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Einigung auf griechische Übergangsregierung

7. November 2011

Die quälende Hängepartie ist vorbei - nun steht fest: Eine Übergangsregierung soll das hochverschuldete Griechenland aus der Krise führen. Der bisherige Ministerpräsident Papandreou tritt nicht mehr an.

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Giorgos Papandreou (Foto: dpa)
Macht den Weg frei: Premier Giorgos PapandreouBild: picture-alliance/dpa

Erst am späten Sonntagabend kam die Erleuchtung beim entscheidenden Treffen des Staatspräsidenten Karolos Papoulias mit dem sozialistischen Noch-Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou und seinem konservativen Gegenspieler Antonis Samaras: Die beiden Volksparteien einigten sich auf die Bildung einer Einheitsregierung unter Einbindung der Konservativen, die sich der Umsetzung der jüngsten EU-Gipfelbeschlusse für Griechenland widmen soll.

Selbst in diesem Moment nahm Papandreou nicht das Wort "Rücktritt" in den Mund, sondern ließ verlauten, "er möchte die neue Regierung nicht mehr anführen".

v.l.n.r.: Giorgos Papandreou, Karolos Papoulias und Antonis Samaras (Foto: dapd)
Krisentreffen in Athen: Papandreou mit Präsident Papoulias (M.) und Oppositionsführer SamarasBild: dapd

Ein Staatsgeheimnis

Angeblich sind sich Papandreou und Samaras schon einig über den neuen Regierungschef, dessen Name wie ein Staatsgeheimnis gehütet wird. Als aussichtsreicher Kandidat gilt nach übereinstimmenden Medienberichten der hoch angesehene Bankier Lucas Papademos, ehemaliger Vizechef der Europäischen Zentralbank (EZB) und einst ein Mitarbeiter des sozialistischen Reformpolitikers Kostas Simitis, der Griechenland in die Eurozone führte. Regierungsverantwortung könnte auch Simitis selbst oder der in Brüssel hochgeschätzte konservative Politiker und ehemalige EU-Umweltkommissar Stavros Dimas übernehmen, heißt es in Athen.

In der Nacht zum Montag sollten Mitarbeiter von Papandreou und Samaras die Zusammensetzung der neuen Regierung bestimmen. Auch Finanzminister Evangelos Venizelos musste nächtliche Überstunden leisten. In einer kurzfristig anberaumten Besprechung mit Oppositionspolitikern erläuterte er seine Agenda für das wegweisende Treffen der EU-Finanzminister am Montagabend (07.11.2011) in Brüssel. Mit am Tisch saß auch der neue starke Mann des Landes: Chryssanthos Lazaridis, Ökonom und Ex-Journalist, der als "graue Eminenz" der Konservativen gilt, obwohl er keine offizielle Parteifunktion ausübt.

Neuwahlen im Februar?

Wahlurne (Foto: Fotolia)
Kommendes Jahr wird in Griechenland wieder gewähltBild: Fotolia/Gina Sanders

Regierungssprecher Elias Mossialos spricht von einer "historischen Vereinbarung". Neuwahlen sollen erst nach der vollen Umsetzung der Ende Oktober getroffenen EU-Gipfelbeschlüsse stattfinden, wie der Vertrauensmann von Papandreou erklärte. Das war auch ein Seitenhieb in Richtung Samaras, der ursprünglich nur für eine Übergangsregierung stimmen wollte, die wenige Wochen im Amt bleibt und Reformen in Gang bringt, bevor Neuwahlen stattfinden. Bremser gab es bis zuletzt auch auf Seiten der sozialistischen Regierung. So erklärte etwa der "Minister für Bürgerschutz", Christos Papoutsis, noch am Sonntagabend, für Papandreou gebe es gar keinen Grund zurückzutreten, da ihm das griechische Parlament in der Nacht zum Samstag das Vertrauen ausgesprochen habe. Mittlerweile ist in Athen als möglicher Neuwahl-Termin der 19. Februar im Gespräch.

Die für westeuropäische Verhältnisse ohnehin starke Kommunistische Partei Griechenlands sieht sich im Aufwind und spart nicht mit Kritik an der künftigen Koalitionsregierung. Es handle sich um eine gemeinsame Front der EU und griechischer Plutokraten, die mit Feuer und Schwert gegen das Volk kämpfen, erklärte Parteisprecher Panayotis Mendrekas.

Volles Arbeitsprogramm

Griechische 1-Euro-Münze (Foto: dpa)
Nach einer neuen Umfrage möchten 78 Prozent der Griechen den Euro behaltenBild: picture-alliance/dpa

Die neue Regierung hat viel zu tun. Sie muss unverzüglich die EU-Gipfelbeschlüsse durch das griechische Parlament bringen und einen noch nicht feststehenden Haushaltsplan für 2012 verabschieden. Zudem soll sie den Rechtsrahmen für einen freiwilligen Forderungsverzicht der Banken sowie eine Strategie für die Rekapitalisierung gefährdeter Kreditinstitute in Griechenland im Fall eines Schuldenschnitts ausarbeiten.

Papandreou will zunächst den Parteivorsitz der Sozialisten behalten. Das wäre ein Rückschlag für den Machtpolitiker Venizelos, der sich rechtzeitig in Stellung gebracht hatte in der Hoffnung, die Nachfolge des Regierungschefs anzutreten.

Autor: Jannis Papadimitriou, Athen
Redaktion: Christian Walz