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Drohkulisse gegen Syrien?

Daniel Wortmann

Kurz nach Ende des Irakkriegs häuften sich die verbalen Drohungen gegen Syrien. US-Außenminister Colin Powell hat die syrische Regierung aufgefordert, "ihre Haltung zu überprüfen". Was kommt noch alles auf Syrien zu?

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Scharfe Worte von Colin PowellBild: ap

"Syrien ist in der Tat ein Schurkenstaat", hatte der Sprecher von US-Präsident George W. Bush, Ari Fleischer Mitte April wissen lassen. Und der britische Außenminister Jack Straw erklärte, dass es "sehr wichtig (sei), dass Syrien die neue Realität akzeptiert und in einer konstruktiven Weise mit uns und den Vereinigten Staaten zusammenarbeitet". Die Regierung in Damaskus müsse einige wichtige Fragen beantworten.

Der syrische Philosoph und Zeitkritiker Sadik Al-Azm malt ein düsteres außenpolitisches Szenario an die Wand. "Wenn die neue Regierung im Irak Frieden mit Israel schließt, würde das das Leben für Syrien sehr schwierig machen. Dann könnte eine Achse entstehen: Qatar, Kuwait, Irak, Jordanien, Israel." Andere sprechen von der Zange eines besetzten Irak und besetzter palästinensischer Gebiete, in der sich Syrien nun befindet. "Ich glaube, Syrien ist in großer Gefahr", sagt eine oppositionelle Journalistin von der Zeitung "Tischrin". "Unser Regime hier ist nicht sehr stark." Und sie fügt hinzu: "Alles ist jetzt offen."

Versteck für irakische Führung?

Bereits in den ersten Tagen des Irakkrieges hatten die Amerikaner, allen vorweg Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, Syrien der Zusammenarbeit mit dem Irak bezichtigt. Nachdem zunächst nur Waffenlieferungen in das Nachbarland angeprangert wurden, sprach das Pentagon schon bald von ganzen "Busladungen" syrischer Kämpfer, die in Bagdad gegen die USA in den Kampf gezogen seien. Laut Rumsfeld habe man im Irak bei den Kämpfen im Irak auch viele Syrer getötet und noch weitaus mehr gefangen genommen.

Chemische und biologische Waffen vermute man in Syrien, zudem sei davon auszugehen, dass sich Mitglieder der irakischen Führungsriege in dem Land versteckt hielten. Sogar Saddam Hussein selbst könne sich nach Ansicht des Pentagon in Syrien aufhalten. Die syrische Führung reagierte mit Unverständnis, zugleich aber mit bemerkenswerter Zurückhaltung auf die Äußerungen der Amerikaner. Man glaube an die Fairness der Amerikaner, hieß es in Damaskus. Zudem sei man in jedem Falle bereit, gründliche Waffeninspektionen über sich ergehen zu lassen, um jegliche Zweifel auszuräumen.

"Unterschlupf, Waffen, Material"

Die amerikanische Seite hört indes nicht auf, immer neue Drohungen gegen das Land zu äußern. Syrien verbaue sich seine Zukunft, so Verteidigungsminister Rumsfeld. Vernünftige Menschen wollten schließlich nichts mit einem System zu tun haben, das "Terroristen Unterschlupf bietet und terroristische Waffen und Material beherbergt".

In Syrien selbst entzündete sich während des gesamten Irak-Krieges heftiger Protest gegen den amerikanischen Angriff. Die Bevölkerung demonstrierte gegen die Kriegshandlungen, der religiöse Führer Scheich Ahmad Kaftaro rief die Iraker zu Selbstmordattentaten gegen die Alliierten auf. Staatschef Baschar el Assad erklärte zu Beginn der Kämpfe im Irak, dass sich nun ein "Widerstand des arabischen Volkes" formieren werde. Es sei "im Interesse" seines Landes, wenn "die Invasoren in Irak besiegt werden", sagt der syrische Außenminister Faruk el Schara.

Entspannung mit Saddam

Tatsächlich stand Syrien bisher in engen, aber oft wenig freundschaftlichen Beziehungen zum Irak Saddam Husseins. Auch in Syrien basiert das politische System auf der nationalistischen Baath-Ideologie, allerdings waren die Dikatoren Saddam und Assad seit Jahrzehnten wegen ihrers jeweiligen Führungsanspruchs in der arabischen Welt verfeindet und scheuten nicht den offenen Konflikt. So kämpften syrische Truppen im Golfkrieg 1991 auf Seiten der Allierten.

Nachdem aber Baschar al Assad von seinem verstorbenen Vater im Sommer 2000 die Macht in Syrien "erbte", hatte sich das Verhältnis zu Bagdad deutlich entspannt. Die gemeinsame Feindschaft zu Israel bot die nötigen Anknüpfungspunkte. Es wurde sogar von - einem offiziell nie bestätigten - Treffen zwischen Assad junior und Saddam Hussein im Sommer letzten Jahres gemunkelt. Annäherungen, die Assad und die Syrer nun teuer zu stehen kommen könnten.

Mittlerweile hat sich Israel selbst in die Auseinandersetzung eingeschaltet und will der Regierung in Damaskus einen Forderungskatalog vorlegen. Das Land solle Führer palästinensischer Extremistengruppen ausweisen und die Unterstützung für die libanesische Hisbollah-Miliz beenden. Diese wird als Bedrohung für Israel angesehen.

"Assad gefährlich"

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon hat Syriens Präsidenten Baschar el Assad als "gefährlich". In einem Interview mit der israelischen Zeitung "Jediot Aharonot" (Dienstagsausgabe) sagte Scharon, der syrische Präsident sei gefährlich, weil "sein Urteil fehlerhaft" sei: "Während des Kriegs in Irak hat er bewiesen, dass er nicht die richtigen Schlussfolgerungen aus relativ eindeutigen Tatsachen zieht", sagte Scharon. Jeder, der sich vor dem Krieg mit den Tatsachen auseinandergesetzt habe, habe den Sieg der USA voraussehen können. "Aber Assad dachte, die USA würden verlieren." Israel wisse, dass Syrien führenden Vertretern des Saddam-Regimes Asyl gewähre und der Irak vor dem Krieg militärisches Gerät ins Nachbarland Syrien geschafft habe, sagte Scharon.

Aufrufe zur Mäßigung

Von europäischen Politikern kommt indes der Aufruf zur Mäßigung. "Wir sollten uns darauf konzentrieren, den Frieden zu gewinnen und nicht in eine neue Konfrontation zu geraten", mahnte Deutschlands Außenminister Joschka Fischer. Auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana rief die USA zur Mäßigung im Umgang mit Syrien auf. UNO-Generalsekretär Kofi Annan äußerte sich "besorgt".

Einen Krieg gegen Syrien werde es zunächst nicht geben, ließ der britische Außenminister Jack Straw verlauten. US-Außenminister Colin Powell sieht zumindest keinen Automatismus für einen Militärschlag. Syrien und andere Nationen müssten sich nur im Klaren sein, dass die Unterstützung terroristischer Aktivitäten und der Besitz von Massenvernichtungswaffen nicht in ihrem Interesse seien. "Das bedeutet nicht, dass der Krieg zu ihnen kommt", so Powell. "Es bedeutet einfach, dass sich die Welt verändert." (Bericht vom 16.4.2003)