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Zwei Verdächtige nach Drohschreiben gefasst

30. Oktober 2020

Die Täter sollen seit Dezember Drohbriefe an mindestens 15 Minister verschickt und einen Brandanschlag auf ein Gebäude der Bundesanstalt für Arbeit verübt haben. Nun haben Ermittler ein Paar in Berlin festgenommen.

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Symbolbild | Deutschland | Polizei Razzia
Polizisten einer Spezialeinheit bei einer Razzia (Symbolbild)Bild: Jens Büttner/dpa/picture alliance

Nach einer mutmaßlich linksextremistisch motivierten bundesweiten Droh- und Einschüchterungskampagne hat die Polizei in Berlin zwei Verdächtige gefasst. Es handelt sich um einen 38-jährigen Mann und eine 39-jährige Frau. Wie das baden-württembergische Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft Stuttgart mitteilten, wird das Duo beschuldigt, seit Dezember 2019 diverse Drohbriefe an Politiker, Behörden und Verkehrsverbünde verschickt sowie im August 2020 einen Brandsatz am Privathaus des Fleischfabrikanten Clemens Tönnies im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück deponiert zu haben. Dieser Brandsatz zündete aber nicht.

Auch ein Brandanschlag auf ein Gebäude der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg - ebenfalls im August - soll demnach auf das Konto der Beschuldigten gehen. Er zündete, allerdings nicht wie geplant. Nur dadurch sei eine "erhebliche Brandwirkung" verhindert worden, hieß es. Dem Duo werden unter anderem Brandstiftung und versuchte Brandstiftung vorgeworfen.

Ihren Drohbriefen legten die beiden Verdächtigen laut Ermittlern unter anderem Messer, Platzpatronen und Grillanzünder bei. Die Schreiben und die Bekennerbriefen zu den Brandsätzen unterzeichneten sie demnach im Namen eines "Kollektivs der Revolutionären Aktionszellen". Die Festnahmen erfolgten nach Angaben der Behörden nach monatelangen bundesländerübergreifenden Ermittlungen des Staatsschutzes im Rahmen von Durchsuchungsaktionen in Berlin und Stuttgart. Dabei wurden am Freitagmorgen fünf Objekte durchsucht.

Verräterische DNA-Spuren

Die Ermittler kamen dem Paar unter anderem durch Videoaufzeichnungen an einem Tatort auf die Spur. Außerdem seien DNA-Spuren an Drohschreiben und Tatorten gefunden worden, erklärte die Staatsanwaltschaft. Das Paar sei bisher nicht wegen politisch motivierter Straftaten aufgefallen. Es hatte unter anderem in Stuttgart gewohnt, war aber zuletzt ohne festen Wohnsitz.

Die Einschüchterungskampagne richtete sich gegen zahlreichen Politiker, Ministerien und Behörden. Früheren Medienberichten zufolge gingen Schreiben unter anderem an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) und 14 Landesinnenminister.

Kabinettssitzung l 21. Oktober 2020
Auch er soll Adressat eines Drohschreibens gewesen sein: Horst SeehoferBild: Markus Schreiber/dpa/picture-alliance

Den Ermittlern zufolge forderten die Verdächtigen die Betroffenen in ihren Drohbriefen dazu auf, "politische Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Bevölkerung statt auf Wirtschaftslobbyisten zu fokussieren". Zugleich drohten sie mit der Anwendung von Gewalt.

Auch Bundesanwaltschaft involviert

Zwischenzeitlich ermittelte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe in dem Fall. Später übernahm die Staatsanwaltschaft in Stuttgart den Fall. An den intensiven Ermittlungen beteiligt waren die Landeskriminalämter oder andere Polizeibehörden in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern.

Eine Gruppe namens "Revolutionären Aktionszellen" war bereits vor zehn Jahren in Erscheinung getreten. Sie bekannte sich damals zu mehreren Brand- und Sprengstoffanschlägen auf Behördengebäude in Berlin, bei denen niemand verletzt wurde. Auch schickte sie 2011 einen Drohbrief mit Patronen an den damaligen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU). Die Bundesanwaltschaft ließ in dem Fall 2013 unter anderem bundesweit Wohnungen durchsuchen.

Wie das Magazin "Der Spiegel" im September unter Berufung auf die Ermittler schrieb, war zunächst allerdings noch unklar, ob es die damalige Gruppe inzwischen wieder aktiv wurde und eine sogenannte zweite Generation herausbildete. Alternativ könnten die Verdächtigen auch nur den Namen der früheren Gruppierung aufgegriffen haben.

kle/pg (afp, dpa)