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Dubioses Interview mit Ai Weiwei

12. August 2011

Der chinesische Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei twittert seit einigen Tagen wieder. Er wolle sich auch in Zukunft nicht den Mund verbieten lassen. Nun gab er sein erstes Interview nach seiner Haftentlassung.

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Portrait von Ai Weiwei(Foto: dpa)
Ai Weiwei: Künstler und RegimekritikerBild: picture alliance/dpa

Unter dem Titel "Ai Weiwei bricht das Schweigen" ist kürzlich ein exklusives Interview mit Chinas Regimekritiker Nummer eins Ai Weiwei erschienen. Und das ausgerechnet in der englischsprachigen Global Times - einer regierungsnahen Zeitung. Die Global Times ist ein Tochterunternehmen der Volkszeitung der Kommunistischen Partei Chinas.

Wie das Gespräch zustande kam, ist unklar. Denn Ai hatte nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis vor knapp acht Wochen betont, dass er keine Interviews geben dürfe. Auf dem Artikelbild des Zeitungsinterviews, das am Dienstag (09.08.2011) erschien, ist der Künstler im Hof seines Wohnateliers zu sehen - mit einer Katze auf dem Schoß und einem entspannten Lächeln im Gesicht.

"Es gab Berichte, hauptsächlich von den westlichen Medien, dass Ai Weiwei Journalisten keine Interviews geben und sich nicht im Internet äußern darf", sagte Liu Xiaoyuan, ein enger Freund und ehemaliger Anwalt Ais im DW-WORLD.DE-Interview, "Ob dies tatsächlich die Bedingungen für seine Entlassung waren, ob es überhaupt welche gibt, das weiß nur Ai Weiwei selbst."

Ai Weiwei twittert wieder

Ai Weiwei mit Journalisten in seinem Wohnatelier in Peking (Foto: DW)
Ai Weiwei in seinem Wohnatelier im Pekinger KünstlerviertelBild: DW

Tatsächlich stellte Ai in der vergangenen Woche erstmals wieder Nachrichten auf Twitter ein - Grüße an Freunde und private Bilder. Die Nachricht, dass Ai Weiwei wieder twittert, verbreitete sich innerhalb der chinesischen Internetgemeinde wie ein Lauffeuer. Seine Tweets wurden binnen Minuten tausendfach weitergeleitet.

Währenddessen sprach Ai im Interview auch politisch brisante Themen an: über die Menschenrechtsaktivistin Wang Lihong und den Blogger und Regimekritiker Ran Yunfei, für die er sich einsetzte und denen ein Gerichtsverfahren und Haftstrafen drohen. Über seine eigene Zeit im Gefängnis verlor Ai aber kein Wort.

Das Interview hat die Global Times allerdings nur in ihrer englischsprachigen Ausgabe veröffentlicht. In der chinesischen Ausgabe waren weder das Interview noch sonstige Inhalte in Bezug auf Ai zu finden.

Gestelltes Interview?

Ai Weiwei spricht mit Journalisten vor seinem Haus(Foto: AP)
Ai will auch künftig seine politische Meinung sagenBild: dapd

Chinesische Zeitungen druckten oft gezielt Inhalte für ihre englischsprachigen Ausgaben, die auf ausländische Leser zugeschnitten seien, erklärt Blogger und Medienexperte Bei Feng. "Manche Reporter, die für die englischsprachigen Ausgaben einer chinesischen Zeitung schreiben, stehen im engen Kontakt zu ausländischen Medien oder chinesischen Dissidenten."

Bei Feng ist Leiter der Abteilung Neue Medien eines TV-Senders in Hong Kong. Er hält das Global Times Interview für sehr ungewöhnlich. Er glaubt, dass Ai Weiwei nach wie vor nicht frei reden darf: "Wenn ich der Reporter wäre, was würde ich am ehesten fragen? Natürlich das, was er in den 81 Tagen Haft erlebt hat. Wenn der Reporter nicht mal das gefragt hat, dann ist es für mich kein echtes Interview."

Der regimekritische Künstler habe sich bereit erklärt, unter einer Voraussetzung ein Interview zu geben, schrieb die Global Times. Keine Fragen zu seiner Zeit im Gefängnis. Zu den Steuerhinterziehungsvorwürfen, die der offizielle Grund für seine Festnahme waren, wollte Ai sich ebenfalls nicht viel äußern.

Ai will sich weiter politisch äußern

Er bestritt jedoch, jemals ein Geständnis unterschrieben zu haben. Die Ermittlungen gegen seine Firma Beijing "Fake Cultural Development" laufen derweil noch an, nachdem Ai auf Kaution freigelassen wurde.

Trotz des immensen Drucks, der auf dem 54-jährigen lastet, bekräftigte er, dass er sich auch in Zukunft politisch äußern wird. Denn niemand könne der Politik aus dem Weg gehen. Schließlich lebten wir in einer politisierten Gesellschaft, so Ai weiter zur Global Times. Es gebe so viel Ungerechtigkeit und er werde weiter für die Gerechtigkeit kämpfen.

Autorin: Xiegong Fischer

Redaktion: Chi Viet Giang