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Drogenschmuggler immer einfallsreicher

Wolfgang Dick4. Juli 2013

Der UN-Weltdrogenbericht schlägt Alarm: Immer mehr synthetisch hergestellte Designerdrogen überschwemmen den Markt. Vieles wird über Flughäfen in die Welt verteilt, und die Schmuggler werden dabei immer kreativer.

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Monitor lässt erkennen, wo Drogen in Paketen versteckt sind. Foto: Wolfgang Dick, DW
Bild: DW/W. Dick

Der Flughafen in Frankfurt am Main gilt als eine der größten internationalen Drehscheiben für den Rauschgiftschmuggel. 57 Millionen Passagiere zählte der Flughafen 2012. Täglich starten und landen mehr als tausend Flüge. Der Schmuggel soll in dieser Hektik untergehen, hoffen die Drogenhändler. Aber in jeder Woche gibt es bei den Kontrollen von Passagieren und Fracht Funde, die selbst Fachleute fassungslos machen müssten. "Uns überrascht inzwischen gar nichts mehr", sagt aber Stephan Bischof, der seit 35 Jahren am Flughafen Frankfurt arbeitet und die Überwachungsgruppe Fracht beim Zoll leitet. Zu viele kuriose Geschichten und Verstecke haben er und seine Kollegen schon erlebt.

Bischof schildert den Fall einer Frau aus Brasilien. Sie hatte schon fast die Personen- und Taschenkontrolle hinter sich, als einer Kollegin die Jeans der Frau auffiel. Die Hose erschien seltsam steif. Noch einmal wurde sie abgetastet und mit einem Wisch-Tester, einem sogenannten Drug-Wipe abgerieben.

Das Ergebnis war positiv. "Das Kokain wird flüssig gemacht und die Kleidung damit imprägniert", erklärt Stephan Bischof. Jeans seien beliebt für dieses Verfahren, weil ihr Stoff es am besten verträgt, wenn er schwerer und steifer wird. "Beim Anfassen aber merkt man das". Offenbar reichen aber auch die geschulten Augen der Fahnder. Aus diesem Grund arbeiten am Flughafen Frankfurt fast nur langjährige Mitarbeiter. Nach dem Auslösen des Rauschgifts aus der Hose erhielt man im Fall der Frau aus Brasilien acht Kilogramm Kokain. Wert auf dem Schwarzmarkt: 400.000 Euro.

Spezialgerät zur chemischen Erkennung von Drogenspuren (Nah) Foto: Wolfgang Dick, DW
Ein Prüfgerät erkennt schnell DrogenspurenBild: DW/W. Dick

Kokain in der Bowlingkugel

Von den Drogenschmugglern wird auch immer versucht, bei den Kontrollen Nachsicht aus Mitleid zu erreichen. So seien auch schon Leute im Rollstuhl erschienen, die Drogen in den Rädern versteckt hatten oder gar in einer Beinprothese. "Es wird immer dreister", sagt Stephan Bischof und schüttelt seinen Kopf. Immer noch, so erzählt er, sei es die beliebteste Masche, Drogen in allen nur erdenklichen Produkten zu verstecken. In Tabletten, Tampons, Gemüse, sogar in Insekten. Stephan Bischof erinnert sich an einen Reisenden, der eine Bowlingkugel bei sich trug, mit der er angeblich zu einem Wettbewerb wollte. "Der fiel uns auf, weil er die Bowlingkugel mit seiner Hand nicht mal richtig halten konnte". Die Kugel wurde aufgesägt und enthielt tatsächlich Drogen.

Mitarbeiter des Zolls am Flughafen Frankfurt zeigt Bowlingkugel, in der Drogen versteckt waren. Foto: Wolfgang Dick,DW
Stephan Bischof kennt fast alle DrogenversteckeBild: DW/W. Dick

Natürlich reicht selbst persönliche Erfahrung irgendwann nicht mehr aus und die Technik muss helfen. Am Frankfurter Flughafen verfügt man über die neuesten Geräte. Die tragen Bezeichnungen wie "Itemizer3" oder "First Defender". Letzteres ist ein Drogenanalysegerät, das 11.500 verschiedene Substanzen gespeichert hat und diese schnell erkennen kann. "Selbst wenn es nichts anzeigt, ist das für uns ein brauchbares Ergebnis. Wir brauchen dann nicht weitersuchen". Das spare enorm viel Zeit, sagt Fahnder Stephan Bischof.

Heroin als Geburtstagspäckchen

Monitor lässt erkennen, wo Drogen versteckt sind. Foto: Wolfgang Dick, DW
Luftpost wandert ins RöntgengerätBild: DW/W. Dick

Unfassbar erscheint, dass immer noch viele Drogen weltweit per Luftfracht verschickt werden. Stephan Bischof und seine Kollegen haben dafür nur die Erklärung, dass der Versand per Post offenbar immer noch der schnellste und billigste Weg ist, um Rauschgifte anonym und vermeintlich sicher zu versenden. Dabei würden immer häufiger kleinere Mengen Drogen auf immer mehr Päckchen verteilt. Die Hoffnung dabei sei, dass vieles bei den Stichproben "durchrutsche".

Aber diese Überlegung wird mit immer mehr Kontrollen zunichtegemacht. Das Augenmerk liegt dabei auf bestimmten Flugrouten. Stephan Bischof sagt: "Flüge aus Südamerika bezüglich Kokain. Flüge aus dem Raum Südostasien, Indien, Pakistan für Heroin und Opium." Wenn es aus diesen Regionen keine direkten Verbindungen nach Westafrika gebe, werde besonders ausgiebig kontrolliert. Dazu wandert bündelweise ausgewählte Post in ein spezielles Röntgengerät, dass die Dichte der untersuchten Körper erkennt.

Monitor lässt erkennen, wo Drogen versteckt sind. Foto: Wolfgang Dick, DW
Erst auf die Seite gekippt offenbart sich im Paket das Drogenversteck (schwarzer Streifen rechts)Bild: DW/W. Dick

Manchmal müsse man ein Paket mehrfach drehen und von allen Seiten durchleuchten, um in Paketböden eingelegte Drogen zu entdecken, berichten Mitarbeiter dieser Abteilung. Weil die Röntgengeräte auch bei Personenkontrollen immer perfekter werden, haben sich viele Kuriere umgestellt. Sie schlucken jetzt überwiegend flüssiges Kokain in Plastiksäckchen.

Dieses flüssige Kokain kann nur sehr schwer von den Scannern gefunden werden. Fahnder nehmen sich jetzt mehr Zeit und tauschen Hinweise aus, wie man den lebensgefährlichen Transport dennoch entdeckt. Wenn auch nur eines dieser Säckchen platzt, gibt es für den Menschen, der es in sich trägt, keine Rettung mehr. Trotz dieser Gefahr wurden im vergangenen Jahr am Frankfurter Flughafen 25 sogenannte Bodypacker identifiziert.

Immer mehr Drogen werden entdeckt

Was Mensch oder Maschine an Drogen nicht sicherstellen, erschnüffeln die speziell trainierten Drogenspürhunde. Einer von ihnen heißt Zeus. In einer Halle der Gepäckabfertigung neben den Fliegern läuft Zeus eine Reihe von rund 500 Koffern ab. Nach einer zweiten Runde schlägt er laut bellend an. Nicht einmal eine Minute hat das gedauert. Beamte des Zolls nehmen sich jetzt den angebellten Koffer näher vor. Darin finden sie hochprozentigen Alkohol aus Jamaika. Der sollte die Nase des Hundes ablenken.

Mitarbeiter des Zolls am Flughafen Frankfurt mit Hund, der Drogen und Drogenspuren in Koffern erkennt Foto: Wolfgang Dick, DW
Spürhunde sind am Flughafen regelmäßig im EinsatzBild: DW/W. Dick

Doch Zeus ließ sich nicht täuschen, trotz der vielen täglichen Einsätze bei den Kofferkontrollen. Im markierten Koffer finden sich vermeintlich original verpackte Flaschen Rumlikör. Ein Test enttarnt die trübe Flüssigkeit als Kokainlösung. Bei einem weiteren Koffer bellen die Hundekollegen von Zeus. Bei der anschließenden Untersuchung fallen Spraydosen zur Haarpflege mit einem hohen Gewicht auf. Hier werden kleine kristallförmige Splitter entdeckt. Gefährliches Crystal Meth, eine der synthetisch hergestellten Designerdrogen, die bei den rund 200.000 Drogenabhängigen in Deutschland Absatz finden sollen.

Trotz aller Einfälle der Schmuggler: Die Mengen der am Flughafen Frankfurt sichergestellten Amphetamine haben sich im vergangenen Jahr vervierfacht. Heroinfunde verdreifachten sich. Nur von Kokain und Haschisch konnten 35 Prozent weniger beschlagnahmt werden. Jeder Fund ist nur ein kleiner Beitrag im Kampf gegen den weltweiten Handel mit illegalen Drogen. Den jährlichen Gesamtumsatz mit Rauschgift schätzt der jüngste UN-Drogenbericht auf rund 94 Milliarden US-Dollar - höher als der weltweite Umsatz mit Fleisch und Getreide.