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Währungsturbulenzen in den Schwellenländern

Henrik Böhme30. Januar 2014

Nervöse Finanzmärkte, wirkungslose Zinserhöhungen, Währungen zahlreicher Länder unter massivem Druck. Die geldpolitische Kehrtwende der US-Notenbank sorgt für Turbulenzen. Aber reicht das als Erklärung?

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Symbolbild - mexikanischer Peso (Foto: picture alliance/AFP)
Bild: picture-alliance/AP

Das hatte sich der türkische Notenbankchef Erdem Basci sicher anders vorgestellt. Nach der drastischen Zinserhöhung vom Dienstag (28.01.2014) ging zwar ein Aufatmen durch die Welt - aber die Erholung an den Finanzmärkten war nur von kurzer Dauer. Danach ging es an den Börsen rund um den Globus weiter bergab, und auch viele Währungen - vom brasilianischen Real über die indische Rupie bis hin zum Rubel - gerieten weiter teils deutlich unter Druck.

Neue Asienkrise?

Schon werden Parallelen gezogen zur Asienkrise, die 1997 mehrere ostasiatische Staaten in Mitleidenschaft zog. Oder kommt es gar noch schlimmer? Sind das mögliche Vorboten einer neuen, weltweiten Finanzkrise? Nein, gibt Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Entwarnung: "Ich glaube nicht, dass die Welt vor einer neuen Finanzkrise steht." Allerdings stünden eine Reihe von Schwellenländern vor ernsthaften Herausforderungen, "die für diese Länder durchaus zu einer echten Finanzkrise werden können", so Schmieding zur Deutschen Welle.

Deutschland Wirtschaft Holger Schmieding der Chefvolkswirt der Berenberg Bank in London
Holger Schmieding: Chefvolkswirt der Berenberg Bank in LondonBild: Imago

Die gute Nachricht: Die westliche Welt sei in einer vergleichsweise komfortablen Verfassung. "Ich glaube nicht, dass die Turbulenzen in einigen Schwellenländern große dauerhafte Auswirkungen auf die westliche Welt haben werden."

Differenzierte Betrachtung

Es gilt aber auch, die Schwellenländer selbst differenziert zu betrachten. Probleme haben derzeit vor allem Länder, die sich in einer politischen Krise befinden, wie die Türkei oder Argentinien, sagt der Finanzmarktexperte Christoph Zwermann von Zwermann Financial. Andere, wie Indien oder Brasilien, verfügten über hohe Währungsreserven und wären durchaus in der Lage, eine Krise aus eigenen Kräften abzuwehren. Einen Grund für die derzeitigen Turbulenzen sieht auch Zwermann in der Trendwende der US-Notenbank. Derzeit werde damit begonnen, Kapital zurückzuholen, welches vorher geflossen ist, ganz besonders aus den USA, über einen sehr langen Zeitraum. "Das wird in diesem Rahmen nicht zur Krise führen, sondern es wird zu sehr intensiven Marktkorrekturen kommen, die auf der anderen Seite aber auch gesund sein können, weil eben Korrekturen notwendig sind." Und das werde, so Zwermann im DW-Gespräch, alle treffen, "auch die Aktienmärkte der alten Volkswirtschaften".

US-Notenbank in Washington DC (Foto: dpa)
Die US-Notenbank in Washington DCBild: picture-alliance/dpa

Sind die Amerikaner Schuld?

Aber ist es nur die Trendwende der US-Notenbank, also das langsame Zurückfahren des Anleihe-Kaufprogramms, was für die Turbulenzen verantwortlich ist? "Nein, die Amerikaner sind diesmal nun wirklich nicht Schuld", sagt Holger Schmieding. Die Amerikaner hätten im Interesse ihrer eigenen Konjunktur für längere Zeit eine ausgesprochen lockere Geldpolitik gehabt. "Jetzt müssen sie diese Politik etwas straffen, auch das im eigenen Interesse." Schließlich sei die amerikanische Konjunktur wieder robuster, sie brauche die Anleihekäufe der US-Notenbank nicht mehr im bisherigen Umfang. "Die US-Notenbank macht also das, was letztlich richtig ist: Sie steuert die amerikanische Konjunktur." Dass es sich einige Schwellenländer hätten gut gehen lassen in den vergangenen Jahren und "lieber Billiggeld aus Amerika geborgt haben, statt im Lande selbst voran zu kommen, das kann man nicht den Amerikanern ankreiden". Das seien Hausaufgaben, die in diesen Schwellenländern gemacht werden müssten.

Viel zu tun

Und von diesen Hausaufgaben gibt es reichlich: Brasilien beispielsweise leidet wie Indien unter einem Reformstau. Beide Länder setzen zudem stark auf protektionistische Maßnahmen zum Schutz der eigenen Volkswirtschaft. In der Türkei ist es die ausufernde Korruption, die zu einer politischen Krise geführt hat. Das hat Investoren vorsichtig werden lassen und den Boom am Bosporus vorerst gestoppt. Argentinien hat die Peso-Krise nie wirklich überwunden, in Indonesien fehlt eine industrielle Basis für einen nachhaltigen Aufschwung.

Bei so viel Unsicherheit wählen Anleger und Investoren lieber den sicheren Weg. Und der führt eben derzeit zurück in die USA, wo die Wirtschaft wieder stärker wächst - und in die Eurozone, wo das Schlimmste überwunden zu sein scheint. Gefahren für die Weltwirtschaft sieht Schmieding derzeit nicht: "Gefahr ist, glaube ich, nicht ganz das richtige Wort hier. Was uns 'droht', ist eine Rückkehr zu normalen Verhältnissen."

Ähnlich sieht das Christoph Zwermann, gibt aber zu bedenken, dass es problematisch werden kann, wenn die Reaktionen der Finanzmärkte deutlich heftiger ausfallen als zur Zeit - mit Auswirkungen bis in die Realwirtschaft hinein. "Ab diesem Moment würde das ganze wesentlich schwieriger werden." Doch für Panik bestehe derzeit kein Grund, da sich die Weltwirtschaft insgesamt auf einem Erholungspfad befände.

2014, so sehen es viele Beobachter, wird ein Jahr des Übergangs für die Weltwirtschaft - weg von der Stützungspolitik mit frischem Notenbank-Geld, hin zu einer wieder von Wachstum getragenen Entwicklung. Die Übergangsphase - oder auch: der Entzug - wird nicht ohne Turbulenzen abgehen. Es wird wohl ein holpriges Jahr für die Weltwirtschaft.