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DTB: Peng Shuai nicht vergessen

21. April 2023

Der Präsident des Deutschen Tennis Bunds, Dietloff von Arnim, respektiert die Entscheidung des Frauen-Weltverbands WTA, den China-Boykott aufzugeben. Der Fall der Spielerin Peng Shuai müsse jedoch aufgeklärt werden.

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Peng Shuai sitzt bei den Olympischen Spielen 2022 in Peking - mit Schutzmaske im Gesicht - auf der Tribüne.
Seit ihrem Besuch bei den Winterspielen 2022 in Peking ist es um Tennisspielerin Peng Shuai ruhig gewordenBild: Richard Heathcote/Getty Images

"Wir beobachten die Entwicklung rund um die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai noch immer mit Besorgnis und fordern weiterhin eine vollständige und umfassende Aufklärung", antwortet Dietloff von Arnim auf die Frage der DW, wie der Deutsche Tennisbund (DTB) zur Entscheidung des Frauen-Weltverbands WTA stehe, ab dem kommenden Herbst wieder Turniere in China auszutragen.

Diesen Schritt der WTA, so DTB-Präsident von Arnim, gelte es "zu respektieren. Sie haben offen kommuniziert, dass der Boykott für sie nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat und sie die Entscheidung daher korrigieren. Wichtig ist sicherzustellen, dass weiter über den Fall Peng Shuai gesprochen wird und er nicht aus der Öffentlichkeit verschwindet."

Die WTA hatte in der vergangenen Woche erklärt, dass sie ihren China-Boykott aufhebe und von September an dort wieder Turniere spielen lassen werde. Im vergangenen November hatte der Weltverband zunächst nur einen vorläufigen Turnierkalender bis Anfang September veröffentlicht. Wegen des Falls Peng Shuai hatte die WTA im Dezember 2021 alle Tennisveranstaltungen in China bis auf Weiteres ausgesetzt. 

Treffen mit IOC-Chef Bach bei den Winterspielen

Die chinesische Spielerin, die 20 Wochen lang die Nummer eins der Weltrangliste im Doppel war, hatte im November 2021 auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo den früheren Vizepremier Zhang Gaoli beschuldigt, sexuell übergriffig geworden zu sein. Nachdem sie zehn Jahre zuvor vorübergehend eine Affäre gehabt hätten, habe Zhang sie 2018 in seiner Wohnung gegen ihren Willen zum Sex zwingen wollen, schrieb Peng. Ihr Post war kurz darauf gelöscht worden, sie selbst war für zwei Wochen verschwunden.

Bei den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking hatte sich Peng Shuai mit IOC-Präsident Thomas Bach getroffen und von einem "großen Missverständnis" gesprochen. Gleichzeitig hatte sie erklärt, sie werde wegen ihres fortgeschrittenen Alters - sie ist inzwischen 37 - wahrscheinlich nicht mehr auf den Tennisplatz zurückkehren. Menschenrechtsorganisationen hatten dem IOC vorgeworfen, sich zum Komplizen der chinesischen Regierung gemacht zu haben, die die Affäre vertuschen wolle. Nach ihrem Treffen mit Bach war Peng Shuai wieder aus der Öffentlichkeit verschwunden. 

Boomender Tennismarkt China

WTA-Präsident Steve Simon begründete die Entscheidung seines Verbands, nach China zurückzukehren, damit, dass der Boykott letztendlich nicht dazu geführt habe, dass der Fall Peng Shuai aufgeklärt worden sei. "Es macht keinen Sinn, mit der gleichen Strategie weiterzumachen. Wir brauchen einen anderen Ansatz", sagte Simon in einem BBC-Interview. "Wir hoffen, dass durch die Rückkehr mehr Fortschritte erzielt werden können."

Wenzel Michalski, Deutschland-Direktor bei Human Rights Watch, warf dem Tennis-Weltverband vor, nach seinem mutigen Schritt 2021 am Ende doch "eingeknickt" zu sein. "Wir sehen ja im organisierten Weltsport immer wieder, dass da tatsächlich Geld vor Menschenrechten kommt", sagte der Vertreter der Menschenrechtsorganisation im Deutschlandfunk.

China gilt als boomender Tennismarkt. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte die WTA dort neun Turniere ausspielen lassen, bei denen Preisgelder von insgesamt mehr als 30 Millionen US-Dollar ausgeschüttet worden waren. Das WTA-Finale, der Saisonabschluss der besten Spielerinnen des Jahres, soll nun nach der Premiere im Jahr 2019 in die Stadt Shenzen zurückkehren.

Zwischenfall beim Turnier in Stuttgart

Die Weltranglistenerste Iga Swiatek geht nach der Entscheidung der WTA davon aus, dass sie in China auch antreten wird. "Ich hoffe, dass wir als Spielerinnen sicher sein können, egal aus welchem Land wir kommen", sagte die 21 Jahre alte Polin in dieser Woche beim WTA-Turnier in Stuttgart. Dort warf Swiatek im Achtelfinale Zheng Quinwen aus dem Rennen.

Bei einer Pressekonferenz der Chinesin hatte es zuvor einen kleinen Zwischenfall gegeben. Angesprochen auf das Schicksal Peng Shuais hatte die Spielerin geantwortet: "Ich denke, es geht ihr ziemlich gut in China und sie hat ein normales Leben. Aber ehrlich gesagt weiß ich nicht, wie es ihr geht." Als es Nachfragen gab, hatte sich ein chinesischer Reporter an die Kolleginnen und Kollegen gewandt: "Ich will euch einen Hinweis geben: Bitte fragt sie nicht ständig nach Peng Shuai." Offizielle der WTA und des Turnierveranstalters hatten den Chinesen daraufhin zurechtgewiesen.

Von Arnim: "Sicherheit hat oberste Priorität"

Der DTB will den deutschen Tennisspielerinnen und -spielern keine Empfehlung geben, ob sie wieder in China antreten sollen oder nicht. "Das ist eine individuelle Entscheidung, auf die wir keinen Einfluss nehmen", sagt DTB-Präsident von Armin. "Wir bieten unseren Athletinnen und Athleten an, sie bei ihrer Meinungsbildung zu unterstützen. Die WTA hat die Zusicherung erhalten, dass ihre Spielerinnen und Mitarbeiter in China sicher und geschützt seien, solange sie sich im Land aufhalten. Das hat auch für uns und unsere Spielerinnen und Spieler oberste Priorität."

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter