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Hilfe für Australiens Flughunde

Brigitte Osterath29. Juni 2015

Ebola, Tollwut, Marburg-Fieber - Flughunde tragen gefährliche Krankheiten in sich und gelten bei vielen Menschen als Brutstätte des Bösen. Trotzdem setzen sich Naturschützer in Australien für die Fledertiere ein.

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Flughund im Tolga Bat Hospital in Australien (Foto: Rainer Dückerhoff).
Bild: Rainer Dückerhoff

"Flughunde sind eine Plage: Wenn man nachts sein Auto unter dem falschen Baum abgestellt hat, ist es morgens voll mit Kot." Der ältere Angestellte auf einem Campingplatz nähe Cairns im Nordosten Australiens schwingt seinen Besen und schimpft weiter: "Außerdem sind Flughunde voller Krankheiten und können alles Mögliche auf den Menschen übertragen."

So oder ähnlich denken viele Australier. Die einheimischen pflanzenfressenden Verwandten der Fledermäuse - die Flughunde - sind hier alles andere als beliebt. Was vielleicht auch daran liegt, dass sie Obstplantagen plündern - besonders gerne mögen sie Mangos. Einige Plantagenbesitzer erschießen Flughunde sogar. Je nachdem, welche Partei gerade regiert, ist das Erschießen von Flughunden im Bundesstaat Queensland erlaubt - selbst bedrohte Arten sind dann nicht sicher vor der Flinte. Derzeit ist das Erschießen legal.

"Hier in Australien gehen sehr viele Gelder in den Schutz der Koalabären, denn jeder liebt sie", erzählt Tierschützerin Jenny Maclean. Die seien ja auch sehr süße Tiere, aber "wenn sie aussterben würden, wäre das für das Ökosystem nicht schlimm." Flughunde hingegen seien durchaus wichtig, betont Jenny: Sie transportieren Samen durch den Verzehr von Früchten und bestäuben auch Blüten.

Patienten, die an der Decke hängen

Seit über zwei Jahrzehnten setzt sich Jenny für die pelzigen Tiere ein. Sie leitet das Tolga-Fledermauskrankenhaus in Atherton nähe Cairns. Solche Fledermaus-Krankenhäuser gibt es inzwischen mehrere an Australiens Ostküste.

Jenny Maclean Leiterin des Tolga Bat Hospital in Australien (Foto: Rainer Dückerhoff).
Jenny Maclean im Gespräch mit DW-Reporterin Brigitte OsterathBild: Rainer Dückerhoff

Jenny sagt, sie sei durch Zufall an diese Aufgabe gekommen. Mit einigen wenigen Tieren, die sie nebenbei gesund gepflegt hat, habe es angefangen. Inzwischen sind es - je nach Saison - einige hundert Flughunde. Sie hängen kopfüber in mehreren begehbaren Gehegen von der Decke und sehen ihre Besucher mit riesigen Augen an. "Es macht sehr viel Spaß mit ihnen zu arbeiten", sagt Jenny. "Sie drehen sich immer so, dass sie einen ansehen können. Und die Babys suchen Körperkontakt."

Viele Flughunde kommen als Waisenbabys zu Jenny. Sie lehrt sie, Milch aus Hängeflaschen zu trinken. Später bekommen sie Obst - und zwar große Mengen: 40 Kilogramm Äpfel und 60 Kilogramm Bananen hängen Jenny und ihre Mitarbeiter jeden Tag in den Gehegen aus - auf Drähte gesteckt oder kleingehạ̈ckselt als Brei. Heißhungrig und unter viel Geschnatter machen sich die Flughunde darüber her.

Opfer der Lähmungszecke

Jedes Jahr sterben hunderte Flughunde in Australien an der Lähmungszecke - viele von ihnen haben gerade Babys, die hilflos zurückbleiben. Diese Waisen nimmt Jenny bei sich auf und päppelt sie auf, bis sie groß genug sind, um ohne ihre Hilfe auszukommen. Dann wildert sie sie im Wald aus.

Flughunde im Tolga Bat Hospital in Australien (Foto: Rainer Dückerhoff).
Junge Flughunde bekommen Milch aus TrinkflaschenBild: Rainer Dückerhoff

Lähmungszecken - mit lateinischem Namen Ixodes holocyclus - stellen ein starkes Nervengift her. Während die Zecke Blut saugt, wandert das Gift in den Körper des Wirtes. "Die meisten einheimischen Tierarten sind immun gegen das Gift", sagt Jenny. "Aber Flughunde sind erst seit kurzem mit den Zecken in Kontakt gekommen, daher besitzen sie keine Immunität."

Über Tage reichert sich das Nervengift im Flughund an. Der kann irgendwann seine Hinterbeine nicht mehr bewegen, fällt vom Baum und verendet am Boden.

Bedrohung Stacheldraht

Flughunde - und auch viele der kleinen insektenfressenden Fledermäuse - landen in Jennys Krankenhaus, weil sie an Stacheldrahtzäunen hängen geblieben sind. Sie reißen sich dabei zum Beispiel die Haut eines Flügels ein, und können nicht mehr fliegen. Gerade in windigen, verregneten Nächten kann das passieren, sagt sie.

Naturschützer wie Jenny plädieren daher dafür, in Gärten keine Stacheldrahtzäune zu verbauen. Auch in Vogelschutznetzen mit zu großen Maschen können sich Flughunde verheddern und verletzen.

Ein super Immunsystem

Aber trotz Lähmungszecken und Stacheldrahtzäunen: "Die größte Gefahr für Flughunde ist ihr schlechter Ruf in der Öffentlichkeit", sagt Jenny. Der Campingplatz-Angestellte hat nicht unrecht: Flughunde können tatsächlich viele für den Menschen gefährliche Krankheiten mit sich herumschleppen.

Flughunde im Tolga Bat Hospital in Australien (Foto: Rainer Dückerhoff).
Flughunde werden so gut wie nie krankBild: Rainer Dückerhoff

Auch die Ebola-Epidemie in Westafrika wurde ausgelöst durch Flughunde. Forscher vermuten, dass Bewohner eines Dorfes in Guinea einen infizierten Flughund gefangen und geschlachtet haben und das Virus so auf den Menschen übergesprungen ist. In Australien sind Flughunde ein Reservoir für das Hendra-Virus, den Erreger einer oft tödlich verlaufenden Atemwegsinfektion bei Pferden und Menschen.

Chinesische Forscher berichteten 2013 in "Science", dass bei Fledertieren das Immunsystem ständig auf Hochtouren läuft. Grund ist, dass sie sich fliegend fortbewegen und daher einen sehr schnellen Stoffwechsel haben. Aufgrund ihres guten Immunsystems werden die Tiere nicht krank, wenn sie sich mit Viren infizieren. Die Erreger vermehren sich aber in ihnen - und können irgendwann bei Gelegenheit auf den Menschen übergehen.

Etwas Vorsicht im Umgang mit Flughunden schadet sicher nicht. Naturschützer warnen die Bevölkerung davor, die Tiere anzufassen. Aber selbst bei Kontakt ist alles nur halb so wild, wie es klingt: Mit dem Hendra-Virus beispielsweise können sich Menschen nur über Pferde als Zwischenwirte anstecken.

Alle Mitarbeiter Jennys müssen gegen Tollwut geimpft sein, da Flughunde in seltenen Fällen ein tollwutähnliches Virus in sich tragen können. Ansonsten gibt es keine besonderen Vorsichtsmaßnahmen in Jennys Fledermauskrankenhaus: "Wir halten einfach die normalen Hygiene-Standards ein, die allgemein bei Tieren gelten."

Das allerdings möchte der Campingplatz-Angestellte nicht hören. Seine Meinung steht fest: Flughunde sind eine Plage. Jenny und ihre Mitstreiter haben also noch jede Menge Arbeit vor sich.