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Syrische Flüchtlinge suchen ein Zuhause

Manasi Gopalakrishnan/dch9. März 2015

Es ist ein schwieriger Weg, den viele Flüchtlinge aus Kriegsgebieten für eine bessere Zukunft auf sich nehmen. In Deutschland sind dies häufig Menschen aus Syrien. Manasi Gopalakrishnan berichtet.

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Zalukh and Hussein (Foto: DW/M.Gopalakrishnan)
Bild: DW/M. Gopalakrishnan

"Milch, Butter, Mehl, Vanille und Zucker. Mehr ist da eigentlich nicht drin." Amin Zalukh zählt die Zutaten auf, die sie für ihre hausgemachten Kekse braucht. Die Kekse sind das Erste, was sie ihren Gästen anbietet. Zalukh und ihr Mann Hussein (im Bild oben) sind syrische Kurden. Sie sind geflohen vor der Gewalt in ihrer Heimatstadt Damaskus. Aus ihrer Flüchtlingsnotunterkunft sind sie gerade in ihre erste richtige Wohnung in Bonn gezogen.

Das ältere Ehepaar spricht weder Englisch noch Deutsch. Glücklicherweise hat sich der 28-jährige Nidal, ebenso ein syrisch-kurdischer Flüchtling, bereit erklärt zu übersetzen. "Wie empfanden Sie denn die Zeit in der Flüchtlingsunterkunft?" frage ich Hussein. Das ältere Paar gehörte zu den ersten Flüchtlingen, die nach ihrer Flucht über das Mittelmeer in einen der etwa zehn-Meter-breiten-Container am Rande Bonns gezogen sind. Am Anfang war es eigentlich ganz schön, sagt Hussein, "aber dann haben wir Nachbarn bekommen, die sich die ganze Zeit betrunken und Radau gemacht haben", lacht er.

Flucht aus der Heimat

"Wir hatten ein schönes Leben in Damaskus. Ich habe als Taxifahrer gearbeitet. Dann fing das irgendwann mit den Bombardierungen an. Ständig gab es Polizeirazzien bei Leuten zu Hause". Hussein und seine Familie zogen daraufhin bald nach Afreen, einer Stadt im Nordwesten von Aleppo.

"Wir sind Kurden und haben deswegen kaum Rechte in Syrien", erklärt Hussein und fügt hinzu, dass sein Volk ins Kreuzfeuer zwischen syrischen Rebellen, dem "Islamischen Staat" und Präsident Assads Kräften gekommen sei. "Ich liebe einfach die Freiheit" sagt Hussein schlicht auf die Frage, warum er sich dazu entschlossen habe, sein Heimatland zu verlassen. Seine Familie hatte in Afreen kaum etwas zu essen, wenig zu trinken und keine Arbeit. All dies sollte sich erst ändern, als einige ihrer Verwandten in Deutschland ihnen halfen einen sogenannten "Vertrag" mit der deutschen Regierung zu bekommen.

Status der Flüchtlinge

Die Verträge, die die deutsche Regierung anbietet, sind Rechtsabkommen, in denen sich "die Verwandten dazu verpflichten, für den Rest ihres Lebens die finanzielle Verantwortung für alle Familienmitglieder aus der Krisenregion zu tragen", erklärt Wedig von Heyden. Der 71-Jährige hilft als freiwilliger Helfer der Familie Husseins, sich in ihrem neuen Leben in Deutschland zurecht zu finden.

Zalukh, Hussein, Mohammed und Wedig von Heyden (Foto: DW/M.Gopalakrishnan)
Mohammed (links) und Wedig von Heyden (rechts) mit Zalukh und HusseinBild: DW/M. Gopalakrishnan

Und das Ehepaar Hussein hatte Glück. Die beiden sind offiziell als Asylbewerber anerkannt worden und dürfen sich legal in Deutschland aufhalten, sagt von Heyden. Auf ihren Sohn Mohammed, der auf anderem Weg nach Deutschland gekommen ist, trifft das allerdings nicht zu.

Warten auf die Anerkennung

"Es hat mich fünf Monate und 8000 Euro gekostet, um von Syrien hierher zu kommen", sagt Mohammed. Auf illegalem Weg gelang es ihm, von Syrien in die Türkei zu kommen. Dort nahm er ein Boot nach Griechenland und gelangte schließlich über Serbien, Bulgarien, Ungarn und Österreich nach München. Auf seinem Weg durch Europa wurde er von serbischen Polizisten aufgegriffen und zusammengeschlagen: "Die sind genauso schlimm wie syrische Polizisten", erzählt er.

Mohammed muss jetzt warten, bis über seinen Status entschieden ist. Ob er dauerhaft in Deutschland bleiben darf, ist allerdings noch ungewiss. Grund dafür ist das Dubliner Abkommen aus dem Jahr 2014. Dieses regelt den Status von Flüchtlingen. Das Recht auf Asyl wird demnach von dem EU-Land ausgestellt, das der Flüchtling als Erstes betreten hat - in diesem Fall also Griechenland. Dieser Prozess kann sehr lange dauern und wenn die EU-Behörden dem Antrag nicht stattgeben, könnte Mohammed auch wieder zurück nach Syrien geschickt werden.

Zukunftsplanung fast unmöglich

Deutschland seit Beginn des Bürgerkrieges in Syrien mehr als 200.000 Asylanträge bewilligt. Hussein und seine Frau sagen, dass sie bisher nur freundliche Leute getroffen hätten und fügen hinzu, dass sie Deutschland "sehr dankbar" seien, dass sie hierher kommen durften.

Für Mohammed zählt zur Zeit nur, wie er einen Rechtsstatus bekommen kann, der ihm erlaubt, in Europa zu leben und zu arbeiten. "Das Einzige was ich will, ist die Zukunft meiner Kinder zu sichern", sagt der Vater dreier Kinder.

Eine sichere Zukunft. Dafür hat auch unser 28-jähriger Übersetzer Nidal Rashow hart gearbeitet. Als Student der Anglistik stand Nidal vor der Wahl: Entweder Flucht aus seiner Heimatstadt Homs im Norden Syriens, oder (Zwangs-) Rekrutierung in die syrische Armee. Er entschied sich zur riskanten Flucht über Nordafrika und das Mittelmeer nach Europa.

Nidal Rashow (Foto: DW/M.Gopalakrishnan)
Nidal: auf dem Weg in ein sicheres und stabiles LebenBild: DW/M. Gopalakrishnan

"Ich will Deutsch lernen und eine Arbeit finden", sagt Nidal, der wie Hussein über den Status eines anerkannten Flüchtlings verfügt. Gerade macht er einen Intensivsprachkurs, um möglichst schnell mit seinem neuen Leben in Deutschland beginnen zu können.

Nidal, genau wie Hussein und Zalukh, spricht nicht über die Geschichte seiner Flucht über das Mittelmeer. Das, was die Drei dort erlebt hätten, so Wedig von Heyden, sei so schrecklich gewesen, dass es noch viel zu früh sei, darüber zu sprechen.