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Duda und Tusk wollen Konflikt entschärfen

Barbara Wesel, Brüssel18. Januar 2016

Polens Regierung sendet widersprüchliche Signale: Während Präsident Duda abwiegelt, schwört PiS-Parteichef Kaczynski, Polen werde der EU keine Zugeständnisse machen. Aus Brüssel Barbara Wesel.

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EU / Polen: Duda bei Tusk (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Y. Herman

Die beiden Präsidenten gaben sich vor der Presse so konziliant wie möglich. Aber dass die Herzlichkeit fehlt zwischen Donald Tusk, dem Präsidenten des Europäischen Rates (re), und Andrzej Duda, dem Präsidenten der Republik Polen (li), war unübersehbar, als sie sich am Montag in Brüssel trafen. Tusk hatte zuvor in der Presse darüber gesprochen, dass er "für viele in der neuen Regierung Staatsfeind Nr. 1 sei", nicht nur als früherer Ministerpräsident des Landes sondern auch wegen seiner heutigen Position in Europa. Aber beim gemeinsamen Auftritt mit Duda bewegte er sich dann überaus vorsichtig.

Mahnung und Deeskalation

Auf keinen Fall, so erklärte Donald Tusk, sehe er die Situation in Polen als mögliches Thema für den Europäischen Rat. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hatte zuvor vermutet, dass die Regierungschefs sich beim Gipfel im Februar damit befassen würden. Das werde gewiss nicht so kommen, versicherte Tusk demgegenüber am Montag in Brüssel. Ob er an diesem Punkt jetzt zurückrudert oder zuvor falsch interpretiert worden war, bleibt offen. Insgesamt aber mischte Tusk vorsichtig Ermahnungen in Richtung Warschau und Versuche zur Deeskalation auf europäischer Ebene.

So erinnerte der polnische Ratspräsident seinen Landsmann an die Zeit vor 30 Jahren in Polen, als er mit dem damaligen Solidarnosc-Führer Lech Walesa über die Zukunft des Landes gesprochen hätte. Beide seien sich einig gewesen, wie wichtig der Wechsel Polens aus dem Dunkel der osteuropäischen Vergangenheit in die Helligkeit der westlichen Demokratien sei - ein Hinweis darauf, dass nicht etwa die nationalkonservative Partei PiS die historische Glaubwürdigkeit gepachtet habe. Und Tusk sagte auch, dass die Glaubwürdigkeit Polens in den vergangenen Wochen gelitten habe. Offen ließ er aber, ob das auf Entscheidungen der neuen Regierung zurückzuführen sei oder auf "Übertreibungen" in den Medien, wie sie Andrzej Duda so ausführlich beklagte. Der Ratspräsident versicherte demgegenüber, Polen habe in Europa keine Feinde, Verschwörungstheorien darüber hätten absolut keine Basis.

Polen: Demonstration Komitee zur Verteidigung der Demokratie (Foto: Imago/Eastnews)
Das Komitee zur Verteidigung der Demokratie blies im Dezember zum Protest gegen die konservative RegierungBild: Imago/Eastnews

Kritik an den Medien

"Wir als Polen freuen uns, dass mit Donald Tusk ein Landsmann die wichtige Position des EU-Ratspräsidenten innehat", sagte Andrzej Duda, um mit dieser Schmeichelei von vornherein die angespannte Atmosphäre zu entkrampfen. Schließlich vertrete auch er eine zentraleuropäische Perspektive, die eben anders sei als die Sicht des Westens. Generell gab der polnische Präsident sich als Stimme der Vernunft und betonte immer wieder, er wolle deeskalieren. "Wir appellieren an alle, die Debatte zu beruhigen und mehr Zurückhaltung zu zeigen. Wir sollten unsere Diskussion aufgrund von Tatsachen führen und nicht aufgrund von Medienberichten." Diese seien völlig übertrieben oder falsch gewesen, und deswegen habe Warschau auch reagiert. Auf Details ließ der Präsident sich dabei nicht ein. "Es gibt hier zu viele unnötige Emotionen, wir sollten sie abkühlen. In Polen geschieht überhaupt nichts Ungewöhnliches. Es ist wie überall nach einem Regierungswechsel." Polen erwarte, respektiert zu werden, und wisse, dass es auch die EU-Institutionen respektieren müsse.

Etwas spezifischer wurde Duda dann beim Pipelineprojekt Northstream. Das Vorhaben gefährde die Energiesicherheit in Polen und die Energiesolidarität in der EU. Und zur Frage der Aufnahme von Flüchtlingen wiederholte der polnische Präsident, was er bereits am Wochenende im Zeitungsinterview gesagt hatte: Man werde Schutzsuchende aufnehmen, wenn die denn Hilfe in Polen suchten, Anspruch drauf hätten und nicht straffällig würden. Abgesehen davon aber müsse man die Situation in den Herkunftsländern verbessern, vor allem in den Flüchtlingslagern der Nachbarstaaten Syriens, und den Krieg dort beenden. Und was den notwendigen Schutz der EU-Außengrenzen angehe, erfülle Polen seine Aufgaben.

Die jetzige Ministerpräsidentin Beata Szydlo und PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski im Parlament (Foto: dpa/picture alliance)
Die jetzige konservative Ministerpräsidentin Beata Szydlo und PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski im ParlamentBild: picture-alliance/epa/J. Turczyk

Tusks Drahtseilakt

EU-Ratspräsident Tusk bewegt sich hier auf dem schmalen Grat zwischen Solidarität mit seinem Heimatland und seinen europäischen Aufgaben in Brüssel. Einerseits will er die angespannte Lage nicht durch scharfe Töne weiter anheizen, andererseits weiß er, dass er das Rechtsstaatlichkeitsverfahren der EU-Kommission nicht hintertreiben darf. Und darüber hinaus weiß er wohl auch, wie fragil die demokratischen Grundsätze zur Zeit in Polen sind. Insofern mischt er Mahnungen in Richtung Warschau mit dem Versuch, die Temperatur der Debatte abzukühlen. Für ihn ist es ein diplomatischer Balanceakt, denn wenn beim nächsten Gipfeltreffen über die Zugeständnisse an Großbritannien verhandelt wird, baucht er dazu auch ein Ja Polens.

Der polnische Präsident Andrzej Duda wiederum zeigt sich als das gemäßigte Gesicht seines Landes auf der internationalen Bühne. Er versucht, alle Bedenken wegen der Demokratietreue zu zerstreuen, erwartet aber von seinen Partnern, an die guten Absichten Warschaus zu glauben. Gleichzeitig stellt er Ansprüche an die Solidarität der EU, nicht nur was Northstream angeht, sondern auch in punkto Ukraine und der Verteidigung gegenüber Russland. Unterdessen versichert PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczynski zu Hause, man wolle die Verfassung ändern und es werde keine Zugeständnisse an die EU geben. Duda wiederum erklärt den europäischen Partnern, diese seien gar nicht nötig, weil in Polen ja alles in bester demokratischer Ordnung sei. Die Frage ist nur, welchem Bild von Polen die EU hier glauben sollte.