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Einig nur gegen Nordkoreas Raketen

Martin Fritz (aus Tokio)24. August 2016

Bei ihrem ersten Zusammentreffen seit mehr als einem Jahr bemühten sich die Außenminister von China, Südkorea und Japan, die Streitpunkte zu umschiffen und den Blick nach vorne zu richten. Martin Fritz aus Tokio.

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Außenministertreffen China, Südkorea und Japan (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/K. Kasahara

Mit dem Test einer seegestützten Rakete am frühen Mittwochmorgen hat Nordkorea den Außenministern der Nachbarn China, Südkorea und Japan die Chance gegeben, seltene Einigkeit zu demonstrieren. Nach ihrem ersten Treffen seit März 2015 forderten Japans Fumio Kishida, Chinas Wang Yi und Südkoreas Yun Byung-se die internationale Gemeinschaft in einer gemeinsamen Erklärung dazu, die Sanktionen gegen das Regime in Pjöngjang zu beachten. Nordkorea wurde zur Zurückhaltung aufgefordert, während man die eigene Kooperation im Umgang mit Pjöngjang verstärken werde.

Nordkorea führte am Mittwoch zum weiderholten Mal einen Raketentest durch. (Foto: Reuters)
Nordkorea führte am Mittwoch zum weiderholten Mal einen Raketentest durchBild: Reuters/K. Hong-Ji

Auch Nordkoreas wichtigster Verbündeter fand klare Worte: "China lehnt Nordkoreas Nuklear- und Raketenprogramm ab und ist gegen jedes Verhalten, das Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hervorruft", erklärte Wang. Südkoreas Außenminister Yun verurteilte den Raketenstart als "nicht hinzunehmende Provokation". Japan protestierte auf diplomatischem Weg gegen den Raketenstart, der vermutlich absichtlich unmittelbar vor der ersten Begegnung der drei Außenminister seit einem Jahr erfolgte. Als weiterer Anlass gilt der Beginn von südkoreanisch-amerikanischen Manövern, die Nordkorea als Vorbereitung für eine Invasion ansieht.

Nach dem Abschuss von einem U-Boot war die Rakete etwa 500 Kilometer weit geflogen und innerhalb der Zone der japanischen Luftverteidigung im Meer versunken. Außenminister Yun sprach von "schnellen Fortschritten bei Zuverlässigkeit und Fähigkeiten" von Nordkoreas Raketentechnik. Jedoch erwähnte kein Außenminister das südkoreanische Vorhaben, als Reaktion auf die Raketenrüstung des Nordens das US-Raketenabwehrsystem THAAD bis Ende 2017 gegen den Willen von China im Süden des Landes zu stationieren.

Südkorea will gegen Willen Chinas bis Ende 2017 das US-Raketenabwehrsystem THAAD stationieren. (Foto: Reuters)
Südkorea will gegen Willen Chinas bis Ende 2017 das US-Raketenabwehrsystem THAAD stationierenBild: Reuters/U.S. Department of Defense/Missile Defense Agency

Bemühungen um Entspannung

Ansonsten blieben die Spannungen zwischen den drei Nachbarländern jedoch unübersehbar. Eigentlich hatten sie 2007 verabredet, sich jährlich auf der Ebene der Außenminister zu treffen. Doch nach der japanischen Verstaatlichung von Inseln im Ostchinesischen Meer - in China Diaoyu und in Japan Senkaku genannt - und anti-japanischen Unruhen in China dauerte es mehr als zwei Jahre, bis man sich im März 2015 in Seoul wieder zusammenfand. Die Verhandlungen für die Begegnung in Tokio am Mittwoch zogen sich quälend lange hin. Erst am Montag wurde der Termin bekanntgegeben. Am Dienstag trafen sich die drei Politiker zum Abendessen und am Mittwochmorgen in großer Runde zur Arbeitsbegegnung.

Danach wurde wie erwartet keine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Bei einem Auftritt vor der Presse brachte Japans Außenminister das Problem auf den Punkt: "Japan, China und Südkorea müssen ihre offenen Themen überwinden", verlangte Kishida. Die Begegnung diente vor allem der Vorbereitung eines möglichen Gipfels der Staatschefs Shinzo Abe, Xi Jingping und Park Geun-hye am Rande des G-20-Gipfels Anfang September in südchinesischen Stadt Hangzhou. Die japanische Seite setzte sich inoffiziellen Angaben zufolge für einen separaten Gipfel noch in diesem Jahr ein. Eine solche Begegnung hatte es zuletzt im Mai 2012 in Peking gegeben.

Japan und China streiten um die Senkaku/Diaoyu-Inseln (Foto: DW)
Japan und China streiten um die Senkaku/Diaoyu-InselnBild: DW

Anhaltender Territorialstreit

Das größte Hindernis für die Annäherung im Fernen Osten ist der Territorialstreit zwischen China und Japan. Eine kurze Begegnung zwischen Abe und Xi am Rande des APEC-Gipfels 2014 in Peking hatte die Spannungen nur vorübergehend gelockert. Inzwischen beäugen sich Flugzeuge und Schiffe beider Länder immer häufiger im Umkreis der umstrittenen Inselgruppe. Zugleich kann sich weder Abe noch Xi eine außenpolitische Eskalation leisten: Ersterer versucht die Wirtschaft zu beleben, letzterer will ökonomische Reformen für neues Wachstum verwirklichen. "China und Japan müssen besser über ihre Territorialprobleme kommunizieren", sagte Noriyuki Kawamura, Professor an der Nagoya University for Foreign Studies, dem Finanzdienst Bloomberg.

Der geplante Gipfel der Regierungschefs im September soll das Projekt einer Freihandelszone der drei Länder voranbringen. Zusammen machen China, Südkorea und Japan ein Fünftel der Welt- und mehr als zwei Drittel von Asiens Wirtschaftsleistung aus. Zehn Mal haben sich Beamte der drei Länder bereits zu Vorgesprächen getroffen. "Eine Zusammenarbeit bei Wirtschaft und Handel sollte jedoch auf der Basis von gegenseitigem Vertrauen errichtet werden", betonte Chinas Nachrichtenagentur Xinhua. Die beste Lösung sei die Betonung gemeinsamer Interessen, während Streitfragen beiseitegelegt würden. Nur deshalb sei das Außenministertreffen in Tokio zustande gekommen, so das amtliche Sprachrohr in Peking vor dem Außenministertreffen.

(Archiv) Südkoreas Trostfrauen protestierten vor Japans Botschaft in Seoul 2014 (Foto: picture-alliance/dpa/Yonhap)
(Archiv) Südkoreas Trostfrauen protestierten vor Japans Botschaft in Seoul 2014Bild: picture-alliance/dpa/Yonhap

Bei der Begegnung in Tokio sprachen Kishida und Yun auch über den Streit zwischen Japan und Südkorea um die sogenannten Trostfrauen, die im Zweiten Weltkrieg in japanischen Bordellen zur Prostitution gezwungen wurden. Im Dezember 2015 hatten sich beide Länder auf eine Beilegung der jahrzehntelangen Diskussion verständigt. Eine südkoreanische Stiftung soll von Japan eine Milliarde Yen (umgerechnet 8,8 Millionen Euro) erhalten, die an die wenigen überlebenden südkoreanischen Zwangsprostituierten gehen sollen. Kishida informierte Yun über eine entsprechende Kabinettsentscheidung vom Dienstag. Umstritten bleibt ein improvisiertes Denkmal für die Trostfrauen vor der japanischen Botschaft in der Hauptstadt Seoul. Die südkoreanische Regierung hatte zunächst die Entfernung der Statue zugesagt, aber wurde dafür im eigenen Land heftig kritisiert.