Einsatz gegen illegale Elektroschrott-Exporte
2. November 2009Es ist ein illegales Geschäft. Und es floriert. Rund eine Million Tonnen alter Elektrogeräte werden allein in Deutschland pro Jahr ausgemustert. Weniger als ein Drittel davon wird umweltgerecht entsorgt. Laut Thorsten Brunzema, Umwelt-Experte bei der Europäischen Kommission, verliert sich bei einem Großteil des Elektroschrotts jede Spur. Das heißt, ein Teil dieser Geräte dürfte - falsch deklariert - umwelt- und gesundheitsschädigend außerhalb der EU entsorgt werden.
Gefahr durch hochgiftige Chemikalien
Zwar gibt es seit 2003 eine EU-Richtlinie, die den Umgang mit nicht mehr benutzten Elektrogeräten regelt. Bei den illegalen Exporten wird jedoch ein einfacher Trick angewendet: Der Elektroschrott wird als Second Hand Ware ausgegeben. Der Export wird somit legal. Häufig landet der Schrott dann auf Müllhalden an den Küsten Westafrikas.
Ein kleines Einkommen für unzählige Slumbewohner der Küstenstädte: Sie versuchen die Geräte für ein paar Cent auszuschlachten. Die meisten von ihnen wissen nicht, dass sie durch die hochgiftigen Chemikalien in den Produkten ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Kontrollen und Aufklärungskampagnen von staatlicher Seite finden nicht statt. In Europa hingegen werden zur Zeit die Kontrollen an den Außengrenzen verschärft; Zollämter und Polizei sind dort wesentlich aktiver als früher. Laut Thorsten Brunzema fällt zur Zeit "eine Menge Licht auf Elektroschrott-Exporte".
Innovative Lösungen
Neben den verschärften Kontrollen setzt Europa auch auf strengere Gesetze. Das Europäische Parlament berät gerade über einen Vorschlag der EU-Kommission, die veraltete Elektroschrott-Richtlinie zu überarbeiten. Sie soll die Mitgliedsländer dazu verpflichten, weitaus mehr Elektrogeräte zu recyclen. Außerdem soll der illegale Handel dadurch eingeschränkt werden, dass gebrauchte Geräte vor ihrem Export zertifiziert werden müssen. So sollen keine Schrottprodukte mehr in Entwicklungsländern landen.
Auch die Industrie sieht im Elektroschrott-Problem zunehmend einen Image-Schaden. Durch Projekte in Afrika will sie beispielsweise Arbeiter aus dem informellen Sektor darin ausbilden, wie sie Bestandteile alter technischer Geräte wiederverwenden können, ohne ihre Gesundheit zu schädigen. Laut Kirstie McIntyre vom IT-Hersteller Hewlett Packard wird dabei bewusst auf vorhandenem Wissen aufgebaut. Sie verweist auf ein Projekt in Kapstadt. Dort haben Arbeiter eine “Müll-Kunst-Werkstatt” aufgebaut. Sie nehmen alte Computerteile und machen daraus schönen Schmuck.
Politischer Wille fehlt
Für die ghanaische Umweltaktivistin Hannah Asomaning sind das gut gemeinte Aktionen, die aber nur an der Oberfläche des Problems kratzten. Auch mit ordentlicher Ausbildung könne man die zum Teil hochgiftigen Substanzen, die viele Hersteller noch immer verwenden, nicht aus der Welt schaffen. Sie sieht die Verantwortung viel mehr bei der politischen Führung Afrikas. Denn erst durch fehlende oder nicht durchgesetzte Umwelt- und Gesundheitsstandards werde Elektroschrott für den Kontinent zum Problem. Für wirkliche Veränderungen fehle aber in Ländern wie Ghana der politische Wille, so die Aktivistin Asomaning. Die Regierung schiebe die Verantwortung einfach privaten Organisationen zu.
Einen radikalen Lösungsentwurf präsentierte vor kurzem Uganda. Seit Oktober verbietet das ostafrikanische Land jeglichen Import von Gebrauchtcomputern – auch wenn diese noch funktionieren. Ob das der richtige Weg ist im Kampf gegen Elektroschrott, wird sich zeigen. Zu einer dauerhaften Lösung kann es laut der ghanaischen Aktivistin Asomaning aber nur kommen, wenn die die afrikanischen Regierungen Elektroschrott gemeinsam mit dem Westen den Kampf ansagen und ähnliche Richtlinien wie die Europäer durchsetzen.
Bis dieser partnerschaftliche Ansatz Wirklichkeit werden kann, muss jedoch noch einiges passieren - sowohl in Afrika als auch in Europa. Laut Greenpeace sind die illegalen Elektroschrott-Exporte in den letzten Jahren noch weiter gestiegen. Und bis die geplante neue EU-Richtlinie alle bürokratischen Hürden genommen hat, werden nach Experten-Meinung noch mindestens zwei Jahre vergehen.
Autor: Jan-Philipp Scholz
Redaktion: Klaudia Pape