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Ecclestone bremst neues Qualifying aus

1. März 2016

Eine Qualifying-Revolution mit härteren Regeln und mehr Spannung - diese Ankündigung sorgte für großes Aufsehen. Nun ist nicht mehr sicher, ob das Format überhaupt kommt - Grund sind Zweifel bei F1-Boss Ecclestone.

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Formel 1 Boss Bernie Ecclestone
Bild: picture-alliance/dpa/V. Xhemaj

Keine sieben Tage brauchte Bernie Ecclestone, um aus der heißesten Geschichte der Formel 1 die Luft herauszulassen. Eine Qualifying-Revolution "möglichst schon zum Saisonstart" hatte der Weltverband FIA in der vergangenen Woche angekündigt. Dann meldete Ecclestone sich mehrfach zu Wort, die Nummer wurde kleiner und kleiner. Und zu Beginn der letzten Tests in Barcelona ist nicht mal sicher, ob das neue Format überhaupt kommt.

"Wir müssen abwarten, ob die angekündigten Veränderungen nicht noch gekippt werden", sagte der Formel-1-Chef dem Wirtschaftsmagazin "Forbes". Der Brite ist kein großer Freund der neuen Idee, und spielt nun seine Macht aus. Die Formel 1 könnte sich damit wieder einmal selbst lähmen - es ist eine Geschichte, die viel erzählt über verworrene Entscheidungswege und Grabenkämpfe in der Königsklasse.

"Das ist ein bisschen in die Hose gegangen, würde ich sagen", meinte auch Mercedes-Pilot Nico Rosberg: "Das sieht nach außen nicht sonderlich professionell aus." Dabei hatte alles gut begonnen. Eine Art "Reise nach Jerusalem" sollte für mehr Spannung bei der Zeitenjagd sorgen, im Stile eines Ausscheidungsrennens würde dabei im 90-Sekunden-Takt der schwächste Fahrer rausfliegen. Der Vorschlag schaffte es durch die Strategiegruppe und die Formel-1-Kommission, die ersten beiden Entscheidungsinstanzen. Einigkeit herrscht in diesen Gremien selten genug, denn die Interessen sind oft gegenläufig.

Ecclestone als Sand im Getriebe

Nun fehlt eigentlich nur noch die Zustimmung des Motorsportweltrats der FIA, der die Anträge anschließend normalerweise aber nur noch durchwinkt. Das sollte eigentlich auch in diesem Fall geschehen. Doch Ecclestone gefällt der Gedanke an das neue Format nicht, "es ist eigentlich nicht das, was ich wollte", sagt der 85-Jährige. Nun stellt er offenbar auf stur und will den Vorschlag blockieren. Er kann das, weil seine Firma, der Formel-1-Rechteinhaber FOM für die Umsetzung zuständig ist.

Rennszene (Foto: Getty Images/P. Gilham)
Die neuen Regeln sollten im Qualifying zu einem früheren Zeitpunkt mehr Autos auf die Strecke bringenBild: Getty Images/P. Gilham

Die geplante Einführung zum Saisonstart in Melbourne (20. März) sei nicht möglich, sagte er, die nötige Software werde nicht rechtzeitig fertig. "Meine Jungs von der Zeitnahme haben mir gesagt: 'Mr. E, warum werden wir in eine solche Situation gebracht? Wir bekommen das so schnell nicht hin", sagte Ecclestone der BBC: "Da kann die FIA wenig machen, weil wir nun mal dafür zuständig sind. Das ist alles."

Frühestens zum Großen Preis von Spanien im Mai sei es umsetzbar, meint der Brite - wohlwissend, dass eine derart gravierende Änderung mitten in der Saison weder bei Teams noch beim Fan besonders gut ankommt. Vielleicht setzt Ecclestone nun darauf, dass der Weltrat sich angesichts dieses Hick-Hacks doch gegen die Idee entscheidet.

Die Vertreter der Formel 1 sind dabei durchaus seiner Meinung: "Wir müssen erst mal verstehen, ob wir das Entertainment verbessern oder ob es ein Flop wäre", sagt etwa Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene. Alex Wurz, Vorsitzender der Fahrergewerkschaft, glaubt nicht an einen "messbaren Erfolg" und hält eine Änderung schlicht für unnötig. "Ich glaube, es hat keinen einzigen TV-Sender gegeben, der mit dem Qualifying-Format nicht zufrieden war", sagte er im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com

Rennen in Afrika statt in Deutschland

Neben dem neuen Qualifikationsformat ist Ecclestone auch mit den deutschen Rennveranstaltern unzufrieden. Der Brite hat die Organisatoren möglicher Rennen auf dem Nürburg- und dem Hockenheimring erneut unter Druck gesetzt und gleichzeitig ein Rennen in Afrika in Aussicht gestellt. Eine Zukunft der Königsklasse in Deutschland sei "im Grundsatz erst einmal eine Frage des Geldes", sagte Ecclestone dem "Handelsblatt". Im vergangenen Jahr war das Rennen am Nürburgring kurzfristig ausgefallen, weil sich Ecclestone mit den Veranstaltern nicht auf einen Vertrag hatte einigen können. Verhandlungen mit den Betreibern des Hockenheimrings als möglichem Alternativstandort blieben erfolglos. Die Strecke in Hockenheim hat noch einen Vertrag für dieses Jahr und die Saison 2018 und muss danach wohl auch um ihren Status bangen.

"Wir wollten Hockenheim letztes Jahr ein wenig aufwecken", moserte Ecclestone: "Sie leben immer noch zwanzig Jahre hinter der Zeit, wenn ich sie mit anderen Veranstaltungen vergleiche." Zuletzt hatte der Brite bereits betont, dass der Hockenheim-Vertrag aus seiner Sicht "kein besonders guter Vertrag" sei. Eine Rückkehr des Nürburgrings, der die Deutschland-Rennen in den ungeraden Jahren ausgerichtet hatte, ist derzeit ohnehin unwahrscheinlich.

Dass er bei der Zusammenstellung des Kalenders nur bedingt Rücksicht auf Traditionsstrecken nimmt, hat Ecclestone in der Vergangenheit schon öfter gezeigt. In diesem Jahr gibt der Große Preis von Europa in Aserbaidschans Hauptstadt Baku seine Premiere in der Formel 1. Der Chefpromoter sucht vor allem neue Märkte, auch in Zukunft soll die Formel 1 außerhalb von Europa wachsen. "Es sieht danach aus", sagte er: "Ich würde gerne noch ein Rennen in Afrika sehen, wo wir bisher überhaupt nicht fahren. Erste Gespräche führen wir bereits. Und vielleicht noch ein weiteres Rennen in den USA, mal sehen." Zuletzt hatte es 1993 auf dem Kyalami Grand Prix Circuit vor den Toren Johannesburgs in Südafrika ein Formel-1-Rennen auf afrikanischem Boden gegeben.

asz/jw (dpa, sid)