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Deutschland diskutiert über einen Veteranen-Gedenktag

Nina Werkhäuser5. April 2012

Deutschland braucht einen Gedenktag für seine Veteranen, fordert der Verteidigungsminister. Also für jene 300.000 Soldaten, die im Auslandseinsatz waren. Eine neue Entwicklung in der Geschichte der Bundeswehr.

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Soldaten der Bundeswehr stehen zum Gelöbnis bereit. Foto: dpa
Bild: picture alliance/dpa

Ein Gedenktag für Veteranen, Anerkennung und besondere Privilegien - in vielen Ländern ist das üblich. Nun zieht Deutschland nach. "Es ist an der Zeit, sachlich und offen über eine Veteranenpolitik zu diskutieren. Dies ist neu, aber nur für Deutschland", bemerkt Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) in einem Diskussionspapier. In der Tat hinkt Deutschland bei diesem Thema den Verbündeten hinterher, die sich längst um die Würdigung ihrer Veteranen kümmern. Hierzulande beklagen viele Soldaten, dass die Gesellschaft ihre Leistungen nicht zur Kenntnis nehme.

Mehr Anerkennung für Soldaten

Eine Geste der Anerkennung soll ein Gedenktag für die mehr als 300.000 Soldaten sein, die bisher im Auslandseinsatz waren. Diese Idee stößt sowohl in der Bundeswehr als auch in der Politik auf große Zustimmung. Nur die Suche nach einem passenden Datum gestaltet sich schwierig. Der Volkstrauertrag, den Minister de Maizière zuerst ins Spiel brachte, fand nicht viel Unterstützung. An diesem Tag im November gedenken die Deutschen der Toten der Weltkriege. Im Gespräch ist auch der 2. April, weil am 2. April 2010 in Afghanistan - dem "schwarzen Karfreitag" - drei deutsche Soldaten fielen. Für diesen Termin plädiert der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags, Hellmut Königshaus. Er hält einen Veteranen-Gedenktag für "überfällig."

Nun hat der Verteidigungsminister einen weiteren Vorschlag auf den Tisch gelegt: Der 22. Mai. Am 22. Mai 1956 seien die verfassungsrechtlichen Grundlagen für die Bundeswehr gelegt worden, so seine Begründung. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte es zunächst keine deutsche Armee mehr gegeben. Erst Mitte der 50er Jahre erlaubten die Alliierten der jungen Bundesrepublik, eigene Streitkräfte aufzustellen - eine Folge der wachsenden Spannung zwischen Ost und West. In der Selbstwahrnehmung der Bundeswehr spielt dieses Datum allerdings keine besondere Rolle.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière. Foto: dapd
Verteidigungsminister Thomas de Maizière arbeitet an einem Konzept für die VeteranenpolitikBild: dapd

Das Echo auf den Terminvorschlag des Ministers ist geteilt. "Wenn das nur ein Tag ist, der sich in viele andere Gedenktage einreiht, dann wird er dem Thema nicht gerecht", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold der "Mitteldeutschen Zeitung". Der 22. Mai sei besser als das willkürlich gewählte Datum eines Anschlags auf die Bundeswehr, meint Andreas Timmermann-Levanas, der Vorsitzende des Bundes Deutscher Veteranen.     

Wer ist überhaupt ein Veteran? 

In der Diskussion über den Gedenktag taucht eine wichtige Frage immer wieder auf: Wer ist in Deutschland eigentlich ein Veteran? Nur die Soldaten, die im Auslandseinsatz waren oder alle altgedienten, lebensälteren Soldaten? Aus historischen Gründen hat der Begriff "Veteran" in der Bundeswehr keine Tradition. Für die Veteranen des Zweiten Weltkriegs wurden hierzulande naturgemäß keine Gedenkfeiern veranstaltet wie in den USA oder Frankreich. Und "neue" Veteranen gab es im Kalten Krieg nicht, weil die Bundeswehr nicht in Kampfhandlungen verwickelt war.

Erst in jüngster Zeit haben Soldaten das Wort wieder zum Leben erweckt, vor allem Rückkehrer aus Afghanistan: Sie haben dort gekämpft, manche sind an Körper oder Seele verwundet worden. Die Soldaten nennen ihren Einsatz Krieg und sich selbst Veteranen. Im August 2010 gründeten sie in Berlin eine Interessenvertretung, den Bund Deutscher Veteranen.

Soldaten der Bundeswehr in einer Staubwolke, die ein Militärhubschrauber in Afghanistan aufwirbelt. Foto: dapd
Sehen sich als Veteranen: Die Rückkehrer aus AfghanistanBild: dapd

Wer nun aber genau dazugehört, darüber wird noch diskutiert. Auch unter den 200.000 Soldaten, die im Bundeswehrverband organisiert sind. Dort forsche man derzeit nach der "Substanz" des Veteranenbegriffs, erklärte der Vorsitzende Ulrich Kirsch. Verteidigungsminister de Maizière weist darauf hin, dass die Definition dieses "Ehrentitels" in Deutschland noch unscharf sei. Ihm ist es wichtig, eine Spaltung der Streitkräfte in Soldaten "mit und ohne Veteranenstatus" zu vermeiden.