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GAIA-Sonde startet

Fabian Schmidt19. Dezember 2013

Die ESA-Raumsonde GAIA soll unser Sternensystem genauer vermessen als je zuvor - in 3D. Gut eine Milliarde Sterne soll sie dokumentieren und könnte dabei auch viele Millionen Sterne neu entdecken.

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Bild einer Raumsonde (Foto: ESA/Medialab).
GAIA blickt 500 Lichtjahre weit ins Weltall hineinBild: ESA/Medialab

Noch nie hat ein erdgestütztes Teleskop, ein Weltraumteleskop oder eine Raumsonde so präzise Arbeit geleistet wie sie der Raumsonde GAIA bevorsteht. Dieses sogenannte Globale Astrometrische Interferometer für die Astrophysik soll fünf Jahre lang in einer Erdentfernung von 1,6 Millionen Kilometern tief ins Weltall hineinblicken und Daten zurück zur Erde liefern.

Der Start am 19. Dezember 2013 verlief planmäßig. Er wurde von der ESA live übertragen. Eine russische Sojus-Fregat-Rakete hob vom ESA Weltraumzentrum in Französisch-Guayana ab und befördert GAIA zum Lagrange-Punkt L2. Das ist ein Punkt tief im Weltall - etwa viermal so weit von der Erde entfernt wie der Mond. Benannt ist der Ort nach dem italienischen Astronomen Joseph-Louis Lagrange, der ihn im 18. Jahrhundert theoretisch errechnet hatte.

Am Lagrange Punkt L2 verhalten sich die Gravitationskräfte von Erde und Sonne so, dass ein Satellit, der auf einer Umlaufbahn um die Sonne kreist, immer in einer festen Position zur Erde steht. Betrachtet man von diesem Ort die Erde, wirkt es also so, als ob völlige Schwerelosigkeit herrsche. Anders ist dies zum Beispiel auf der internationalen Raumstation (ISS), die sich immerzu um die Erde dreht. Der Vorteil: GAIA liegt quasi ruhiger im Raum und das Teleskop muss nicht so oft nachjustiert werden, weil die Umgebung sich nicht so schnell verändert.

Eine Digitalkamera, die mehr kann

Ausgestattet ist die Sonde mit einem klassischen optischen Spiegelteleskop, das an eine Vielzahl von Pixeldetektoren angeschlossen ist - vergleichbar einer riesigen Digitalkamera mit über einer Milliarde Pixel. Das Objektiv ist so gut, dass es noch aus 1000 Kilometern Entfernung ein menschliches Haar wahrnehmen könnte.

Aber die Detektoren der Kamera können viel mehr als die Chips in einem digitalen Fotoapparat. Es gibt drei Detektorentypen und jeder Typ hat verschiedene Aufgaben: 62 Astrometrische Detektoren sollen die Objekte am Sternenhimmel vermessen und ihre genaue Position bestimmen. 14 photometrische Detektoren erkennen die Helligkeit und Wellenlänge des Lichts, das von den Sternen reflektiert wird. Sie können das Farbspektrum der einzelnen Sterne genau aufschlüsseln.

GAIA-Raumsonde mit Logo (Foto: ESA–M. Pedoussaut)
Das Logo zeigt Elemente der GAIA-MissionBild: ESA–M. Pedoussaut

Und das sogenannte Radialgeschwindigkeitsspektrometer vermisst mit zwölf Pixeldetektoren die Linienspektren der Objekte. Das heißt, jeder Spektralbereich des Lichtes, den ein Stern absondert, kann damit einzeln dargestellt werden. Das hilft bei der Identifizierung der dort vorkommenden Elemente. So soll GAIA Hunderttausende von Sternen außerhalb unseres Sonnensystems finden, von denen einige bis zu 500 Lichtjahre entfernt sind. Alle Detektoren werden im Laufe der Mission über eine Million Gigabyte an Daten liefern - das entspricht eintausend handelsüblichen Festplatten.

Dreidimensionales Bild der Milchstraße

Ziel der Mission ist es, die Entstehung der Milchstrasse und unserer Galaxie besser zu verstehen. GAIA soll in der Lage sein, nicht nur die Lage und Bewegung der Sterne und Himmelskörper zu bestimmen, sondern über die chemische Zusammensetzung der einzelnen Objekte eine Art Stammbaum zu erzeugen. Dann könnten die Forscher die Geschichte des Universums fast bis zum Urknall zurückberechnen.

GAIA-Raumsonde (Foto: ESA-CNES-Arianespace).
Bereit zum Start: Gaia und ihre Sojus-Rakete wurden am Startplatz in Südamerika installiertBild: ESA-CNES-Arianespace / Optique Vidéo du CSG - L. Barthet Barateig

Und viele Rätsel des Weltalls könnte GAIA auch lüften: Die Sonde ist in der Lage Krümmungen des Lichtes durch mysteriöse Gravitationsfelder im Weltraum zu berechnen. Zu solchen Unregelmäßigkeiten der Gravitation kommt es zum Beispiel in der Nähe besonders schwerer und großer Objekte - eine Beobachtung, die sich aus Albert Einsteins Relativitätstheorie erklären lässt. Forscher hoffen so, Raum, Zeit und Gravitation besser zu verstehen.

Auf der Suche nach Asteroiden und Kometen

Auch braune Zwerge haben es ihnen angetan. Das sind besonders lichtschwache, sogenannte gescheiterte Sterne, die fast unsichtbar durchs Weltall driften. Auch die Explosion von Sternen am Ende ihres Lebenszyklus fasziniert Wissenschaftler. Etwa zehntausend dieser als Supernova bezeichneten Himmelskörper in fernen Galaxien könnte GAIA aufspüren. Eine Idee: Die Daten von GAIA sollen Astronomen Hinweise geben, wann und wo solche Explosionen von der Erde aus gut zu sehen sind.

Aber nicht nur Astronomen, auch ganz bodenständige Erdbewohner könnten praktisch von den Beobachtungen der Sonde profitieren. So soll GAIA auch nach Asteroiden und Kometen Ausschau halten. Die ESA-Wissenschaftler rechnen damit, dass die Sonde Zehntausende von ihnen findet, die noch unbekannt sind. Einige könnten sicherlich auch einmal der Erde gefährlich werden. Und auch die Positionen der bereits bekannten 200.000 Asteroiden soll GAIA so präzise berechnen wie nie zuvor. Die Daten fließen dann in ein Frühwarnsystem ein.