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Eine neue Hürde für den Frieden

Tania Krämer, Jerusalem25. April 2014

Neun Monate haben Israelis und Palästinenser verhandelt. Doch der Erfolg blieb aus. Nun scheint es, als sei auch dieser Anlauf gescheitert. Noch sind aber nicht alle Hoffnungen begraben.

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Israel Palästina Freilassung Häftlinge Symbolbild
Bild: Menahem Kahana/AFP/Getty Images

Aufgeben will US-Außenminister John Kerry die Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern noch nicht. "Es gibt immer einen Weg nach vorne", sagte er vor Reportern in Washington. "Wir werden unsere Hoffnung und Verpflichtung für die Möglichkeit eines Friedens nicht aufgeben." Dabei hat Kerry allen Grund, pessimistisch zu sein. Er sagt selbst, dazu brauche es die Kompromissbereitschaft beider Seiten. Nur war davon in den vergangenen neun Monaten nicht allzu viel zu sehen.

Nächsten Dienstag (29.04.2014) wäre die Frist für die ursprünglich vereinbarte Gesprächsdauer von neun Monaten abgelaufen, in der sich Israel und die Palästinenser zumindest auf den Entwurf eines Friedensabkommens hätten verständigen sollen. Tagelang hatte das amerikanische Verhandlungsteam in Jerusalem versucht, die ohnehin schwer kriselnden Gespräche weiter am Laufen zu halten. Doch am Donnerstag (24.04.2014) setzte die israelische Regierung die Verhandlungen kurzerhand aus. Der Grund: Ein Versöhnungsabkommen zwischen der Fatah und der Hamas, das Vertreter beider Seiten überraschend in Gaza-Stadt verkündet hatten.

Gaza Hamas Fatah Palästinenser Treffen 23.04.2014
Hochrangige Vertreter von Fatah und Hamas kündigten das Versöhnungsabkommen anBild: Reuters

Neue Sanktionen möglich

Dass dieser Schritt die Israelis immens verärgert, dürfte auch den Palästinensern klar gewesen sein. Die Reaktion der israelischen Regierung ließ nicht lange auf sich warten. Am Donnerstag rief Premierminister Benjamin Netanjahu sein Sicherheitskabinett zusammen, das nach einer Marathonsitzung einstimmig entschied, die Verhandlungen mit den Palästinensern bis auf Weiteres auszusetzen. "Die israelische Regierung wird nicht mit einer Palästinenserregierung verhandeln, die von der Hamas unterstützt wird, einer Terrororganisation, die zur Zerstörung Israels aufruft", hieß es in einer Stellungnahme.

Mit der schnellen Einigung zwischen den seit sieben Jahren tief verfeindeten palästinensischen Parteien Fatah und Hamas hatten offenbar auch in Jerusalemer Sicherheitskreisen die wenigsten gerechnet, berichten israelische Medien. Doch die Nachricht kam zu einem Zeitpunkt, an dem die Gespräche ohnehin in einer schweren Krise waren. "Für Netanjahu dient die Annäherung oder das Versöhnungsabkommen zwischen Hamas und Fatah jetzt auch als Entschuldigung, die Gespräche nicht weiterzuführen", schreibt etwa der israelische Journalist Avi Issacharoff vom Onlinedienst "Times of Israel."

Andere Medien spekulieren vor allem über die möglichen Sanktionen gegen die Palästinenser, von denen in der Stellungnahme auch die Rede war. Details wurden zwar noch nicht genannt, aber schon in der Vergangenheit, zuletzt vor zwei Wochen, hatte Israel den Palästinensern mit Wirtschaftssanktionen gedroht. Dabei geht es vor allem um das Einbehalten von Steuer- und Zolleinahmen, die Israel für die Palästinenser erhebt.

Benjamin Netanjahu
Israels Premierminister Netanjahu - ist das Abkommen für ihn eine Ausrede?Bild: picture-alliance/dpa

Anträge bei den Vereinten Nationen

Auf palästinensischer Seite prüfe man nun alle Optionen, sagte ihr Unterhändler Saeb Erekat nach der israelischen Entscheidung. Am Wochenende wollen sich Vertreter der von der Fatah dominierten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) zu Gesprächen in Ramallah treffen. Dabei soll es vor allem darum gehen, wie es jetzt weitergeht. Es könnte sein, dass die Palästinenser weitere Anträge zur Aufnahme bei UN-Organisationen und internationalen Konventionen stellen werden. Bereits Anfang April hatte ihr Präsident Mahmud Abbas 15 internationale Konventionen unterschrieben, nachdem Israel die Freilassung von palästinensischen Gefangenen nicht wie vereinbart durchgeführt hatte.

Nach Ansicht israelischer Experten sind dennoch nicht alle Türen komplett verschlossen. Premierminister Netanjahu sagte in einem Interview mit dem amerikanischen Sender NBC, dass Abbas immer noch die Möglichkeit habe, "den Pakt mit der Hamas aufzugeben". Doch auf palästinensischer Seite sieht man die Versöhnung als eine innere Angelegenheit - und auch als eine Reaktion auf die Verhandlungen, die als nicht "ernsthaft genug" vonseiten Israels empfunden werden. Besonders pikant dabei: Immer wieder hatte der israelische Premier Netanjahu kritisiert, dass der palästinensische Präsident durch die Spaltung der Autonomiegebiete nicht für alle Palästinenser sprechen und demnach auch keinen Frieden durchsetzen könne.

Noch ist aber gar nicht sicher, ob das Versöhnungsabkommen zwischen Fatah und Hamas überhaupt umgesetzt wird. Vieles hängt davon ab, ob sich die Parteien in den nächsten fünf Wochen auf eine Übergangsregierung einigen können, so wie es das Abkommen vorsieht. Sechs Monate später sollen die seit Langem überfälligen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden. Auch viele andere wichtige Fragen, zum Beispiel zur Zukunft der verschiedenen Sicherheitsapparate, sind noch völlig ungeklärt. Beobachter wie auch palästinensische Bürger sind skeptisch, denn eine Garantie gibt es nicht, das es diesmal funktioniert: Seit 2011 hatte man sich bereits zweimal auf eine Versöhnung verständigt, aber in der Praxis scheiterten die Pläne.

Tiefe politische Differenzen

Denn die politischen Differenzen zwischen der Fatah, die im Westjordanland dominiert, und der Hamas, die seit 2007 den Gazastreifen regiert, sind noch immer sehr groß. Die Fatah will eine Zwei-Staaten-Lösung und kooperiert mit Israel in Sicherheitsfragen. Hamas erkennt die Existenz Israel nicht an, hält aber bislang eine, wenn auch brüchige, Waffenruhe mit Israel seit der vergangenen militärischen Auseinandersetzung im November 2012.

Abbas betont, dass die Verhandlungsführung mit Israel nach wie vor bei ihm als PLO-Führer liege, und dass sich die Hamas innerhalb des Versöhnungsabkommens den Bedingungen anpassen müsse. Der palästinensische Präsident kann durch eine Versöhnung und das Versprechen von Wahlen seine angeschlagene Legitimität stärken, doch er muss auch aufpassen, die internationale Gemeinschaft nicht zu verprellen. Die EU hatte zwar erklärt, man begrüße das palästinensische Versöhnungsabkommen als ein wichtiges Element auf dem Weg zu einem eigenen Staat, aber Priorität liege auf den Gesprächen mit Israel. Und auch die Amerikaner könnten ihre finanzielle Unterstützung für die Palästinenser überprüfen, sollte Hamas Teil der Interims-Regierung werden.