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Eine halbe Billion fehlt

16. Juli 2003

Die US-Regierung rechnet im laufenden Haushaltsjahr mit einem Rekord-Defizit von fast einer halben Billion Dollar. Als Gründe nannte die Regierung die Kriegskosten im Irak und in Afghanistan sowie die Wirtschaftslage.

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"Nicht erwünscht, aber zu bewältigen": US-Finanzminister Snow zum DefizitBild: AP

Die nun vorgelegte Defizit-Prognose des Budget-Büros von 455 Milliarden Dollar für das laufende Haushaltsjahr liegt deutlich über der letzten Schätzung. Im Februar waren die Experten noch von einem Defizit von 304 Milliarden Dollar ausgegangen. Der jetzt erwartete Fehlbetrag entspricht gut 4,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Für 2004 wird sogar mit einem Fehlbetrag von 475 Milliarden Dollar gerechnet.

In den neuen Schätzungen sind den Angaben zufolge zum ersten Mal auch die Kosten des Irak-Kriegs enthalten. Die Kriege im Irak und in Afghanistan haben die USA jeden Monat durchschnittlich 4,8 Milliarden Dollar gekostet. Die Kosten lagen damit deutlich über den bisherigen Annahmen.

Über Rekordwert von 1992

Das Defizit übertrifft den Rekordwert von 290 Milliarden Dollar aus dem Jahr 1992. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt waren die Fehlbeträge in der Reagan-Ära Anfang der 1980er-Jahre allerdings noch größer. 1983 lag das Defizit etwa bei sechs Prozent.

Der neue Regierungssprecher Scott McClellan machte für den Fehlbetrag außerdem sinkende Steuereinnahmen durch die Börseneinbrüche und die schwache Wirtschaft verantwortlich. Kritiker verweisen dagegen auf die zwei Steuersenkungen, die Präsident George W. Bush seit seinem Amtsantritt durchgesetzt hat. Der demokratische Senator Mark Dayton warf Bush "kolossales finanzielles Missmanagement" vor.

Greenspan dringt auf Ausgabenkontrolle

Finanzminister John Snow sagte, das Defizit sei eine nicht erwünschte Entwicklung, aber zu bewältigen. Es müssten verstärkte Anstrengungen unternommen werden, die Ausgaben in den Griff zu bekommen. Zuvor hatte auch US-Notenbankchef Alan Greenspan erklärt, die Wirtschaft sehe sich ernsthaften Problemen gegenüber, wenn die Ausgaben nicht unter Kontrolle gebracht würden. Bei großen Defiziten besteht die Gefahr steigender Zinsen, was private Investitionen hemmen könnte.

Präsident George W. Bush hatte erst im Frühjahr 2003 die zweite Steuersenkung seiner Amtszeit im Umfang von 350 Milliarden Dollar durchgesetzt. Kritiker sehen darin die Wurzel des Problems. Die Republikaner verteidigen die Steuersenkung dagegen. Sie stimuliere die Wirtschaft, indem sie mehr Geld für Investitionen freisetze, was neue Arbeitsplätze schaffe und damit die Steuereinnahmen erhöhe.

Noch kein großes Thema

Wegen der Konjunkturflaute sind die Steuereinnahmen in den vergangenen drei Jahren gefallen. Die Republikaner machen dagegen die von den Demokraten im Kongress durchgesetzten Ausgabenprogramme für das Defizit verantwortlich.

Ökonomen rechnen in diesem Jahr mit einem Wachstum von 2,3 Prozent in den USA. Zwar ist die Wirtschaft aus der Talsohle der Rezession 2001 heraus, doch die Arbeitslosigkeit steigt derzeit noch weiter an. Außerhalb der politischen Szene in der Hauptstadt Washington ist das Haushaltsdefizit in der amerikanischen Öffentlichkeit bislang noch kein großes Thema. Experten gehen davon aus, dass sich dies vor der Präsidentenwahl 2004 ändern dürfte. (mik)