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Ein Mathematiker auf Abwegen

Andreas Noll11. April 2003

Der Mediziner Robert Koch (1843-1910) gilt als Vater der Bakteriologie. Er hat den Milzbrand erforscht und das Tuberkel-Bakterium entdeckt. Dabei schien seine Karriere zunächst eine ganz andere Entwicklung zu nehmen.

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Vor mehr als 100 Jahren von Robert Koch entdeckt: das Tuberkel-BakteriumBild: AP

Als der 19-jährige Abiturient Koch 1862 an die Universität Göttingen kam, schrieb er sich zunächst für die Fächer Mathematik, Physik und Botanik ein. Er wollte Mathematiker werden. Doch schon nach zwei Monaten entdeckte Koch seine Liebe zum Arztberuf und wechselte an die medizinische Fakultät. Schon früh verfasste der junge Student erste wissenschaftliche Beiträge; bereits mit 22 Jahren trat er seine erste Stelle als Assistent am Pathologischen Museum in Göttingen an. Ein Jahr später schloss er sein Studium mit der Promotion ab, um anschließend in Krankenhäusern in Berlin und Hamburg zu arbeiten.

Medizinische Revolutionen

Robert Koch hat in seinem wissenschaftlichen Leben mehrere wegweisende medizinische Entdeckungen gemacht, die ihm 1905 den Nobelpreis für Medizin einbrachten. Sein wissenschaftlicher Durchbruch gelang ihm in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts mit der Erforschung der Milzbrandbazillen. Der Milzbrand gehörte in der damaligen Zeit zu den gefürchtetsten Krankheiten in Europa. Ganze Viehherden wurden von der Krankheit dahingerafft. Als Ursache der hoch ansteckenden Krankheit vermuteten viele Zeitgenossen mysteriöse Substanzen oder gar eine unerklärliche Laune der Natur. Koch wollte sich mit diesen Erklärungen nicht zufrieden geben und begann mit einem für ihn nahezu unerschwinglich teuren Mikroskop, die wahren Ursachen der Krankheit zu erforschen.

Der Milzbrand- Erreger
Der Milzbrand- ErregerBild: AP

Zunächst untersuchte Koch einige Rinderkadaver: unter dem Mikroskop konnte er Millionen von Milzbrandbazillen identifizieren, die - zusammengeballt oder in langen Ketten - sich in den Körpern der Rinder explosionsartig vermehrt hatten. Bei Mäusen gelang ihm der Nachweis, dass der Milzbrand immer dann ausbricht, wenn der "Bacillus anthracis", so die wissenschaftliche Bezeichnung für den Erreger, in den Blutkreislauf der Tiere gelangt. Der junge Mediziner begnügte sich indes nicht mit der Identifizierung des Bazillus, sondern versuchte darüber hinaus zu klären, wie man ihn im menschlichen Körper bekämpfen kann. Das ABC der Hygiene stammt aus seiner Feder.

Deutsche Forschung mit Weltniveau

Die Beobachtungen Kochs ermöglichten in kurzer Zeit die Entwicklung eines Mittels zur Bekämpfung der Krankheit, der man bis dahin machtlos gegenüberstand. Zum ersten Mal in der Medizin war nun der Verursacher einer Infektionskrankheit eindeutig nachgewiesen; die moderne Bakteriologie war geboren. Auffallend viele Deutsche gehörten in dieser Zeit zur internationalen Forschungselite und bildeten eine lange Jahre unangefochtene Spitzengruppe. Robert Koch selbst stand in engem Kontakt zu dem großen deutschen Pathologen Julius Friedrich Cohnheim und dem Bakteriologen Paul Ehrlich, der die moderne Immunologie begründete.

Tuberkulose-Patient
Tuberkulose-Patient in IndienBild: AP

Weltreisen zur Seuchenerforschung

Kochs weiterer wissenschaftlicher Aufstieg vollzog sich im Kaiserlichen Gesunderheitsamt in Berlin, in das er im Jahr 1880 berufen wurde. Zwei Jahre später konnte er eine weitere revolutionäre Entdeckung verkünden: Robert Koch hatte den Bazillus isolieren können, den er für den Ausbruch der Tuberkulose verantwortlich machte. Seine Arbeit hatte entscheidenden Einfluss für die Diagnose der hochansteckenden Krankheit - schon zu dieser Zeit eine "Geißel der Menschheit". Eine Geißel, die nicht nur das Leben in Europa bedrohte.

In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts erlebte Indien eine wahre Choleraepidemie, die große Teile der dortigen Bevölkerung bedrohte. Für Robert Koch Grund genug, vor Ort nach dem Erreger zu suchen. Schon nach kurzen Forschungsaufenthalt gelang es dem Bakteriologen das Bazillus zu identifizieren, zu isolieren und die Übertragungswege zu rekonstruieren. Koch fand heraus, dass viele Inder durch den Genuß von infiziertem Wasser mit den Erreger infiziert wurden.

In Afrika suchte der mittlerweile zum Direktor des Instituts für Infektionskrankheiten in Berlin aufgestiegene Koch nach weiteren Übertragungswegen für hoch ansteckende Infektionskrankheiten. Er wurde fündig und konnte nachweisen, dass auch Insekten die Erreger auf den Menschen übertragen können. Eine Erkenntnis, die für die Malariabekämpfung von großer Bedeutung ist.

Die herausragende Bedeutung von Kochs Forschungen für die Bekämpfung von Infektionskrankheiten ist heute unbestritten. Die zentrale Behörde für Infektionsbehörden, das Robert-Koch-Institut, trägt seit über 80 Jahren schon seinen Namen. Nicht auszudenken, wenn der junge Akademiker Koch beim Mathematikstudium beim Mathematikstudium geblieben wäre ...