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Ehren-Bär für einen alten Hasen

12. Februar 2002

Robert Altman ist Ehren-Gast der Berlinale 2002 und erhielt den Ehren-Bär für sein filmisches Lebenswerk.

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"Ich hoffe, dass es nicht mein gesamtes Lebenswerk war."Bild: AP

"Goya Amerikas", so wurde der US-Regisseur Robert Altman einmal genannt. Das Kompliment zielt auf Altmans Brillanz im Entwerfen scharf konturierter Gesellschaftsbilder. Seine besten Spielfilme zeichnen sich neben packenden Storys, exzellentem Schauspiel und virtuoser Inszenierung immer auch durch einen genauen, kritischen Blick auf die soziale Wirklichkeit aus. Ein Mann der Traumfabrik ist Altman, gerade für seinen jüngsten Spielfilm "Gosford Park" mit einem Golden Globe ausgezeichnet, nie geworden. Am 10. Februar erhielt der Regiesseur für sein Lebenswerk den Ehren-Bären der 52. Berlinale.

Ein typischer Quereinsteiger

Altman wurde am 20. Februar 1925 in Kansas City in eine englisch-irisch-deutsche Familie geboren. Der Sohn eines erfolgreichen Versicherungskaufmanns versuchte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst mit einem Ingenieursdiplom in der Tasche als Geschäftsmann. Damit jedoch hatte er relativ wenig Erfolg. Auch als Erfinder, so geht etwa eine Hunde-Tätowierungsmaschine auf eine Idee von ihm zurück, kam er nicht sonderlich gut voran.

Erste Schritte in Richtung Hollywood waren Industriefilme, Dokumentationen und Werbespots. Mit dem Schreiben von Geschichten für das Fernsehen und das Kino fand er endgültig zu seiner Profession. Dem folgte von Ende der 50er bis Mitte der 60er Jahre eine harte Schule als TV-Regisseur. Altman erlernte das Handwerk des Inszenierens, beispielsweise anhand der Western-TV-Serie "Bonanza".

Amerika im Visier

Sein dritter Spielfilm für das Kino, die Militärsatire "M*A*S*H" wurde 1970 mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet und begründete seinen Ruf als unerbittlicher Chronist des "American way of life". Altman, der 1996 zum Ritter der Französischen Ehrenlegion geschlagen wurde, hat mit bisher mehr als 30 Spielfilmen immer wieder
seine diesbezügliche Meisterschaft unter Beweis gestellt.

Gleichsam nebenbei hat er viele Schauspieler bei ihren ersten Schritten zum Starruhm gelenkt, zum Beispiel Shelley Duvall, Keith Carradine, Jeff Goldblum, Sally Kellerman, Michael Murphy und Cher.

Seine populärsten Spielfilme sind "Drei Frauen" (1977), "Eine
Hochzeit" (1978) und "Short Cuts" (1993), der den Goldenen Löwen von Venedig gewann. Sie erzählen meist anfänglich wie skizziert anmutende Geschichten, die sich in einem Geflecht von assoziationsreichen Bildern und hintergründigen Dialogen zu psychologischen Charakterporträts vor dem Hintergrund feinsinnig gestalteter Gesellschaftspanoramen steigern.

Das Spiel mit dem Zufall

Formal und inhaltlich ist wohl "Nashville" (1975) Altmans wichtigste Produktion. Seine inzwischen zum Markenzeichen gewordene Vorliebe, Dutzende von Personen und Schicksale zueinander und aneinander vorbei zu führen und dabei von Szene zu Szene die Spannung zu steigern, reifte hier erstmals zur Vollendung. Ohne vordergründige Fingerzeige offenbarte Altman so die schattenreiche Wahrheit hinter gefälligen Masken und oberflächlichem Geplapper; seziert dabei gnadenlos die Neurosen der so genannten Westlichen Welt.

In den vergangenen Jahren dominierte eine leise Ironie die Arbeiten Altmans. Doch auf den ersten Blick gefällig anmutende Komödien wie "Cookie's Fortune" (1999) und "Dr. T. und die Frauen" (2000) haben stets auch ein hohes satirisches Potenzial.

Szene aus dem Film "Gosford Park"
Szene aus dem Film "Gosford Park", USA 2001, Regie Robert Altman

So auch "Gosford Park", ein 1932 in England spielender Thriller, der auf der Berlinale zu Ehren Altmans im Wettbewerbsprogramm außer Konkurrenz zu sehen war. (dpa/kas)