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Ein goldener Ausflug in die Berge

Olivia Gerstenberger10. Februar 2014

DW-Sportreporterin Olivia Gerstenberger macht sich in Sotschi zum ersten Mal auf den Weg in die Berge und wird Zeuge eines historischen Sportmomentes.

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Russland Olympiade Olivia Fritz in Sotschi
Bild: DW/B. Mohr

Die gestrige Idee, heute den Shuttle zu nehmen, war eine gute. Soviel vorneweg. Dennoch kostet mich die Bergfahrt hinauf nach Rosa Khutor gute zweieinhalb Stunden. Dreimal muss ich umsteigen. Erst führt mich mein Weg vom Hotel zum Pressezentrum in Sotschi. Dort geht es durch die erste Personenkontrolle. Dann nehme ich den nächsten Shuttle. Bevor wir das Mediengelände verlassen, werden die Türen und Fenster des Busses von außen ordnungsgemäß mit einem Klebestreifen versiegelt, das Siegel darf zwischen zwei Haltestellen nicht beschädigt werden. Die Reste kleben mittlerweile auf fast allen Bussen, bald werden sie wohl voll damit sein.

Auf der parallel zur Zugstrecke gebauten Schnellstraße kommen wir recht zügig voran. Die Fahrt führt durch ein Flussbett, die Berge um mich herum sind noch braun, nur die Spitzen leuchten schneeweiß. Plötzlich stoppt der Bus, uns kommt eine Wagen-Kolonne entgegen. Mehrere Limousinen werden von Polizeiwagen mit Blaulicht begleitet. "Putin?" lautet die gleich mehrfach geäußerte Frage im Bus. Man weiß es nicht. Der Medienshuttle setzt sich wieder in Bewegung und peilt den nächsten Haltepunkt an, wo ich wieder umsteigen muss: Wir sind in Krasnaja Poljana angekommen. Doch bevor wir aussteigen dürfen, wird der Bus noch einmal eingehend gecheckt: Einer der Sicherheitsleute untersucht den Bus von unten, ein anderer läuft einmal herum und kontrolliert die Siegel. Alles klar, es geht weiter. Das gleiche Spielchen im nächsten Bus. Immer weiter geht es den Berg hinauf: durch den Ort, der tatsächlich wie ein Skiort aussieht, und einige, von dicken Betonwänden geschützte Serpentinen hinauf. Dann erreichen wir Rosa Khutor, den nächsten neu gebauten Skiort, wo Maria Höfl-Riesch in einigen Stunden Geschichte schreiben wird.

Endlich Schnee!

Ich steige aus und trete in Schneematsch. Mit dem Blick auf die Pisten und den Füßen im Schnee - zumindest ein bisschen Schnee - kommt es mir endlich so vor, bei den Winterspielen angekommen zu sein. Bei meinem Ausflug in die Berge habe ich mich auch entsprechend ausgestattet: In Skijacke, gefütterten und wasserdichten Wanderschuhen, Handschuhen und einer gefütterte Hose begebe ich mich in den Pressebereich an der Abfahrt. Die Sonne scheint und die Piste liegt direkt vor mir. Naja - zumindest der Zielhang. Alles, was darüber liegt, muss ich gemeinsam mit allen anderen Zuschauern auf der großen Leinwand verfolgen. Dort werden praktischerweise aber auch gleich alle Zeiten eingeblendet.

Stadtkern von Rosa Khutor
Ein "echter" Skiort: Rosa KhutorBild: DW/F. Taube

Tatsächlich Gold!

Jetzt kann es losgehen! Maria Höfl-Riesch tritt zu ihrem ersten Wettbewerb an: In der Super-Kombination will sie erneut Olympiasiegerin werden. Nach der Abfahrt liegt sie allerdings "nur" auf Rang fünf. Es folgt eine lange Pause. Dann geht es mit dem Slalom weiter und es wird schnell klar, dass der gesteckte Kurs anspruchsvoll ist, denn viele Skirennfahrerinnen scheiden vorzeitig aus. Jedes Mal geht ein Raunen durch das Publikum, das die Tribüne nicht ganz ausfüllt.

Als Maria Höfl-Riesch antritt, steigt die Spannung. Auf der Leinwand sieht man, wie sie sich Mut macht, auf die Brust klopft, sieht die Konzentration in ihrem Gesicht. Dann stürzt sie sich in die Piste, umschlängelt die Stangen, reißt die Führung an sich und hinter der Ziellinie die Arme hoch. Obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nichts entschieden ist, scheint sie zu ahnen, dass es zu Gold reichen könnte.

Jetzt gilt es zu warten, wie sich die Konkurrenz schlägt. Dann geht alles ganz schnell und es ist vorbei. Niemand kann die Zeit von Maria Höfl-Riesch unterbieten. Im Moment ihres Triumphes lässt sie sich einfach zu Boden sinken. Sie kniet nieder und die Zuschauer jubeln ihr zu. Es ist ihre dritte olympische Goldmedaille, sie hat sich gerade als Sportlerin unsterblich gemacht. Ich habe einen kleinen Kloß im Hals. Muss man ja auch mal zugeben.

Maria Höfl-Riesch mit der deutschen Fahne
Gold-Marie(a) Höfl-RieschBild: picture-alliance/dpa

Jubel im Deutschen Haus

Auf Maria Höfl-Riesch bricht nun der Jubelsturm ein, alle wollen sie drücken. DOSB-Präsident Alfons Hörmann strahlt hinter den Kulissen, auch auf dem Gesicht von Chef de Mission Michael Vesper liegt ein glückseliges Lächeln. Welch ein Start für die deutsche Fahnenträgerin und Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver in die Olympischen Spiele!

Ich mache mich wieder auf den Weg hinunter, standesgemäß wie alle Wintersportler mit der Gondel. Am Deutschen Haus in Krasnaja Poljana schaue ich noch schnell vorbei, dort ist die Stimmung prächtig. Auf den Fernsehern flimmern die Bilder der Siegerehrungen. Als der erste deutsche Olympiasieger von Sotschi, der Rodler Felix Loch, die Goldmedaille umgehängt bekommt, brandet Applaus auf und Markus Wasmaier stößt neben mir einen lauten Jauchzer aus. Der zweimalige Olympiasieger und ehemalige Ski-Rennfahrer erzählt mir später, dass er durchaus bemerkt habe, wie Maria Nerven gezeigt hat. "Dennoch hat sie es runtergebracht. Kompliment. Das war nicht mal ihre stärkste Leistung, weder in der Abfahrt, noch im Slalom." Es könnten ihre Spiele werden, meint er. Das denke ich auch und mache mich auf den Weg zurück nach Sotschi. Ein besonderer Tag geht auch für mich zu Ende.