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Ebola ist noch nicht unter Kontrolle

Bernd Gräßler19. Juni 2015

"Ärzte ohne Grenzen" warnt vor Unterschätzung der Epidemie und fordert einen WHO-Forschungsfonds für vernachlässigte Krankheiten. Für Flüchtlinge aus Afrika will die Hilfsorganisation legale Zufluchtswege nach Europa.

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Guinea MSF Ärzte ohne Grenzen Einsatz gegen Ebola
Bild: Amandine Colin/Ärzte ohne Grenzen

Seit der erfreulichen Nachricht, dass Liberia frei von Ebola ist, wächst die Gefahr, dass diese Krankheit erneut unterschätzt wird. Darauf machte die Organisation "Ärzte ohne Grenzen" auf einer Pressekonferenz in Berlin aufmerksam. Aus den noch betroffenen Ländern Guinea und Sierra Leone höre man in der Öffentlichkeit kaum etwas. Aber die Epidemie sei längst nicht unter Kontrolle. In beiden Ländern seien neue, unbekannte Übertragungsketten in Gebieten entdeckt worden, in denen Wochen lang keine Fälle bekannt waren, sagte der Vorstandsvorsitzende der deutschen Sektion, Volker Westerbarkey. Seine Organisation habe deshalb immer noch mehr als 1900 Mitarbeiter im Einsatz und betreibe drei Behandlungszentren. Im Jahresbericht von "Ärzte ohne Grenzen" wird an 14 lokale Mitarbeiter erinnert, die bei der Ebola-Bekämpfung in Afrika starben.

Dr. Volker Westerbarkey MSF Ärzte ohne Grenzen
Volker Westerbarkey: Nur Absichtserklärungen der G7Bild: Barbara Sigge

"Heute nicht besser vorbereitet als damals"

Der Schutz vor derartigen Epidemien sei jedoch nicht die Verantwortung von privaten Organisationen wie "Ärzte ohne Grenzen", sondern Aufgabe der internationalen Gemeinschaft. Falls heute eine neue Epidemie ausbreche, sei die Welt in keiner Weise besser vorbereitet, warnte Westerbarkey.

"Ärzte ohne Grenzen" fordert einen Forschungsfonds der Weltgesundheitsorganisation, der mit ausreichend öffentlichen Mitteln bestückt wird und sich bisher vernachlässigten Krankheiten widmet. Diese beträfen vor allem ärmere Menschen und würden erst dann als Gefahr wahrgenommen, wenn sie auch die reichen Länder bedrohten. "Beim jüngsten G7-Gipfel war davon leider keine Rede, und mit Ausnahme von Großbritannien gab es auch keine finanziellen Zusagen", kritisierte Westerbarkey. Es sei bei Absichtserklärungen geblieben. Auch Deutschland sei bei vernachlässigten Krankheiten "ein Forschungszwerg".

"Menschen müssen fliehen können"

Ärzte ohne Grenzen Hilfsschiff Dignity I
Das jüngste Rettungsschiff von "Ärzte ohne Grenzen": Dignity 1Bild: MSF/Juan Carlos Tomasi

Mit Blick auf den Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer nach Europa fordert die Hilfsorganisation von der Europäischen Union, legale Fluchtwege nach Europa zu schaffen und eine umfassende Seenotrettung zu gewährleisten. "Menschen, die fliehen müssen, müssen fliehen können", sagte der Geschäftsführer von "Ärzte ohne Grenzen" in Deutschland, Florian Westphal, nach seiner Rückkehr von einem Projektbesuch in Sizilien. Die drei Rettungsschiffe der Organisation haben seit Anfang Mai über 3800 Menschen aufgenommen. Die medizinischen Teams an Bord der Schiffe "My Phoenix", "Bourbon Argos" und "Dignity 1" hätten es mit dehydrierten und traumatisierten Menschen zu tun, sagte Westphal. Viele hätten schwere Hautverätzungen durch Kraftstoff, der sich an Bord mit Meerwasser vermische. Verletzungen aufgrund von Gewalt, chronische Krankheiten wie Diabetes müssten behandelt werden. Auch viele Schwangere benötigten Hilfe.

Ärzte ohne Grenzen hat im vergangenen Jahr 113 Millionen Euro an Spenden und Zuwendungen sowie knapp vier Millionen Euro öffentliche Fördermittel erhalten. Schwerpunkte der medizinischen Programme sind derzeit die von blutigen Konflikten geprägten Länder Südsudan, DR Kongo und Zentralafrikanische Republik.