedoch mit einer weiteren Umschichtung im Aktienmarkt.

Die Titel, die in der Krise stark nachgefragt waren wie etwa Technologiewerte, die würden aktuell verkauft. "Wir sehen für das laufende Jahr eine Sektorrotation", Wachstumspapiere wie Technologie-Werte dürften dann nicht mehr so gefragt sein. Profitieren könnten Industrie-Aktien wie Chemie, aber auch Finanztitel seien stärker nachgefragt, denn Banken halten viele Anleihen und profitieren von steigenden Renditen. "Anleger könnten die kurzfristige Schwächephase allmählich wieder zum Aufstocken ihres Bestands nutzen", rät Schickentanz sogar.