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DW-Produktion im Irak wegen Drohungen abgesagt

Jan Kuhlmann
2. Februar 2023

Die Deutsche Welle wollte im Irak eine neue Folge ihres arabischsprachigen Programms "JaafarTalk" aufnehmen. Stattdessen mussten die Mitarbeiter das Land kurzfristig wieder verlassen.

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Das Deutsche Welle-Gebäude in Bonn
Der Hauptsitz der Deutschen Welle in BonnBild: M. Becker/dpa/picture alliance

Der in der arabischen Welt sehr populäre TV-Moderator der Deutschen Welle, Jaafar Abdul Karim, und sein Team haben eine in Bagdad geplante Produktion wegen eindeutiger Drohungen abgesagt. Aus Sicherheitsgründen mussten die Mitarbeiter des deutschen Auslandssenders das Land am Donnerstagmorgen kurzfristig verlassen.

Abdul Karim und sein Team waren in die irakische Hauptstadt gereist, um eine neue Folge der Sendung "JaafarTalk" aufzuzeichnen. Die Produktion sollte in Zusammenarbeit mit dem irakischen Sender Al-Rasheed erfolgen. Die Deutsche Welle kritisiert den Vorfall als inakzeptablen Eingriff in die Pressefreiheit.

Erfolgreiches TV-Format in der arabischen Welt

"JaafarTalk" zählt zu den erfolgreichsten TV-Formaten in der arabischen Welt. Die wöchentliche Sendung der Deutschen Welle behandelt auch Themen, die in der Region ein Tabu sind. Dazu zählen etwa Verstöße gegen die Menschenrechte oder die fehlende Gleichberechtigung von Frauen. Auf TikTok ist "JaafarTalk" einem Bericht des Medienmagazin "The Fix" zufolge mit 1,4 Millionen Followern derzeit das erfolgreichste deutsche Medienprodukt.

In der aktuellen Sendung sollte es um Jugendarbeitslosigkeit, politische Partizipation und Frauenrechte gehen. Geplant war die Produktion im Zawraa-Park in Bagdad. Zu Wort kommen sollten unter anderem Vertreter der irakischen Protestbewegung sowie Verantwortliche der Regierung. Auch rund 50 Zuschauer waren eingeladen.

Homosexualität als kontroverses Thema

Bereits im Vorfeld der geplanten Aufzeichnung kam es jedoch zu direkten Drohungen gegen Abdul Karim. So verbreitete ein irakisches Medium auf Instagram ein Video, in dem es dem DW-Moderator vorwarf, "abnormales und perverses" Sexualverhalten inmitten von Bagdad verbreiten zu wollen. Dazu wurden Ausschnitte aus früheren Sendungen von "JaafarTalk" gezeigt, in denen es um Homosexualität ging. Der Instagram-Post forderte die irakischen Behörden direkt auf, die Aufzeichnung der geplanten Sendung zu verhindern.

Menschenleeres Set für die TV-Sendung JaafarTalk in Bagdad
Menschenleeres Set in Bagdad: Drohungen verhinderten die TV-AufzeichnungBild: DW

Abdul Karim und sein Team seien danach von hohen irakischen Verantwortlichen mehr und mehr unter Druck gesetzt worden, berichtet der DW-Moderator. So habe die staatliche irakische Kommission für Kommunikation und Medien plötzlich eine Sonderdrehgenehmigung der DW für die geplante Aufzeichnung verlangt, obwohl die sonst üblichen Genehmigungen im Vorfeld durch unsere Partner beantragt und erteilt worden waren.

Verhaftung angedroht

Vertreter des irakischen Innenministeriums erschienen am Mittwochabend in dem Hotel, in dem Abdul Karim und sein Team untergebracht waren. Nach DW-Angaben erklärten sie ihm, dass er ohne eine Sondergenehmigung nicht mehr arbeiten dürfe und bei Zuwiderhandlung mit einer Verhaftung rechnen müsse. Für seine Sicherheit könne die Regierung keine Garantie mehr übernehmen.

"Das war ein willkürliches Vorgehen gegen uns", sagte Abdul Karim. "Einen Tag vor der Sendung wurden im Stundentakt neue Forderungen und Einschränkungen vorgebracht."

DW Jaafar Talk Moderator Jaafar Abdul Karim
DW-Moderator Jaafar Abdul Karim

DW-Chefredakteurin Manuela Kasper-Claridge sagte, es sei "alarmierend, wie Journalisten im Irak behandelt werden. Die Bedrohung unseres Teams und des Moderators Jaafar Abdul Karim durch Kräfte im Irak, die der freien Meinungsäußerung einen Riegel vorschieben wollen, ist nicht hinnehmbar. Die Sendung JaafarTalk erreicht Millionen von Menschen, weil die DW damit eine Plattform für in der Region wichtige Debatten bietet. Auch nachdem wir gezwungen wurden, diese Sendung abzusagen, werden wir weiter über die Entwicklungen im Irak berichten."

Offizieller Protest

Die Deutsche Welle legte bei der irakischen Botschaft in Berlin Protest gegen die Behandlung ihrer Mitarbeiter und die Behinderung der journalistischen Arbeit ein. "Diese massive Nötigung durch offizielle Behörden der Republik Irak ist eine beispiellose Einschränkung der Pressefreiheit", hieß es in dem Schreiben des Senders.

Die Meinungsfreiheit ist im Irak generell massiv eingeschränkt. In der Rangliste der Pressefreiheit der Organisation Reporter ohne Grenzen steht das Land derzeit unter 180 Ländern auf Platz 172. Nach Zählung der Organisation wurden in den vergangenen 20 Jahren fast 300 Journalisten im Irak getötet.

In dem Land haben vor allem schiitische Milizen großen Einfluss, auch auf die Regierung. Die bewaffneten Gruppen sind eng mit dem Regime im benachbarten Iran verbunden. Sie unterstehen offiziell dem irakischen Ministerpräsidenten, führen aber ein Eigenleben.